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Balkon erschlägt Arbeiter in Coburg: "Balkon war völlig unauffällig"


Autor: Christiane Lehmann

Coburg, Donnerstag, 05. Oktober 2017

Der abgestürzte Balkon war der vorletzte von den 150 Balkonen, die seit 2012 saniert wurden. Die Staatsanwaltschaft hat einen Baugutachter eingeschaltet.
Die Betonplatte aus dem 1. Stock knickte ab und  drehte sich einmal um 180 Grad. Sie begrub den Arbeiter unter sich.Rainer Lutz


"Extrem erschüttert" zeigte sich der technische Leiter der städtischen Wohnbau, Ullrich Pfuhlmann. Der Balkon, der am Mittwoch nachmittag am Gustav-Hirschfeld-Ring abstürzte und einen Bauarbeiter unter sich begrub, war einer der beiden letzten von insgesamt 150, die seit 2012 in der Siedlung saniert wurden. "Es ist für uns alle unbegreiflich", sagt Pfuhlmann. Der Balkon sei völlig unauffällig gewesen.

Der Bauarbeiter einer Spezialfirma für Betonsanierungen aus dem Landkreis Coburg habe von unten lediglich Spachtelarbeiten vorgenommen, als die Betonplatte von oben wegkippte und ihn am Kopf traf. Die Platte überschlug sich und landete - einmal um 180 Grad gedreht - auf dem unteren Balkon. Für den 55-Jährigen aus Kronach kam jede Hilfe zu spät.

Die Staatsanwaltschaft Coburg hat die Ermittlungen aufgenommen und am Donnerstag einen Bausachverständigen vor Ort die Statik überprüfen lassen, teilte Jürgen Stadter vom Polizeipräsidium Oberfranken mit. "Im Moment kann über die Ursache des Unglücks nur spekuliert werden", meint Pfuhlmann.

Für die Wohnbau heißt das konkret, dass alle 150 Balkone der Siedlung in den nächsten Wochen erneut auf Herz und Nieren geprüft werden müssen. "Wir werden die Mieter in den nächsten Tagen umfangreich über unser weiteres Vorgehen schriftlich informieren", teilt Pfuhlmann mit.

Im Vorfeld der Sanierung hatte die Landesgewerbeanstalt den Zustand der Gebäude und Balkone untersucht. Auch Kernbohrungen an den Betonplatten wurden vorgenommen. "Es war nichts auffällig", sagt Pfuhlmann. Allerdings wurden lediglich Stichproben bei etwa zehn Balkonen genommen.

Wie das Problem jetzt technisch zu lösen ist, weiß der technische Leiter noch nicht. Die Wohnbau ist auf der Suche nach Fachleuten, die sich mit der Materie auskennen und auch die Verbindung zum Haus prüfen können. Die Balkone hängen seit 50 Jahren an den Gebäuden, teilweise von Anfang an schon mit Metallstangen gestützt.