Zerbrich dir nicht den Kopf, Puppe!

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Puppen von Bruno Schmidt aus Waltershausen/Thüringen. Das Stehbaby links ist aus den 1920er-Jahren, das Mädchen aus der Zeit um 1950. Foto: Simone Bastian
Puppen von Bruno Schmidt aus Waltershausen/Thüringen. Das Stehbaby links ist aus den 1920er-Jahren, das Mädchen aus der Zeit um 1950. Foto: Simone Bastian
Die Museumsleiter (von links): Christine Spiller, Udo Leidner-Haber, Jana Burkart. Foto: Simone Bastian
Die Museumsleiter (von links): Christine Spiller, Udo Leidner-Haber, Jana Burkart. Foto: Simone Bastian
 
Ganz schick im Häkelkostüm! Foto: Simone Bastian
Ganz schick im Häkelkostüm! Foto: Simone Bastian
 
Puppe mit Schaden. Foto: Simone Bastian
Puppe mit Schaden. Foto: Simone Bastian
 
Puppen begleiteten Kinder überall hin - viele auch auf der Flucht nach dem Zweiten Weltkrieg. Foto: Simone Bastian
Puppen begleiteten Kinder überall hin - viele auch auf der Flucht nach dem Zweiten Weltkrieg. Foto: Simone Bastian
 
Foto: Simone Bastian
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Foto: Simone Bastian
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Foto: Simone Bastian
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Foto: Simone Bastian
Foto: Simone Bastian
 
Foto: Simone Bastian
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Foto: Simone Bastian
Foto: Simone Bastian
 
Foto: Simone Bastian
Foto: Simone Bastian
 
Käthe-Kruse-Modell "Deutsches Kind", Schildkröt, 1958. Foto: Simone Bastian
Käthe-Kruse-Modell "Deutsches Kind", Schildkröt, 1958. Foto: Simone Bastian
 
Käthe Kruse ließ erst ab den 50er Jahren Puppen mit Kunststoffkopf herstellen.
Käthe Kruse ließ erst ab den 50er Jahren Puppen mit Kunststoffkopf herstellen.
 
Christine Spiller, Jana Burkart und Udo Leistner-Haber präsentieren ein handbemaltes Seidenkleid aus dem Jahr 1959. Es gehört zum Fundus des Neustadter Museums.
Christine Spiller, Jana Burkart und Udo Leistner-Haber präsentieren ein handbemaltes Seidenkleid aus dem Jahr 1959. Es gehört zum Fundus des Neustadter Museums.
 
Jana Burkart mit "Manuela", einer der ersten Tortulonpuppen aus Serienfertigung aus dem Jahr 1954.
Jana Burkart mit "Manuela", einer der ersten Tortulonpuppen aus Serienfertigung aus dem Jahr 1954.
 
Aus dem Jahr 1929 stammt die Puppe mit dem Wecktopf, hergestellt von Kämmer & Reinhardt in Waltershausen.
Aus dem Jahr 1929 stammt die Puppe mit dem Wecktopf, hergestellt von Kämmer & Reinhardt in Waltershausen.
 
Foto: Simone Bastian
Foto: Simone Bastian
 
Foto: Simone Bastian
Foto: Simone Bastian
 

Das Puppenmuseum Coburg und das Museum der Deutschen Spielzeugindustrie in Neustadt erinnern gemeinsam an die Ära des Celluloids. In Coburg geht es hauptsächlich um die Puppen als Spielzeug, in Neustadt um die Herstellungsprozesse. Dort ist auch Anfassen erlaubt!

Für Museumsleute ist Celluloid ein blödes Material: Es dünstet aus, wird spröde (vor allem bei Temperaturschwankungen) und bricht dann manchmal ohne Vorwarnung. Das hat auch Christine Spiller erfahren, die Leiterin des Coburger Puppenmuseums: Einige Puppen, die wegen des Brandes in der Herrngasse Pfingsten 2012 kurzfristig ausgelagert werden mussten, haben den Klimawechsel gar nicht gut verkraftet. Andererseits markiert der Kunststoff auf der Basis von Schießbaumwolle eine Ära der Puppenherstellung.

Das Coburger Puppenmuseum und das Museum der deutschen Spielzeugindustrie in Neustadt erzählen bis Anfang November gemeinsam über diese Ära: Beide Museen haben unabhängig voneinander geplant, den Werkstoff Celluloid zum Thema zu machen. Nun ist eine Kombi-Ausstellung daraus geworden. Das Coburger Puppenmuseum zeigt die Puppen, vor allem aus den 1930er- bis 1950er-Jahren, als Alltagsgegenstand.
Das Neustadter Museum stellt den Werkstoff in den Mittelpunkt. "Bei uns darf man auch anfassen", sagt Udo Leidner-Haber, der Leiter des Museums der Deutschen Spielzeugindustrie. Dabei können Besucher erfahren, dass Celluloid gar nicht so unzerbrechlich war, wie die Hersteller gern behaupteten.

Das Monopol für den Kunststoff hatte in Deutschland die Rheinische Gummi- und Celluloidwarenfabrik. Sie lieferte meistens schon fertige Köpfe an die Puppenhersteller, oft nach deren Vorgaben. Schon in den 40er Jahren wurde ein nicht brennbarer Ersatzstoff namens Tortulon entwickelt, doch im großen Stil eingesetzt wurde der erst, als Celluloid wegen seiner Giftigkeit als Material für Kinderspielzeug verboten wurde.

Großeltern und Enkel

Vom Tortulon leitet sich der Markenname "Schildkröt" ab; die Firma hat heute ihren Sitz in Rauenstein. Schildkröt lieferte unter anderem Köpfe für Käthe-Kruse-Puppen. Käthe Kruse hatte sich lange geweigert, Kunststoffköpfe auf ihre Puppen zu setzen. In Coburg sind einige dieser Exemplare zu sehen.

Bis zum Verbot 1952/53 hatten Generationen von Kindern - meist Mädchen - mit den Celluloidpuppen gespielt und sie abgeliebt. Puppen machten alles mit, was den Kindern widerfuhr. Das Coburger Puppenmuseum zeigt viele Facetten: Die Babys in den tiefgelegten Wagen, Puppen im Kinderzimmer und beim Spiel auf der Straße (Gummitwist), aber auch Puppen, die ihre Mütter durch Krieg und Vertreibung begleiteten.

"Großeltern und ihre Enkel" sind denn auch eine Zielgruppe der Ausstellung, sagt Christine Spiller. Die 30er- bis 50er-Jahre hätten die Kindheit vieler Besucher geprägt. Deshalb bemühten sich Christine Spiller und ihre Kollegin Jana Burkart auch um die passenden Dekorationsstücke. "Einen Nierentisch hätten wir noch gern", sagt Jana Burkart - ein Teetischchen mit Lampenschirm obendrüber wurde dem Museum schon zur Verfügung gestellt. Viele der in Coburg gezeigten Puppen sind Leihgaben mitsamt der oft handgehäkelten oder genähten Kleidungsstücke. Selten geschieht es, dass Spielzeug noch in Originalverpackung zur Verfügung steht wie das Melitta-Kinder-Kaffee-Service, das Jana Burkart in einer der Vitrinen zeigt. "Sogar die Filtertüten sind noch dabei!"