Adidas ist führend in der Ball-Produktion
Autor: Sarah Seewald
Herzogenaurach, Dienstag, 08. Juli 2014
Seit der Weltmeisterschaft 1970 entwirft und produziert Adidas führend das Spielgerät für die großen Fußball-Turniere, hinter dem 90 Minuten elf Mann her rennen.
Wer hier arbeitet, kommt am Sport nicht vorbei. In der Adi-Dassler-Straße in Herzogenaurach ist das gleichnamige Unternehmen zu Hause. Durch die Glastüre hindurch betritt man Adidas-City: Die Welt der Sneaker, T-Shirts und der drei Streifen.
Im 2008 eröffneten Gebäudekomplex "Laces", das in seiner Architektur an einen Schnürsenkel erinnern soll, arbeiten Erhan Polat und Oliver Dittmann. In der "Accessories"-Abteilung. Die beiden überprüfen Fußbälle auf Größe, Rundheit, Gewicht. Beim Besuch im Balllabor wird klar, dass es einiges zu beachten gibt, bis der "Brazuca", wie wir ihn als offiziellen Spielball in diesen Tagen aus dem Fernsehen kennen, in den Fußballstadien dieser Welt hin und her gekickt wird. Es ist der meist getestete Adidas-Ball in der Geschichte.
Schwarz-weiß war gestern
Das umjubelte runde Leder ist lange nicht mehr das, was einst die Engländer zusammengeflickt haben. Der Brazuca ist weder aus Leder, noch genäht - er ist der Star dieser Weltmeisterschaft mit eigenem Twitter-Profil - gesucht, geliebt, geküsst - und: "Seine Schichten sind rein synthetisch und zusammengeklebt", sagt Dittmann.
Unter seinem Schreibtisch zieht er einen Karton hervor. Ein Ball nach dem anderen reiht sich in den Zeitstrahl der Fußballgeschichte ein. Bis zur Weltmeisterschaft 1998 waren Fußbälle schwarz-weiß, bis 2002 setzte sich die Fünfeck-Optik durch. Vom 32-Flicken-Schwarz-Weiß bis hin zum künstlerischen Brazuca. Von den 32-Panels sind sechs Segmente übrig geblieben.
Um das offizielle Prüfsiegel zu bekommen, wird dem Brazuca im kühlen Balllabor heftig zugesetzt: Nächte im Kühlschrank, Stunden in der Schmirgelpapier-Waschmaschine, mit über 100-Stunden-Kilometer gegen eine Stollenwand geschleudert... So viel Theater um einen Ball: "Es klingt vielleicht ein bisschen überzogen, aber die Arbeit lohnt sich", sagt Polat. "Die Fußballer kalkulieren ihren Schuss mit dem perfekten Ball." Zum Beispiel wenn der Spieler einen Ball annehmen will, muss er wissen, wie hoch der Ball zurückspringt, nachdem er auf dem Rasen aufkommt - im Schnitt 1,50 Meter.
Frauen schauen dem Ball nach
In der Ballentwicklung tut sich nicht nur technisch, sondern auch optisch einiges: "Bisher hat meine Frau nur auf die Schuhe und die Shorts der Fußballer geachtet. In diesem Jahr schauen selbst die Frauen dem Ball nach", sagt Polat.
Er ist für Adidas nicht nur im Qualitätsmanagement tätig, sondern - wie Dittmann auch - selbst aktiver Fußballer. "Ich weiß nicht, was diesen Ball noch toppen soll." Das spiegelt auch der Umsatz wider: Über 14 Millionen Bälle will die Sportartikelfirma verkaufen, das wäre rund eine Million mehr als bei der vergangenen WM. Natürlich sind damit nicht nur die rund 130 Euro teuren Matchbälle gemeint, sondern alle Produkte aus der großen Brazuca-Familie.
Diese umfasst rund 30 Mitglieder verschiedenster Preise und Größen. Den nächsten EM-Ball - und anderen technischen Schnickschnack - jagen Polat und Dittmann schon wieder durch sämtliche Tests: "Vier Jahre vorher beginnen wir rumzudoktoren." Kein Wunder, dass für Dittman "jeder Ball Zeitgeschichte" ist - für die Entwickler, Sportler und für alle Fans.