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Begegnungstag in Hemhofen: Erst der Magen, dann das Herz


Autor: Pauline Lindner

Hemhofen, Montag, 05. Oktober 2015

Im Hemhofener Erstaufnahmelager kamen sich die Asylsuchenden und die Hemhofener Gastgeber schnell näher.
Gemeinsam wurde gekocht und gegessen. Kulturelle Grenzen werden schnell eingerissen.  Fotos: Pauline Lindner


Eine große Pfanne steht im Hof des Erstaufnahmelagers in der Jahnstraße. Eine Gruppe Frauen schnippelt Gemüse und rührt den Bulgur um. Es sind syrische Frauen und Deutsche aus dem Helferkreis, die ihren Beitrag zur Gastfreundschaft leisten. Denn heute ist Begegnungstag.

In Zusammenarbeit mit dem betreuenden ASB und dem Helferkreis hat die Gemeinde eingeladen, sich in der Einrichtung umzusehen und vor allem die Menschen, die dort vorübergehend leben, kennenzulernen. Und nicht zuletzt auch Menschen zu treffen, die schon lange im selben Ort wohnen, die man bislang aber nie getroffen hat.
Da sitzt eine ältere Frau auf einer der Bierbänke. Sie stammt aus Taiwan und lebt 27 Jahre hier. Der kleine Junge, der kühn auf einem Kinderrad herumkurvt, könnte ihr Enkel sein. Irrtum! Er kommt aus Hazara in Afghanistan und mit seinen Eltern nach Deutschland geflohen.

Der Bub ist fasziniert von den starken Motorrädern am Rand des Geländes. Die gehören den Worker Wheels aus Erlangen, einem gewerkschaftsnahen Bikerclub. Sie haben von der Hemhofner Aktion gehört, so erklärt ihr Sprecher Heinz Urban. Sie telefonierten herum und sammelten großes Spielzeug für die Kinder und Schreibmaterial. Die Bobbycars, Räder und Roller finden sofort Liebhaber. 400 Euro aus ihrer Vereinskasse gehen an den Helferkreis. Grenzen überwinden wollen sie.


Glücklich über die Gemeinde

Die Sprachbarriere ist sicher da an diesem Nachmittag, aber da ein Hallo, dort ein freundliches Lächeln - so entsteht Kontakt. Auch Hemhofens Bürgermeister Ludwig Nagel (CSU) ist begeistert von der Solidarität. Die von der ersten Stunde seit der Einrichtungseröffnung herrscht.

Anfang Juli fiel die erste Entscheidung und schon wenige Wochen später wurde die Kapazität auf 180 Personen aufgestockt. Die Hemhofner haben das gemeistert. Als Beweis darf man hier ruhig die vielen Kuchenspenden für den Begegnungstag anführen. "Ich bin froh in Hemhofen zu leben, wo so etwas klappt", betont Alois Meißner, der Sprecher des Helferkreises.

Mehr zu meistern hatte der ASB, der in Erlangen und im Landkreis inzwischen 1950 Menschen betreut. Die härteste Situation schildert ASB-Chef Jürgen Seiermann: "Nachts um 23 Uhr, der Dienst ist fast zu Ende, da steht ein Bus mit 50 Flüchtlingen vor dem Tor. Sie wurden direkt von Passau hergefahren. Bis morgens früh um fünf haben wird dann zu tun gehabt."

Schüchtern schaut das kleine Mädchen mit der ins Haar geflochtenen Hand Fatmas zu dem Golden Retriever, den eine Familie mitgebracht hat. Ein größeres Mädchen hat sich als Katze schminken lassen und spielt mit anderen. Sie verständigen sich gut, auch wenn sie vermutlich keine gemeinsame Sprache haben.


Es bleibt viel zu tun

Der Begegnungstag ist für Landrat Alexander Tritthart (CSU) "eine ganz tolle Idee", zumal viel Verunsicherung herrsche, viel diskutiert wird. Er dankt den Gemeinden und ihren Bürgern, dass sie sein Haus bei der Unterbringung der zugewiesenen Flüchtlinge so unterstützten.

"Derzeit", so erläutert er, "sind in den beiden Erstaufnahmeeinrichtungen 300 Leute; dezentral sind weiter 1000 Menschen untergebracht." Eine neue Erstaufnahme entsteht im ehemaligen Praktiker in Herzogenaurach - für 500 Personen. Dorthin werden auch die in der Baiersdorfer Turnhalle Untergebrachten umziehen, damit wieder uneingeschränkt Schulsport stattfinden kann.