Asylbewerber können nach Weingartsgreuth kommen
Autor: Andreas Dorsch
Weingartsgreuth, Montag, 08. Juli 2013
Die evangelische Kirchengemeinde will im Wachenrother Ortsteil Weingartsgreuth für eine Flüchtlingsfamilie eine Wohnung zur Verfügung stellen.
Der für die Kirche in Mühlhausen und die Schlosskirche Weingartsgreuth zuständige evangelische Pfarrer Torsten Bader ist offen und ehrlich. Der Geistliche räumt ein, dass er in seinem Gemeindehaus in Weingartsgreuth eine Wohnung leer stehen hat, aus der seine Kirchengemeinde eigentlich Kapital schlagen müsste. Weil die Wohnung am freien Wohnungsmarkt nach seiner Ansicht aber nicht zu vermieten ist, soll zum 1. August eine Asylbewerber-Familie dort einziehen.
Die rund 120 Quadratmeter große Wohnung im ersten Stock des 1760 errichteten Gemeindehauses ist technisch noch auf dem Stand der 70er Jahre. Dies sei aber weniger der Grund, warum es schwierig wäre, deutsche Mieter zu finden, meint Bader.
Zum Problem könnte eher der Posaunenchor werden, der auch künftig regelmäßig im Erdgeschoss des Hauses proben wird, und die nahen Kirchenglocken.
Nur fünf bis sieben Personen
Der Kirchenvorstand der Weingartsgreuther Schlosskirche hat sich Nutzungsmöglichkeiten für die Wohnung überlegt und letztendlich beschlossen, sie an den Landkreis zu vermieten. Der kann darin eine Asylbewerber-Familie unterbringen. "Wir stellen uns fünf bis sieben Personen, vielleicht auch mit Großeltern, vor", sagt Pfarrer Bader, und lädt alle interessierten Bürger am Mittwoch, 10. Juli, ab 18.30 Uhr auf den Horbacher Keller ein, um sich den Fragen der Bevölkerung zu stellen.
"Wir wünschen uns eine Familie, die sozialkompatibel zu Weingartsgreuth ist", sagt der Geistliche und betont, dass es dem Kirchenvorstand nicht darum gehe, maximalen Gewinn aus der Wohnung herauszuholen. Aber immerhin müsse die Kirche das Gemeindehaus mit 240 Quadratmetern Wohnfläche unterhalten, ohne Zuschüsse zu bekommen. Bader: "Da müssen wir mit der Immobilie Geld verdienen."
Waltraud Gehring, die Vertrauensfrau im Kirchenvorstand, steht voll hinter den Plänen: "Es ist schon prickelnd, was da auf uns zukommt." Die Beherbergung von Asylbewerbern ist für die Kirchengemeinde Neuland.
Im Landratsamt Erlangen-Höchstadt ist Anne-Marie Müller, die für das Soziale zuständige Abteilungsleiterin, froh, dass es solche Einzelfälle wie den in Weingartsgreuth gibt. Ansonsten bekomme das Amt auf seine Appelle, Räume zur Verfügung zu stellen, "kaum positive Rückmeldungen".
Mit der steigenden Flut von Asylbewerbern halten die Unterbringungsmöglichkeiten nicht Schritt. Im Kreis rechnen die Verantwortlichen mit zehn neuen Bewerbern pro Woche, die untergebracht werden müssen. Notfalls mietet das Landratsamt auch Hotelzimmer an, wie beispielsweise in Heßdorf. Dort leben bereits 32 Asylbewerber im Gasthof Zur Linde, jetzt sollen weitere 12 im Hotel Post einquartiert werden. Nächster Schritt wäre für den Landkreis die Aufstellung mobiler Wohncontainer. Da kommen Angebote wie das aus Weingartsgreuth gerade recht.
530 Euro und mehr
Dort kann die Kirchengemeinde im Monat mit 530 Euro Mieteinnahmen für die Unterbringung von vier Personen rechnen. Für jeden weiteren Flüchtling gibt es noch einmal 70 Euro. Abteilungsleiterin Müller ist zuversichtlich, den Weingartsgreuthern die gewünschte Flüchtlingsfamilie zuweisen zu können. "Wenn sie da ist, sollen die Flüchtlinge die Zeit auch menschenwürdig verbringen", hat sich Waltraud Gehring vom Kirchenvorstand zum Ziel gesetzt. Bei den Ortsbewohnern lösen die Pläne schon "gemischte Gefühle" aus, sagt Gehring, aber die Menschen seien relativ offen.
In der öffentlichen Kirchenvorstandssitzung am Mittwoch soll der Mietvertrag mit dem Landkreis endgültig abgesegnet werden, verrät Pfarrer Bader. Dann können Asylbewerber ab August die drei Räume, eine Wohnküche, Bad und WC beziehen.