Zivilcourage verhinderte einen Handtaschenraub in Coburg
Autor: Katja Nauer
Coburg, Donnerstag, 19. Januar 2017
Weil Bürger sich einmischen, wird ein Handtaschenraub vereitelt und die Polizei kann einen 34-Jährigen dingfest machen. Er bekommt eine Haftstrafe.
"An jeder Ecke standen Passanten und zeigten die Richtung an", sagte ein Polizeihauptkommissar. Zusammen mit zwei Kollegen war der Beamte zu einem Handtaschenraub in die Innenstadt von Coburg gerufen worden. Er lobte die Zivilcourage der Bürger, die später für ihr Engagement auch eine Auszeichnung erhielten.
Mit ihrem Dienstfahrzeug nahmen die Polizisten an einem Samstagabend im Februar letzten Jahres die Verfolgung eines Mannes auf. "Der Verdächtige hat sich umgedreht, das Auto gesehen und angefangen zu rennen", so schildert der Kommissar die Vorkommnisse, die der Festnahme vorausgingen. Als die Lebensgefährtin des Mannes die Polizisten am Weiterfahren hindert, ist es erneut ein Passant, der sich dem vermeintlichen Täter in den Weg stellt, so dass die Polizisten, die zu Fuß die Verfolgung aufnehmen, ihn schließlich dingfest machen können.
Teure Designertasche
Der 34-jährige Mann aus Coburg hatte gegen 18.20 Uhr einer Ärztin aus Thüringen in der Ketschengasse die Handtasche entrissen. Sie war mit ihrer Tochter beim Einkaufen, als der Mann von der Seite kam und mehrfach an der teuren Designertasche zog. Die Frau wollte die Tasche keinesfalls loslassen. "Ich habe so sehr geschrien und bin auf die rechte Seite aufs Knie gefallen", schilderte die Geschädigte den Vorfall aus ihrer Sicht.Sowohl die Tochter, die bei der Jagd sogar einen Schuh verlor, als auch weitere Zeugen, die aus einem Café in der Nähe kamen, nahmen die Verfolgung auf und konnten den Täter eine Zeitlang festhalten. In dem Handgemenge, das sich auf Höhe des Brunnens am Marktplatz abspielte, konnte die Tochter der Ärztin dem Täter die Tasche im Wert von 450 Euro wieder abnehmen. Inhalt: 200 Euro Bargeld, Parfüm für 150 Euro, ein Handy. Im Zeugenstand vermochte die Tochter sowohl den Mann als auch dessen "Komplizin", die der Verhandlung als Zuschauerin beiwohnte, genau zu beschreiben.
Im Schwitzkasten
Diese stellte sich als die Lebensgefährtin des Angeklagten heraus. Während der Tat soll sie einen weiteren Mann, der den Räuber in den Schwitzkasten genommen hatte, ins Gesicht geschlagen haben. "Daraufhin habe ich losgelassen", sagte der Zeuge. Für kurze Zeit entkam der Täter. Weil er sich aber weiterhin im Innenstadtgebiet aufhielt und Passanten ihn im Blick behielten, konnten die Polizisten ihn schließlich festnehmen.Der 34-Jährige war anfangs zu keiner Aussage bereit. Als jedoch ein weiterer Zeuge den Mann eindeutig identifizierte und ein Kriminalhauptkommissar aussagte, dass vonseiten der Polizei keinerlei Zweifel an seiner Täterschaft bestünden ("Das war alles schlüssig"), entschuldigte sich der Mann.
Medikamentenabhängig und drogensüchtig
Er könne sich nicht mehr an die Tat erinnern, erklärte er, weil er eine ganze Flasche des Sedativums Diazepam konsumiert habe, außerdem das chemische Opiat Fentanyl. Ein toxikologisches Gutachten wies den Konsum von Medikamenten im Blut des Mannes eindeutig nach. Der 34-Jährige, der nach eigenen Angaben seit langem drogensüchtig ist, ist bereits elf Mal vorbestraft: Unter anderem wegen Diebstahls, Körperverletzung und eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz.Bereits in den nächsten Wochen muss er sich für ein weiteres Vergehen vor dem Landgericht verantworten. Näheres dazu wurde nicht bekannt.