Druckartikel: Abschied vom Höchstadter Gymnasium mit einer Träne im Auge

Abschied vom Höchstadter Gymnasium mit einer Träne im Auge


Autor: Johanna Blum

Adelsdorf, Freitag, 12. Februar 2016

Ulrich Günther und Wolfgang Braunschmidt haben am Gymnasium Höchstadt unterrichtet. Jetzt beginnt für sie der Ruhestand.
Wolfgang Braunschmidt (l.) und Ulrich Günther verlassen die Schhule Richtung Ruhestand. Foto: Johanna Blum


Zum Ende des ersten Schulhalbjahrs werden zwei Pädagogen am Gymnasium Höchstadt in den Ruhestand verabschiedet. Studiendirektor Ulrich Günther, Stellvertreter der Schulleitung, und Studiendirektor Wolfgang Braunschmidt sprechen von ihrer Arbeit, ein bisschen aus ihrem Leben, aber auch von ihren Wünschen für die Zukunft.

Warum haben Sie den Lehrberuf gewählt?
Ulrich Günther: Als Jugendlicher war ich bei den Pfadfindern und bin recht gut mit Kindern zurechtgekommen. Im Gymnasium haben mich die Fächer Mathematik und Physik schon immer sehr interessiert. Dem Abiturschnitt nach hätte ich auch Medizin studieren können, merkte aber nach dem Besuch einer Medizinvorlesung sehr schnell, dass meine Entscheidung für den Lehrberuf richtig war.
Wolfgang Braunschmidt: Der Lehrerberuf war zu meiner Zeit sehr attraktiv.

Viele Mitschüler wurden damals Lehrer. Obwohl ich schon immer handwerklich begabt und technisch interessiert war, wollte ich mit Menschen arbeiten. Vorbild war ein toller Deutsch-, Geschichte-, Sozialkundelehrer in der Oberstufe. Es war die idealistische Denkweise eines Spätachtundsechzigers, der die Welt wenigstens ein bisschen verbessern wollte und der berufliche Abgrenzung von den Eltern, die beide Ärzte waren, suchte.

Was zog Sie ans Gymnasium Höchstadt?
Ulrich Günther: Nachdem ich fast 16 Jahre täglich von Erlangen bzw. Adelsdorf nach Forchheim gefahren bin und dort keine weiteren Aufstiegsmöglichkeiten hatte, bot sich der Wechsel ans Gymnasium Höchstadt an, als dort die Position des Stellvertreters frei wurde. Bei dieser Entscheidung habe ich nur kurz gezögert, weil meine beiden Kinder am Gymnasium Höchstadt Schüler waren. Neue berufliche Aufgaben reizten mich (pädagogische Weiterentwicklung, bauliche Erneuerungen). Das Ehrenbürg-Gymnasium war bei meinem Wechsel 2005 pädagogisch weit vorn (Schulpartnerschaften, Lernen lernen, pädagogische Tage und baulich sehr modern) und dieses Wissen und diese Erfahrungen wollte ich ins Gymnasium Höchstadt weitertragen.
Wolfgang Braunschmidt: Ich bin 1982 nach der Referendarzeit auf der Suche nach einem preisgünstigen Eigenheim in Höchstadt "gestrandet". Der Autobahnanschluss zur Fahrt in die Arbeitsstelle ans Hardenberg Gymnasium Fürth ist von hier aus einfach perfekt. Meine Zielsetzung war von Anfang an, an das Gymnasium Höchstadt zu wechseln. Von 1982 bis 1986 habe ich jährlich Versetzungsgesuche nach Höchstadt gestellt, bis mir das Ministerium endlich 1987 meine Versetzung an meine Schule, das Gymnasium Höchstadt, gewährte.

Was gefällt Ihnen am Gymnasium Höchstadt?
Ulrich Günther: Die kollegiale Zusammenarbeit im Direktorat und mit den Lehrkräften. Die Schüler sind offen, begeisterungsfähig, sehr nett und mit allen Umbaumaßnahmen belastbar. Das Kollegium ist für Neuerungen, neue Unterrichtsmittel (Whiteboards, digitales Lernen) begeisterbar.
Wolfgang Braunschmidt: Es ist ein tolle Schule mit Offenheit in jeder Beziehung, mit einem aufgeschlossenen, hilfreichen Kollegium und einem Direktor, der es versteht, ohne jegliches autoritäre, besserwisserische Gehabe zu führen, der einem als Mensch begegnet. Die Schüler hier sind auch einfach nett und machen einem das Unterrichten leicht.

Wie steht es heute mit dem Unterrichten und Lehren?
Ulrich Günther: Das hat sich in meinen 39 Berufsjahren sehr verändert: In den Jahren von 1977 bis 1985 hielten Taschenrechner und PC allmählich in der Schule und bei den Schülern zuhause Einzug. Während des Studiums hatte ich schon das Programmieren außerhalb des Studienstoffs gelernt und konnte es dann auch in diesen Jahren am Gymnasium einsetzen. Die Adapter, um einen normalen Fernseher als "Großmonitor" zu verwenden, musste man noch selbst zusammenlöten. Um 1990 hielt am Gymnasium das eigenverantwortliche Lernen mit den Lernzirkeln und Freiarbeit Einzug. Heute sind das alles Selbstverständlichkeiten.
Wolfgang Braunschmidt: Die Schüler heute sind nicht schlechter als früher, aber die Schüler waren früher deutlich kritischer, haben dem Lehrer auch mal widersprochen, ja haben sogar mal eine Ex verweigert - unerhört! Einige haben sich politisch engagiert, egal ob JU oder Jusos, haben sich für Umweltschutz oder die Friedensbewegung eingesetzt. Es gab politische Arbeitskreise an den Schulen. Heute sind Schüler entpolitisiert und apolitisch, obwohl es doch so viele Probleme gibt, die einen Aufschrei verursachen müssten. Zivilcourage fehlt heute deutlich.
Schulaufgaben aus dem alten G9 kann man heute nicht mehr stellen, das bestätigen Kollegen aller Fachrichtungen, weil die Schüler des G8 völlig überfordert wären. Der Niveauverlust des Gymnasiums ist deutlich spürbar. Das G9 hat den Schülern Zeit zum Denken, Entfalten, Entwickeln gelassen. Jetzt gibt es die "Mittelstufe Plus", eine Mogelpackung. Positiv ist, dass die Schüler in diesem Zweig durch das eine zusätzliche Jahr weniger Zeitstress, keinen Nachmittagsunterricht und Möglichkeiten zur Stoffvertiefung haben. Aber entscheidend war die alte 11. Jahrgangsstufe als Übergang zur Kollegstufe.
Smartboards und die damit verknüpfbaren Medien bieten ungeahnte Möglichkeiten. Auch Power-Point Präsentationen sind eindrucksvoll. Man kann mit den digitalen Medien sehr viel Anschaulichkeit bieten, aber ich bin sehr skeptisch, ob dadurch wirklich gelernt wird.

Wie geht es nun weiter?
Ulrich Günther: Jetzt möchte ich meine Ruhephase nutzen und mich mehr all dem widmen, was während meines Berufslebens etwas kurz gekommen ist: meiner Frau, unserem Garten, der Lokalpolitik, dem Wandern in der Fränkischen Schweiz, Reisen und so weiter. Natürlich werde ich meine Schüler und meine Kollegen vermissen, weil sie jeden Arbeitstag einen großen Teil meiner Kraft und Zeit belegt haben. Ich denke, dass sich nach einiger Eingewöhnungszeit neue Schwerpunkte ergeben. Meine Familie und meine Freunde haben mir schon bis in den Herbst hinein neue Ziele vorgegeben, die meisten außerhalb der Schulferien!
Wolfgang Braunschmidt: Endlich Zeit für alles zu haben, was bisher zu kurz gekommen ist. Mich ohne Magenknurren wegen zu korrigierender Deutschschulaufgaben entfalten zu können in geistiger und körperlicher Hinsicht: Zeit für meine vier Kinder, meine Enkelin, meine liebe Frau Claudia, meine Hobbys. Mein Beruf hat mir viel Freude und Zufriedenheit gegeben, der Umgang mit Menschen, die man heranwachsen sieht vom Kind zum jungen Erwachsenen, die man etwas lehren kann. Ich werde die Schule vermissen, denn sie hat mein Leben fast vier Jahrzehnte geprägt. Die Gespräche mit den Kollegen und Schülern, der freundliche Gruß am Morgen, das oft freundliche Lächeln, die manchmal tollen Beiträge im Unterricht, das ein oder andere Gespräch.
Die Fragen stellte Johanna Blum.