Druckartikel: An der Greiendorfer Mühle lernen Fische das Treppensteigen

An der Greiendorfer Mühle lernen Fische das Treppensteigen


Autor: Christian Bauriedel

Greiendorf, Montag, 18. März 2013

Westlich von Höchstadt , an der Greiendorfer Mühle, lernen die Aisch-Fische am Fischpass von Georg Ortegel das Treppensteigen. Vor allem der Aal soll durch diese Maßnahme den Weg in die Laichgründe finden.
Damit die Fische nicht in die Turbine geraten, hat die Greiendorfer Mühle seit 2006 eine Fischtreppe. Fotos: Christian Bauriedel


"Es klappert die Mühle am rauschenden Bach. Klipp, klapp." So romantisch wie es im Volkslied "Die Mühle" zugeht, können Tierschützer heutzutage die Arbeit der Müller nicht mehr umschreiben: "Flink laufen die Räder und mahlen den Weizen zu Mehl uns so fein. Klipp klapp." Um Mehl zum Brotbacken geht es zwar an den Wasserrädern lange nicht mehr, aber Lebensnotwendiges produzieren sie noch immer: Strom. Und das tun sie im Zeitgeist der Stunde: nachhaltig und klimaneutral, verbrauchernah und dezentral.

Die Kritik von Seiten des Fischereiverbands lautet allerdings: Beim Umschaufeln des Wassers durch die Turbine geraten die Fische zusehends zwischen die Räder. Im Speziellen soll es den Aal betreffen, der einen unversperrten Weg braucht, um zum Laichen in die ferne Saragossasee, nahe der Bahamas, zu gelangen.



Zerhackte Kadaver: Fehlanzeige

Im Internet und in Fernsehberichten ist oft von einem regelrechten Blutbad mit massenhaft zerhäckselten Fischen die Rede. Eimer voll mit verendeten Tieren sind zu sehen. "Gerät ein Fisch in die Turbinen, ist die Überlebenschance sehr gering. Nur rund zehn Prozent überleben es", sagt Fritz Loscher-Frühwald, Präsident des Fischereiverbands Mittelfranken.

Auch an der Aisch wird Strom gewonnen. Einer der Wassermüller ist Georg Ortegel, der die Greiendorfer Mühle betreibt. Der 75-Jährige ist in der Mühle aufgewachsen. Seit über hundert Jahren wird hier Strom produziert. Früher ausschließlich für die Greiendorfer, heute mit Einspeisung in das Netz. Bei der Frage nach zerhäckselten Fischen winkt der 75-Jährige gleich ab: "Bei uns gibt es dieses Problem gar nicht." Ein paar wenige Aale sehe man im Jahr, die Druckstellen von den Schaufelrädern haben. Aber massenhaftes Fischsterben, gar zerhackte Kadaver, habe es noch nie gegeben. Alle verendeten Fische, die er sehe, seien angeschwemmte tote und kranke Tiere vor dem Schutzrechen.

Wie breit muss der Rechen sein?

"Technisch ist das Durchkommen für die Fische gar nicht möglich", sagt Ortegel. Er steht auf dem Steg seiner Staustufe und deutet ins Wasser. Dort ragt ein rotbraunes Gitter aus dem Wasser. Der rund fünf Meter breite Rechen, durch den das Aischwasser 1,60 Meter hinunterrauscht, hindere die Fische am Weiterkommen. Der Abstand zwischen den Streben beträgt zwei Zentimeter. Eine Breite, die für Fritz Loscher-Frühwald vom Fischereiverband gerade noch erträglich ist: "Es gibt alte Kraftwerke, deren Rechen bis zu fünf Zentimeter Durchlässigkeit haben." Etliche Fische gerieten hier hindurch. Besonders problematisch sei es für den Aal und jüngere Fische: Nur eine Rechenbreite von maximal 1,5 Zentimetern verhindere hier das Durchschlüpfen, sagt Loscher-Frühwald .

Fischtreppe sorgt für Tierschutz

Nach Schätzung der Fachberatung für Fischerei des Bezirks Mittelfranken reichen die rund 20 Kraftwerke an der Aisch aus, damit kein einziger Aal auf seiner Reise ans Ziel kommt - trotz detaillierter EU-Aalschutz-Verordnung. Als Schutzmaßnahme hat Ortegel für sein Wasserkraftwerk zwischen Sterpersdorf und Höchstadt im Jahr 2006 eine Fischtreppe gebaut. Über 16 Stufen fließt seitdem ein Bach als Umgehung für die Fische.

Inklusive Planung und Expertengutachten hat Ortegel mehr als 20 000 Euro in den Bau des naturnahen Fischpasses investiert. Seitdem bekommt er dafür das Doppelte an Einspeisevergütung: Ohne Fischtreppe waren es zwei Cent pro Kilowattstunde, jetzt sind es vier. Die Greiendorfer Mühle ist an der Aisch eine der wenigen, die eine solche Umleitung hat. Ortegel ist damit als Wasserkrafbetreiber vorbildlich ausgestattet.

Doch bringt diese Maßnahme etwas? "Am Main, wo die großen Stromanbieter ihre Wasserkraftanlagen betreiben, sind die Fischpässe am nötigsten", sagt der Greiendorfer. Dort könne er sich die Massen an toten Fischen auch vorstellen. Ortegel ist sich sicher, dass mit dem Rechen und der Fischtreppe nun der bestmögliche Schutz für seine Anlage gewährleistet ist. Für die Fachberatung Fischerei, die auch die Gutachten für die Fischtreppen erstellt, kommt es maßgeblich darauf an, welcher Turbinentyp eingesetzt ist und wieviel Wasser des Flusses von der Anlage genutzt wird, um zu beurteilen, ob der Aal in Gefahr ist. Was die konkreten Zahlen an ausgebremsten Aalen und verendeten Tieren insgesamt an der Aisch angeht, fischt man bei der Beratungsstelle allerdings im Trüben. Es gebe keine finanziellen Mittel für die aufwendigen Probefischungen.

Klaus Müller, Vorsitzender des Fischereivereins Höchstadt, kennt die Diskussion um Fischtreppen und Aalwanderungen ebenfalls: "Die Querbauwerke der Kraftwerke versperren den Aalen den Weg." Nach seiner Einschätzung sind die Fischtreppen eine sinnvolle Maßnahme. Allerdings geht auch er davon aus, dass nur ein Rechenabstand von höchstens einem bis 1,5 Zentimeter die Aale schützt.

Würde also eine Nachrüstung aller Kraftwerke mit engeren Rechen helfen? Laut Fischerei-Fachberatung wäre dies eine Investition, die die dezentrale Wasserkraft unrentabel machen könnte. Was zu tun ist, dass die Aale weiter zur Paarung schwimmen können und die Mühlen gleichzeitig weiter klappern, liegt wohl in den Händen der Politik.