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Adelsdorf: Bei der Arbeit mit jungen Flüchtlingen kommt immer was zurück


Autor: Larissa Händel

Adelsdorf, Mittwoch, 23. Mai 2018

Engagierte Bürger kümmern sich im Arbeitskreis "Adelsdorf hilft" um Jugendliche, die ihre Heimat verloren haben.
20.45 Uhr, heißt das viertel vor neun oder dreiviertel neun? Die deutschen Uhrzeiten sind eine Sache für sich. Doch dank der Hilfe von Ulrike Opfermann-Schmidt geht es für Ali Gholami gleich leichter. Foto: Larissa Händel


"Möchten Sie einen Tee trinken?" fragt Ali Gholami freundlich. Sein Akzent verrät zwar, dass Deutsch nicht seine Muttersprache ist, trotzdem beherrscht er die Sprache schon sehr gut. Das hat er unter anderem Ulrike Opfermann-Schmidt zu verdanken, die das Angebot für einen Tee dankend annimmt.
Seit September gibt die hauptamtliche Leiterin einer Grundschule dem 18-Jährigen Nachhilfe. Gemeinsam mit vielen anderen engagierten Bürgern ist sie seit drei Jahren ehrenamtlich für die Unterabteilung "Bildung und Sprache" des Kreises "Adelsdorf hilft" tätig.
Einmal wöchentlich kommt sie zu Besuch in die betreute Wohngruppe des evangelischen Jugendhilfeverbunds "Der Puckenhof" in Aisch. Vokabeln, Rechtschreibung und Grammatik werden anhand von Alltagssituationen vermittelt. "Mir ist es wichtig, Theorie und Praxis zu verknüpfen", betont Opfermann-Schmidt.


Spaziergänger durch das Dorf

Deshalb pauken die Flüchtlinge mit ihr nicht nur stupide mit Büchern und Heften, sondern unternehmen zum Beispiel auch gemeinsame Spaziergänge durch das Dorf.
Wie bestelle ich ein Eis? Wie löse ich ein Rezept in der Apotheke ein? Wie lese ich einen Busfahrplan? Das sind nur einige der Fragen, die während einer solchen Tour beantwortet werden. Deutsche Gepflogenheiten wie etwa Pünktlichkeit werden wie nebenbei vermittelt.
"Die Grundvoraussetzung ist, dass der Jugendliche von sich aus die Sprache lernen will", sagt Ulrike Opfermann-Schmidt. Wer dazu keine Motivation habe, dem könne man auch nichts vermitteln. Dass Ali Gholami will, merkt man sofort. Das war aber nicht immer so: "Anfangs war er sehr schüchtern und hat sich vieles nicht zugetraut", erzählt Opfermann-Schmidt, die Ali schon seit seiner Ankunft in Adelsdorf vor drei Jahren kennt.


Ausbildung beginnt im Herbst

Jetzt ist das anders - mittlerweile hat der Iraner aufgeholt, beginnt bald ein Praktikum im Höchstadter Senioren-Centrum St. Anna und ab September eine Ausbildung als Altenpflegehelfer. "Die sprachlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Jugendlichen in einer Ausbildung Fuß fassen können, das ist meine Motivation", sagt Opfermann-Schmidt.
Vieles wird den Flüchtlingen natürlich auch in der Schule vermittelt, aber wichtig ist vor allem die Nacharbeit, denn die Möglichkeit, sich voll und ganz auf jeden einzelnen Schüler zu konzentrieren, ist in einer Klasse mit Jugendlichen aus vielen unterschiedlichen Ländern schlicht nicht möglich. Die Nacharbeit in der Wohngruppe weiß deshalb auch Karamoko S. zu schätzen.


Komplett von vorne

Der 17-Jährige kam erst vor acht Monaten von der Elfenbeinküste nach Deutschland. "Er versteht schon sehr viel", sagt Christiane Kellermann, die wie Opfermann-Schmidt einmal pro Woche in die Wohngruppe kommt. "Schwieriger ist das Lesen und Schreiben, da musste er komplett von vorne anfangen."
Karamoko nickt zustimmend und lächelt: "Aber du hilfst mir viel." Das bestätigt Kellermann in ihrer Entscheidung für das Ehrenamt. "Es ist keine einseitige Geschichte, denn es kommt immer etwas zurück", sagt sie.