An Karfreitag gab's Brot für Arme
Autor: Manfred Welker
Herzogenaurach, Mittwoch, 16. April 2014
In Herzogenaurach wurden 171 Jahre lang auf dem Kirchplatz Spenden verteilt, die aus Stiftungen stammten.
In Herzogenaurach war es in den Jahren von 1561 bis 1732 Brauch, dass am Karfreitag eine Spende an Bedürftige verteilt wurde. Heimatforscher Luitpold Maier ist bereits vor vielen Jahren diesem Brauch nachgegangen.
Die Gründung einer Stiftung war bereits bei unseren Vorfahren eine fromme Sitte. Sie trafen bei Abschluss ihres letzen Willens in ihrem Testament die Verfügung, nach ihrem seligen Ende durch Stiftung von zeitlichen sowie ewigen Jahrtagen für ihr Seelenheil zu sorgen und solche vor allem dem Gebet der Armen zu empfehlen.
Bereits im Mittelalter war es Gepflogenheit, mit der Stiftung des Jahrtags eine Beigabe zu verbinden, die so genannte Spende. Zweck und Bestimmung war es, dass den Armen und nach Entstehung der Siech-, Seel- und Spitalhäuser jedem Siechen und Bewohner des Spitals, außerdem jedem Schüler, der den Gottesdienst besucht, sowie den Geistlichen, dem Schulmeister und dem Kirchner anfangs teilweise Wein, dann vor allem
Das Bettelwesen nahm überhand
Die gestifteten Messen vermehrten sich von Jahr zu Jahr und damit auch die Zahl der Empfänger der Spende, da ja alles verschenkt wurde. Das Entstehen von Missständen war unausbleiblich, und man sah im Laufe der Zeit auch ein, dass diese häufige Austeilung zu großer Unordnung führen musste und eine Förderung des Bettelwesens zur Folge hatte. Es wurde deshalb 1561 angeordnet, die Spende der bestehenden insgesamt 23 Jahrtage nur einmal im Jahr zu geben und zwar am Karfreitag.
Karfreitag war für Herzogenaurach ein bedeutender Tag. Seine große Bedeutung erhielt er durch die große Karfreitagsprozession. Diese wurde erstmals im Jahr 1663 unter dem bekannten Pfarrer Johann Georg Ruppert in der Kirchenrechnung erwähnt. Maier könnte sich aber vorstellen, dass die Prozession bereits 1561, bei Inkrafttreten der Karfreitagsspende, bestanden hat.
Jedenfalls wurde durch diese Prozession, die eine Anzahl Gläubiger sowie neugierige Leute von nah und fern anlockte, auch der Zulauf an fremdem Bettelvolk, welches an der Spende regen Anteil nahm, immer stärker, was ein Nachteil für die einheimischen Armen war.
Im Jahr 1680 wurden 528 Kreuzerweck, 1688 dagegen 759 und 1730 an die 1300 Stück gebacken. Das Mehl wurde manchmal auch geschenkt. So 1713 von Amtmännin Biegner wegen "ihres abgelebten Herrn und seiner Mutter beiden selig Begräbnis." Johann Caspar Biegner war von 1709 bis 1713 Amtmann in Herzogenaurach.
Hatte es eine Missernte gegeben oder war Brot nicht erhältlich, so wurde bare Münze verabreicht. Dies war in den Jahren 1692, 1700, 1706 und 1713 der Fall. Im Jahre 1727 erhielten 550 Personen je einen Kreuzer. Die Kosten für die Kreuzerwecken beliefen sich auf etwa 50 Gulden, obwohl oft der eine oder der andere Bäckermeister für das Backen nichts rechnete.
Der Zuzug fremder Bettler und sonstige Missstände wurden dem Würzburger Bischof Friedrich Karl von Schönborn vorgetragen. Er bestimmte deshalb im Jahr 1732 unter dem 14. November, die Spende wieder nach dem Jahrtag auszuzahlen und den Erfolg zu berichten.
Dieser alte, am Karfreitag geübte Brauch, der in Herzogenaurach 171 Jahre bestanden hatte, ist inzwischen längst verschwunden. Selbst die Herzogenauracher Karfreitagsprozession wurde ein Opfer der kriegerischen Umwälzungen gegen Ende des 18. Jahrhunderts.