Zwei Prinzen regieren Coburg
Autor: Ulrike Nauer
Coburg, Montag, 30. Januar 2017
Ralf I. und Mathias I. wollen in dieser Saison zeigen, wie bunt und tolerant Coburg - nicht nur im Fasching - sein kann.
"Ich hätte nie erwartet, dass ich so aufgeregt bin", gibt Ralf Kühne zu und schüttelt grinsend den Kopf. Sehr ungewöhnlich für den 47-jährigen Dresdner, denn als freiberuflicher Radi omoderator und DJ hat er schon öfter auf der Bühne gestanden. Doch bei der Prunksitzung der Coburger Narrhalla, an jenem 21. Januar, ist alles anders. Schließlich wird man nicht alle Tage Faschingsprinz - und schon gar nicht gemeinsam mit seinem Ehemann Coburgs erstes schwules Prinzenpaar.
Mathias Kühne, 36 Jahre alt und Küchenmonteur, bleibt - im Gegensatz zu Ralf - ziemlich cool. "Dabei habe ich ihm vorher noch Tipps gegen Lampenfieber gegeben", erzählt Ralf Kühne lachend im Rückblick auf den großen Abend. Dann aber gibt es kein Zurück mehr. Gespannt warten die beiden, noch gut versteckt vor den Gästen, auf ihren ersten Auftritt als Prinz Ralf I. und Prinz Mathias I. und damit auf die Enthüllung eines wie immer sehr gut gehüteten Geheimnisses. Der Überraschungsmoment sei natürlich beabsichtigt, sagt Narrhalla-Präsident Thomas Eck. "Der Kreis, der involviert ist, ist deshalb relativ klein."
Doch letztlich habe niemand vorhersehen können, wie die Coburger auf ein schwules Prinzenpaar reagieren würden, sagt Mathias Kühne.
"Coburg gilt ja trotzdem ein Stück weit als konservativ", ergänzt sein Mann Ralf. "Man weiß nicht, ob die Leute damit umgehen können. Finden sie es gut, finden sie es schlecht? Gehen sie einfach? Es war alles möglich."Doch die Coburger überraschten die beiden Prinzen äußerst positiv. Ralf Kühne erinnert sich: "Als wir um die Ecke kamen, ging der Applaus zunächst ein bisschen runter. Als dann aber alle begriffen hatten, was da jetzt den Weg lang kommt, ging die Stimmung wieder hoch."
Spätestens als dann Mathias Kühne in seiner Antrittsrede augenzwinkernd ein paar private Details verrät - sie sind seit gut acht Jahren zusammen, vier davon verheiratet, Ralf hat zwei Kinder, Mathias sei aber nicht die Mutter - dürfte auch beim letzten Skeptiker das Eis gebrochen sein. "Dass wir als Männer zusammenleben, ist ja bekannt. Da machen wir kein Geheimnis draus", sagt Ralf Kühne.
Thüringen war Vorreiter
Das erste schwule Prinzenpaar sind die beiden übrigens nicht. Schon 1999 traten zwei Männer in Thüringen als Faschingsprinzen an. Und in Franken waren Gerald I. und Dirk II. im vergangenen Jahr im Oberlangenstädter Fasching Pioniere. Gerald und Dirk krönten ihre Regentschaft übrigens am letzten Tag ihrer Amtszeit, am 11.11.2016 - da schlossen sie im Küpser Rathaus den Bund fürs Leben. "Wir sind also nicht die ersten, aber wir sind das erste verheiratete schwule fränkische Prinzenpaar", sagt Ralf Kühne lachend. "Aber das ist wurscht! Wir haben nicht den Anspruch, die ersten zu sein. Wir hatten Lust darauf, sind gefragt worden und jetzt ziehen wir das durch."
Fasching ist erst in den letzten Jahren für die beiden ein Thema geworden - hauptsächlich durch Ralf Kühnes Auftritte als DJ, die natürlich auch im Fasching stattfanden. Und Verkleiden gehört dazu: "Letztes Jahr auf dem Blaulicht-Fasching waren wir als Disco-Queens unterwegs", erzählt Ralf Kühne schmunzelnd, "wobei wir das im Alltag eher weniger machen".
Ihr Prinzenornat ist ohnehin weit weniger glamourös: "Der Smoking ist unsere Uniform", sagt Ralf Kühne. Smoking tragen auch die übrigen Herren der Narrhalla - mit gelb-schwarzen Mützen. Um sich davon abzuheben, haben die beiden Prinzen Weiß und Silber für ihre Mützen und Schärpen gewählt.
So gerne vor allem Mathias Kühne shoppen geht, die Suche nach den passenden Smokings sei eine rechte Katastrophe gewesen, wie die beiden erzählen. Sage und schreibe zwölf Herrenausstatter in ganz Franken klapperten die beiden Prinzen ab, bis sie in Bamberg endlich das Modell mit der passenden Kragenform fanden. Das war Mitte Dezember. "Wir hatten schon langsam Panik", sagt Ralf Kühne. Schließlich waren es nur noch knapp zwei Wochen bis zum offiziellen Fotoshooting.
Orden mit Aussage
Den passenden Orden zu finden, war nicht weniger aufregend. Am Ende hatten die beiden die Qual der Wahl zwischen neun Entwürfen. "Die Narrhalla hat uns unterstützt, doch als wir in die Runde fragten, empfahl jeder ein anderes Modell", erinnert sich Ralf Kühne schmunzelnd. Letztlich wurde es eine Mischung aus drei Entwürfen und die Aussage ist ganz klar: Coburg ist bunt! In jeder Hinsicht!Mit diesen Orden treten Ralf I. und Mathias I. Ende dieser Woche in Hennef an. "Da geht's richtig in die Höhle des Löwen", sagt Narrhalla-Präsident Eck. Denn Hennef ist ein Vorort von Köln und dort werde der Fasching ganz anders gelebt als hier. "Mit viel mehr Musik und viel mehr Brimborium." Für die beiden Coburger Prinzen ist das spannend. "Mal schauen, was wir da alles lernen", sagt Ralf I. lachend. Eines haben sie schon bei der Coburger Prunksitzung gelernt: Den "Ententanz". Den mussten sie nämlich zur Strafe vor Publikum aufführen, weil sie sich - eine Todsünde - das Zepter hatten klauen lassen.