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Autorin im Selbstversuch: Heiße Fahrt im Rallye-Auto


Autor: red

Höchstadt a. d. Aisch, Sonntag, 03. August 2014

Nach langer Vorbereitungsphase fand am Samstag der erste Rallye-Sprint des AC Höchstadt statt. Als Beifahrerin in einem Rallye-Auto konnte unsere Autorin Sabine Besslein diesen Tag aus einer etwas anderen Perspektive erleben.
Als Copilotin raste Sabine Besslein im gelben Golf durch die Weiherlandschaft rund um Höchstadt. Fotos: Picturedreams


Gleich geht es los. Noch 30 Sekunden. Der Motor des gelben Golf III wummert vor sich hin, als wir am Start auf der Verbindungsstraße von Sterpersdorf nach Schwarzenbach stehen. Ich schaue noch einmal auf meinen Aufschrieb. 200 Links drei. Das heißt, in 200 Metern ist eine Linkskurve mit einem Radius der Stufe drei auf der Skala von eins (sehr eng) bis fünf (sehr breit). Danach 80 Rechts vier. Ich bin angespannt. So viele Rallyes bin ich noch nicht mitgefahren.

Noch zehn Sekunden. Gerade beim "Heimrennen" wollen Christian Dausch, der Fahrer des Rallye-Golfs, und ich unsere Sache besonders gut machen. Konzentrieren, die Hitze ignorieren. Die Außentemperatur liegt bei etwa 30 Grad, im Auto hat es etwa 50 Grad.

Schließlich ist das kein ganz gewöhnliches Auto. Sämtliche Dämmmaterialien, Innenverkleidungen, Klimaanlage, Lüftung sind ausgebaut. Leistungsgewicht, Getriebe und Reifen sind die Dinge, die zählen - kein überflüssiger Schnickschnack.

Lange, feuerfeste Unterwäsche, Fahreranzug, Helm und Sturmhaube helfen nicht gerade gegen die Hitze. Aber das muss ich jetzt ausblenden.

Noch fünf Sekunden. Der Starter hebt die Hand vor der Windschutzscheibe und zählt runter. Vier, drei, zwei, eins, Vollgas. 200 Links drei, 80 Rechts vier, 120 über Kuppe voll, 70 Links vier. Wir sind unterwegs. Mit Aufschrieb und Timing hatte ich bei meinen ersten Rallyes noch etwas Probleme. Alles war sehr neu für mich.


100 Prozent Vertrauen
Eigentlich bin ich auch eher durch Zufall zum Rallyefahren gekommen. Für Motorsport habe ich mich schon immer begeistert, das liegt bei uns in der Familie. Mit zwölf Jahren habe ich bei einem Motocrosstraining mitgemacht, in meiner Freizeit fahre ich gerne Motorrad.

Aber Rallyefahren ist für mich noch einmal eine ganz andere Hausnummer. Als Beifahrer muss ich meinem Fahrer zu 100 Prozent vertrauen können, um mich im Auto wohlzufühlen und keine Angst zu haben. Und auch der Fahrer muss sich auf mich verlassen können. Eine falsche Ansage, einmal links und rechts verwechselt, und schlimmstenfalls landen wir im Graben.

Aber nicht nur die Ansagen gehören zum Aufgabengebiet des Beifahrers, auch für die Organisation bin ich zuständig. Deshalb heißt es beim Rallyesport auch oft "Das Hirn sitzt rechts". Die verschiedenen Formulare, Fristen, Normen und Abläufe waren anfangs verwirrend, aber auch in Sachen Planung werde ich von Rallye zu Rallye sicherer.


Es rumpelt gewaltig
100 Eingang Links 2 in Rechts 1 cut lang - also eine sehr enge, lange Rechtskurve, die geschnitten werden kann. Dabei rumpelt es ganz schön, aber Schalensitz und Sechspunktgurt halten mich an Ort und Stelle.
Den Aufschrieb haben wir schon am Vormittag beim Besichtigen der Strecke erstellt. Mit einem normalen Auto sind wir die Wertungsprüfung abgefahren und Christian hat mir seine Gedanken diktiert.



30 Rechts 2. Ab in den Rundkurs, zwischen den Lerchenbergteichen hindurch. Hier muss alles passen, sonst landen wir im Wasser. Beim Rausbeschleunigen aus der Kurve vor Schwarzenbach kommt das Heck des Golfs leicht quer, aber Christian hat alles im Griff. Die Zuschauer am Streckenrand nehme ich kaum wahr. Meine Konzentration gilt der Strecke und dem Aufschrieb. Auch die Hitze spüre ich jetzt nicht mehr. Bergauf durch den Wald geht es mit einer wahnsinns Geschwindigkeit. Daran, was passieren könnte, wenn wir hier von der Strecke abkommen, denke ich besser nicht.

Durch die Sicherheitseinrichtungen im Fahrzeug wird das Risiko gering gehalten. Sicherheitszelle, Schutzkleidung, Feuerlöscher, Head-and-Neck-Support-System, Sicherheitstank und auch die Sitze und Gurte, die so eng geschnallt sind, dass sich nur noch Arme, Beine und Kopf bewegen können, dienen der Sicherheit.


Abflug in den Graben
Bald haben wir es geschafft. Das letzte Stück auf der Staatsstraße zwischen Ailersbach und Boxbrunn ist ein rechtes Geschlängel. Ziel. Durchatmen, Fenster auf, einen Schluck Wasser trinken. Ich lotse uns zurück zum Rallyezentrum auf dem Gelände der Firma Hawel in Höchstadt. Dort haben wir etwa eine halbe Stunde Zeit um uns etwas zu erholen, bevor wir die Wertungsprüfung ein zweites Mal fahren.

Auch im zweiten Durchgang geht zu Beginn alles glatt. Doch dann passiert es: In der scharfen Rechtskurve am Lappacher Ortsausgang kommt der Golf auf dem Schotter, der mittlerweile auf der Strecke verteilt wurde, ins Rutschen. Christian kann das Auto nicht mehr abfangen und wir rutschen geradeaus in den Graben.

Auch das Ortsschild musste daran glauben. Den Einschlag spüre ich kaum, doch nun hängen wir schief im Graben. Aus eigener Kraft ist kein Weiterfahren möglich. Aber sofort kommen zahlreiche Zuschauer herangeeilt und schieben uns aus dem Graben zurück auf die Strecke. Weiter geht es.