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Benedikt-Menni-Werkstatt fertigt Kicker nach Wunsch


Autor: Pauline Lindner

Gremsdorf, Donnerstag, 31. Januar 2013

Ob mit einer lila Elf oder schneeweiß mit den Silhouetten des Brautpaares - die Behinderteneinrichtung der Barmherzigen Brüder fertigt individuell.
Jeder Spieler ist ein Individuum. Fotos: Pauline Lindner


Detlev Troll, der Leiter der Benedikt-Menni-Werkstatt bei den Barmherzigen Brüdern, muss kaufmännisch denken. Er ist dafür verantwortlich, dass seine 217 Beschäftigten mit Behinderung genügend Arbeit haben. Deshalb sagt er beim Vorbeigehen an den Abteilungen: "Mit unseren Kickern sind wir gut durch die Krise gekommen, während damals die Fremdproduktion eingebrochen ist."

Hauptsächlich für Schaeffler sind derzeit eine ganze Reihe Leute als verlängerte Werkbank tätig, in der Schreinerei arbeiten nur sechs Mann. In solider Handarbeit fertigten sie 2012 125 Kicker nach Kundenwunsch. "Wir haben uns kontinuierlich gesteigert; 2008 bauten wir 84 Stück", berichtet Abteilungsleiter Jörg Barth.

Christian Steger montiert gerade die Stangen in das schon fertige Kickeroberteil. "Die Stangen bekommen wir geliefert, auch die Figuren. Aber die lackieren wir nach, so wie das der Kunde will." Auch lila. Sein Kollege Jürgen Meister holt die bestellte lila Elf aus dem Regal. Sie kommt in einen Kicker, dessen Zählerleiste für die Treffer er gerade mit den Zahlen beklebt. Fein säuberlich rubbelt er sie ab und klebt sie mit Hilfe einer Schablone an den richtigen Platz. Die Trefferzähler gibt es bei jedem Kicker, beim Zweier, dem Standard für vier Spieler, dem Elf-Freunde-Kicker mit je elf Spielstangen an jeder Seite oder beim "LKdW", dem längsten Kicker der Welt, an dem 40 Personen zugleich spielen können.

Ansonsten werden die Kicker nach Kundenwunsch gestaltet. Der häufigste Wunsch ist eine Lackierung in Firmenfarben oder das Logo im Anstoßkreis. Troll weiß von einer Versicherung, die auf Kickern, die sie Schulen schenkte, die Fotos ihrer Vertreter anbringen ließ. Und von Softwarefirmen, die Mitarbeiter suchen, dass sie Hochschulen und ähnlichen Einrichtungen Kicker übergab "quasi mit der Bewerbungsadresse drauf". Für das Lackieren ist Jochen Bachmeier zuständig. Da Wasserlack verwendet wird, braucht er keine Schutzkleidung dazu.

Fünf Kicker hat er auf Bestellung gelb-schwarz lackiert. Eine Firma aus Flensburg will mit ihnen ihre Geschäftspartner in Italien, Frankreich und der Slowakei beschenken. Die Kicker werden direkt ausgeliefert. Dank der neu entwickelten Verpackung sei das Versenden kein Problem mehr, erklärt dazu Troll. Zusammen mit der Palettenfertigung der Werkstatt hat man einen Karton auf einer Palette in Sondermaß entwickelt, in den haargenau ein Kicker passt. Er lässt sich so mit dem Gabelstapler transportieren und auch übereinander stapeln.

Bachmeier lackiert gerade einen Kicker in Rot. Dessen Seitenwände sind bogenförmig ausgespart. "Das ist unser Rollstuhlkicker", erklärt Troll die technische Veränderung. Sitzende können durch die Lücken den Weg des Balls verfolgen. Die drei Kästen unter dem Tisch, durch die nach einem Tor der Ball rollt, sind hier durch zwei schmale an den Seiten ersetzt. So kann der Rollstuhl ein Stück unter den Tisch geschoben werden. Troll ist es ein Anliegen gewesen, als Behinderten-Werkstatt auch Kicker für Menschen mit Handicap herzustellen. Das passt in seine Philosophie: "Wir haben mit dem Kicker viele Türen aufgestoßen; das Spiel ist ja selbsterklärend."

Hochzeits-Kicker
Der Kickerboden besteht aus einem Laminat, das beklebbar ist. Ein Folierer bringt hier die gewünschte Gestaltung an, zum Beispiel auch an den Seitenwänden die jubelnde Masse aus einem Stadion. Mitten in der Werkstatt steht ein Präsentationsständer. Auf ihm haben die Mitarbeiter Bilder ihrer interessantesten Modelle ausgestellt. Der Kirchentags-Kicker ist dabei, der zum 65. Geburtstag von Landrat Eberhard Irlinger (SPD) und der schneeweiße "Hochzeitskicker". Im Anstoßkreis sind die Silhouetten des Brautpaares zu sehen. Die "Spieler" sind die Gäste. "Die wurden von ihnen selbst bemalt und beklebt", erinnert sich Barth. "Wir haben einen Plan bekommen, wer wo stehen soll, damit wir wussten, wie die Verwandtschaft zusammenpasst."

Die Grundteile werden in Serie hergestellt. Erhard Lobewein sägt die Füße der Kicker aus Buchenvollholz. "Das kommt aus dem Steigerwald", verrät er. In kurzen Stücken noch mit Rindenkanten liefert es ein Sägewerk an. Ganz professionell schaltet Lobewein die Säge ein und schiebt die Dielen durch die Maschine. Eine ganz schön laute Arbeit. Nicht umsonst hat ihn Barth vorher daran erinnert, die "Mickey Mouse" aufzusetzen. So heißt im Hausjargon der Gehörschutz. Arbeitssicherheit ist ganz groß geschrieben. "Und wir erinnern öfter als sonst üblich daran", umreißt er seine besondere Aufgabe in der Werkstatt mit behinderten Menschen.

An den Maschinen darf Barth nur Mitarbeiter einsetzen, die keine Probleme mit der Koordination von Bewegungen haben.

Der sechste Mann in der Schreinerei, Sigi Kuntz, schleift derweilen die Oberfläche eines weiteren Kickers glatt. Eine Nachbestellung des Europameister-Modells. Vor Weihnachten hat die Schreinerei einfach nicht alles geschafft, stecken doch in jedem Kicker 80 Mannstunden. 799 Euro muss der Kunde für das einfachste Modell hinblättern. Der Preis ist ihnen nicht zu hoch.

Barth erinnert sich an einen Anruf am Mittwoch vor Weihnachten. Eine Firma brauchte noch schnell einen Kicker. Einer war noch in der Fertigung. Der konnte geliefert werden. Am Donnerstag rief der nächste an. Ihm konnte Troll nur noch den Nussbaum-Edelholzkicker anbieten, der für eine Ausstellung vorgesehen war. "Den will ich", sagte der Kunde nur und stand am Freitagmittag zum Abholen vor der Tür, Bargeld in der Hand.