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Ärzte aus Erlangen-Höchstadt bekommen Schulnoten im Internet


Autor: Sabine Memmel

Höchstadt a. d. Aisch, Mittwoch, 12. März 2014

Auf zahlreichen Internetportalen geben Patienten zunehmend ihre Meinung zu Ärzten ab. Die kann gut oder schlecht ausfallen. Auch Mediziner im Landkreis haben bereits Bewertungen bekommen. Die Meinungen darüber gehen auseinander. Nicht alle sind von den Portalen begeistert.
Grafik: Carolin Höfler


"Sehr positiver Umgang mit den Patienten", "Echt klasse", "Man fühlt sich in der Praxis gut aufgehoben", "Kompetenter Arzt der alten Schule", "Völlig unmöglich" oder "Nicht zu empfehlen" - das ist nur eine kleine Auswahl von Bewertungen, die Patienten im Internet über Ärzte im Landkreis Erlangen-Höchstadt abgegeben haben. Lob und Tadel liegen dabei dicht beieinander. Die einen loben über den grünen Klee, die anderen stellen an den Pranger. Was tatsächlich stimmt, und was nicht? Das bleibt eigene Erwägungssache.

Bürger können seit 2007 auf verschiedenen Internetportalen ihre Zufriedenheit - oder eben ihren Ärger - über Ärzte loswerden. Dabei können sie - genauso wie bei Hotels oder Restaurants - mithilfe von Schulnoten oder Sternen so gut wie alles bewerten: Behandlung, Aufklärung, Vertrauensverhältnis, genommene Zeit, Freundlichkeit.

Außerdem Wartezeit, Parkmöglichkeiten oder Praxisausstattung. Heraus kommt dann eine Gesamtbewertung. Und nicht zu vergessen ein kleiner Bewertungstext - wer möchte.

Lob und Kritik sind wichtig

"Ich finde es gut, dass es solche Portale gibt. Man sollte sich aber nicht nur darauf verlassen", sagt Albert Prickarz, neuer Manager des Kreiskrankenhauses St. Anna in Höchstadt. Subjektive Meinungen seien wichtig. "Aber wirklich die medizinische Fachkompetenz beurteilen zu können, halte ich für schwierig. Das ist zu komplex", findet Prickarz. Lob und Kritik sollte es zwar auch online geben, "mir ist aber jeder Patient lieber, der direkt zu uns kommt". Bewertungen über einen Grill bei Amazon seien schließlich etwas anderes und nicht zu vergleichen mit dem persönlichen Gespräch zwischen Arzt und Patient. "Man sollte nicht nur auf subjektive Bewertungen im Internet Acht geben, sondern den Arzt persönlich kennenlernen. Das kann man nicht ersetzen", findet Prickarz. Ob Ärzte im Internet Einträge verfälschen könnten? "Das wird mit Sicherheit verhindert. Man kann ja die IP-Adresse verfolgen", sagt er.

Krankheitsbild angeben

Im Kreiskrankenhaus können Patienten anonym in einem Fragebogen ankreuzen, ob sie mit der Behandlung zufrieden waren. Die Angaben sind vertraulich. Im Gegensatz zu den Bewertungsportalen. Hier ist alles öffentlich, wenn auch anonym. Häufig müssen aber der Grund des Arztbesuchs, Versichertenstatus, Alter und Geschlecht angegeben werden.

Die Foren sind im Internet leicht zu finden. In der Trefferliste von Suchmaschinen erscheinen sie meist ganz oben. Die Portale heißen "docinsider", "jameda" oder "esando" - inzwischen gibt es über zehn größere und knapp 30 kleinere solcher Portale. Ärzte im Landkreis haben durchschnittlich nicht mehr als zehn Bewertungen. Meistens sind es weniger. Viele haben aber auch gar keine.

Und genau dieser Mangel an Bewertungen lässt Frauenarzt Gabor Ronay aus Höchstadt die Portale auch äußerst kritisch sehen. "Das ist alles totaler Quatsch", zweifelt er massiv an der Aussagekraft dieser Internetseiten. Gerade auf dem Land gebe es - im Gegensatz zu Großstädten - häufig nur wenige Bewertungen. "Wenn dann jemand aus Bosheit oder weil er verärgert ist eine schlechte Bewertung abgibt, ist die Durchschnittsnote gleich schlecht", sagt Ronay. Er findet, dass diese erst bei mindestens hundert Bewertungen angezeigt werden dürfte.
"Wir sind alle Dienstleister, es können nicht alle zufrieden sein", meint er. Die Bewertungen zu seiner Person hat er sich schon einmal angeschaut - macht sich darüber aber keine Gedanken. Er hält die Portale für eine Randerscheinung: "Auch auf unserer eigenen Webseite haben wir verhältnismäßig wenig Zugriffe. Mundpropaganda ist viel wichtiger."

Ärzte können sich nicht wehren

Damit er sich dennoch ein Bild von der Zufriedenheit seiner Patienten machen kann, legt er zweimal im Jahr einen Fragebogen aus, der anonym ausgefüllt werden kann. Auch Frank Missel, Allgemeinmediziner aus Höchstadt, möchte mit seinem Kollegen Roland Maeumbaed eine Fragebogen einführen: "Der Entwurf ist schon fertig." Bewertungsportale im Internet hält er alles andere als für sinnvoll: "Man kann da jemanden so fertig machen, und man kann sich nicht dagegen wehren." Er selbst hat noch nie eine dieser Seiten besucht. Es ist vor allem die Anonymität der Bewerter, die er nicht in Ordnung findet. "Wenn einen etwas stört, kann er mir das auch persönlich sagen", findet Missel. Immerhin sei niemand fehlerfrei, für vieles gebe es eine Erklärung.

Auch die AOK scheint zu reagieren. Die gesetzliche Krankenkasse hat ihr eigenes Portal freigeschaltet, den AOK-Arztnavigator. Er soll für alle Patienten eine "verlässliche Orientierungshilfe" sein, sagt Birgit Kamler, AOK-Pressesprecherin in Nürnberg. "Veröffentlicht werden die Beurteilungen der Versicherten zu einem Arzt erst, wenn mindestens fünf vorliegen", erklärt Kamler.