Zum Abschied ein Gänsehaut-Duett
Autor: Ulrike Nauer
Beiersdorf bei Coburg, Sonntag, 09. Dezember 2018
Der Auftritt von Franz Benton am Samstag im "Bären" soll nun endgültig der letzte Live-Auftritt in seiner "Hauptstadt" gewesen sein.
Minutenlang singen die Fans im Schwarzen Bären einfach weiter "She's mine" - quasi die Mutter aller Benton-Balladen. Das Licht auf der Bühne ist längst erloschen, die Saal-Beleuchtung ist an. Sonst hat sich Franz Benton durch die Gesänge seiner "Publikümmer" in der heimlichen Benton-Hauptstadt Coburg immer noch mal für eine Zugabe zurück auf die Bühne holen lassen. Doch diesmal nicht, das Konzert war schon die Zugabe. Man soll bekanntlich aufhören, wenn es am Schönsten ist. Vielleicht passt das diesmal ganz gut so.
Vor 27 Jahren gab Franz Benton sein erstes Konzert im Schwarzen Bären. 18 Mal, so erzählt er am Samstag, sei er nach Coburg zurückgekehrt. Eigentlich sollte schon das Konzert 2012 der Abschied sein, doch unvorsichtigerweise scherzte er damals, er werde seinen 65. Geburtstag 2017 mit seinen Fans im Bären feiern. Die nahmen ihn beim Wort und erinnerten ihn eindringlich an sein "Versprechen". Mit einem Jahr Verspätung löst er es nun ein - vor ausverkauftem Haus.
Vielleicht ist es der Abschiedsstimmung geschuldet, dass das Publikum am Samstag nicht ganz so euphorisch mitsingt, wie man es von vorherigen Konzerten gewohnt ist, vielleicht liegt es aber auch an der sechsjährigen Konzertpause - da sitzt leider nicht mehr jede Textzeile. Egal, Franz Benton gibt noch einmal alles. Gewohnt locker witzelt er über seine silbergraue Lockenmähne ("das sind keine Extensions!"), über die wechselnden Gesprächsthemen mit seinem Langzeit-Partner Kiko Pedrozo (früher tauschte man Playboy-Hefte, heute tauscht man sich über die Enkelkinder aus), und nennt das Konzert, angesichts seines fortgeschrittenen Alters "Granufink-Party".
Viele Gesangspartner hatte Franz Benton über die Jahre dabei: Hansi Zeller, Sebastian Fischer, Martina Liesenkötter, Klaus Kreuzeder, um nur einige zu nennen. So lange wie Harfenist Kiko hat ihn aber kein anderer begleitet. Beim Abschied 2012 mussten Benton und das Publikum auf den Paraguayer verzichten - jetzt ist er noch einmal mit auf Tour. Der frenetische Jubel, mit dem die Zuhörer im Bären sein Harfen-Solo quittieren, geht Kiko Pedrozo sichtlich ans Herz und sogar ein paar Tränen muss er verdrücken.
Aber Franz Benton hat noch jemanden mitgebracht: Anne Haigis. Vor 30 Jahren war sie seine Wunsch-Duettpartnerin für die Ballade "Carry on" gewesen, doch die Plattenfirmen der beiden Künstler verhinderten damals die Zusammenarbeit. Heute steht dem Duett niemand mehr im Wege. Nach der Pause überlässt Franz Benton allerdings erst einmal seinem Gast die Bühne.
Die Beiersdorf-Premiere ist das für Anne Haigis übrigens nicht. Sie sei auch schon mal da gewesen, erzählt sie - vor etwa 20 Jahren. "Wer von Euch war damals dabei?", will sie wissen - und muss lachen, weil sich keiner meldet. "Naja, es waren auch nicht viele da, damals", sagt sie. Heute ist der Saal voll und das Benton-Publikum feiert Anne Haigis' Wahnsinns-Stimme - egal, ob beim kratzigen "Walzing Mathilda" von Tom Waits - einer ihrer Lieblingssongs, wie Anne Haigis verrät - oder bei "Nacht aus Glas" von Trude Herr.
Der Höhepunkt ist gleichzeitig der Schlusspunkt: "Carry on" mit Gänsehautgarantie. Danach ist Schluss. Wie hat Franz Benton den Text bei "Wollt dir noch sagen" umgedichtet? "Wollt euch noch sagen, auch wenn wir uns nie mehr sehen, werd' ich immer im Dezember hier auf dieser Bühne steh'n!"