Druckartikel: Alena Buchhold richtet ältere Sitzmöbel wieder her

Alena Buchhold richtet ältere Sitzmöbel wieder her


Autor: Pauline Lindner

Höchstadt a. d. Aisch, Donnerstag, 04. Juli 2013

Wegwerfen muss nicht sein: Viele lassen ihre älteren Sitzmöbel wieder herrichten. Alena Buchhold ist eine der wenigen, die eine Polsterei führen.
Alena Buchhold Foto: Pauline Lindner


Dicht gedrängt stehen verschieden Stühle und Sessel in einer Ecke der Polsterei Lindner. Sie warten alle auf die geschickten Hände von Alena Buchhold, der Tochter des Gründers Walter Lindner. Bei dem einen ist die Sitzfläche schadhaft, der andere soll einen neuen Bezug bekommen. So manches Stück muss auch von Grund auf aufgemöbelt werden - im wahrsten Sinne des Wortes.

Aus alt mach modern

Die Armlehnen des Chippendale-Sessel sind stark abgenutzt. Ein Erbstück. Mit einem modernen Stoffdesign soll es das Schmuckstück einer jungen Wohnung werden. "8000 Stoffe von sieben Firmen können wir unserem Kunden anbieten", sagt die junge Polsterin, die einen wichtigen Teil des Raumausstatterhandwerks ausübt.Selbst aus Rosshaar gewebte Stoffe oder echte Jacquard-Muster sind darunter , für historische Möbel. Leder hat Buchhold auch noch zur Auswahl.

Das ist kein e Modeerscheinung unserer Tage, leitet sich der andernorts gebräuchliche Namen ihres Handwerks - Sattler - eindeutig davon ab.

Gestreift oder streng geometrisch kann ich hier nicht empfehlen, sagt sie und hält mal eine Stoff-Kollektion in Rot, mal eine in Blautönen an den Sessel. "Die Heftung muss erhalten bleiben", erklärt sie zum Möbelstil. Heftung, das sind die tief ins Polster genähten Knöpfen, die dem Rücken das typische Muster verleihen.

Vorsichtig öffnet sie mit einem Federmesser den Sitzbezug. Der Unterbau scheint noch gut erhalten zu sein. Hier wird sie kaum etwas auswechseln oder richten müssen. Ganz anders bei dem Biedermeier-Stuhl. Auf ihn sollt e sich niemand mehr setzten. Hier ist eine Generalsanierung der gepolsterten Sitzfläche nötig.

Neun "Schichten" sind das. "Und es beginnt von unten", sagt Buchhold und stellt den Stuhl mit den Beinen nach oben auf absenkbaren Arbeitstisch .Es beginnt mit der Gurtung. Breite Jutebänder werden mit Nägeln am Rahmen befestigt und mit einer Art Paketschnur verschnürt. Dann werden die Spiralfedern aufgenäht und auch wieder verschnürt. Zum Schutz der Benutzer kommt ein Lage Federleinwand - man kennt sie auch als Rupfen - darauf, ehe das Palmfaserpolster aufgearbeitet wird. Eine Schicht Fassonleinwand deckt es ab. Mit ihr entstehen die Kanten des Polsters.

Die siebte Schicht ist endlich das weiche Rosshaarpolster. Es wird mit einem Nesselbezug abgedeckt. Erst dann kommt der Möbelstoff. Er wird aufgenagelt. Entweder mit auffallenden Ziernägeln oder die gewöhnlichen breitköpfigen Nägel werden mit einer Borte verdeckt.

Jede Kante muss genäht werden

So eine Sitzfläche war auch die Aufgabe bei der Gesellenprüfung. Wichtigstes Werkzeug dürfte trotz allem die Nähmaschine sein. Denn jede Stoffkante muss genäht werden.

Wenn zum Beispiel das Sofa auf dem zweiten Arbeitstisch einen neuen Bezug erhält. Sorgfältig trennt Buchhold den alten auseinander. Damit hat sie gleich die Zuschneideschablone. Haargenau auf Kante legt sie sie auf den neuen Bezugsstoff und schneidet die Form nach. Jede Kante wird mit der Overlock-Maschine versäubert und dann zusammengenäht.

Man hört kaum Maschinengeräusche, denn fast alle Geräte arbeiten mit Druckluft. Auch die Spezial-Fräse, mit der Walter Lindner "maßgeschneiderte" Motorradsitzbänke herstellt. "Das wird ein Harley-Sattel", sagt er. 35 000 Euro soll die Maschine kosten - da sollte die Sitzbank doch haargenau zum Fahrer passen. Lindner hat die Grundform aus einem weichen Kunststoff grob geformt und passt sie vorsichtig an. Darüber kommt dann das ausgewählte Leder. Gelbe Keder - so heißen die runden Abschlussbänder an den Nähten - sollen der Harley den letzten Pfiff geben. Und damit wären wir wieder bei den Ursprüngen dieses Berufes, bei der Reitunterlage.