Druckartikel: Wo New York auf Coburg trifft

Wo New York auf Coburg trifft


Autor: Jochen Berger

Coburg, Freitag, 08. Sept. 2017

Wie der Pop-Art-Künstler Billy The Artist und Alex der Sprayer eine weiße Wand in eine fröhliche Bilderlandschaft verwandeln.
Der New Yorker Pop-Art-Künstler Billy The Artist lockte gemeinsam mit Alex dem pinselnden Sprayer zahlreiche Besucher in die alte Pakethalle in Coburg. Foto: Jochen Berger


Der Star des Abends ist omnipräsent schon bevor er zu sehen ist. In der Alten Pakethalle dominieren schwarze T-Shirts mit seinem Künstlernamen, von der Decke hängen seine fröhlich-bunten Malereien, in Vitrinen stehen Vasen und Lampen, Tassen und Schalen, die mit seinen Motiven versehen sind. Wein- und Prosecco-Gläser in der Hand, warten Coburgs Kunstfreunde auf ihn, den Mann, der seinen Namen längst in ein merkantiles Markenzeichen verwandelt hat. Billy The Artist.


Der Mann, der seine Künstlerkarriere einst als Schauspieler begann, ist ein Phänomen mit unbestreitbarem Wiedererkennungswert. Seine Spezialität: schwarze Linien, die sich immer wieder zu Kreisen schließen, in Augen verwandeln, lachende Sonnen auf die Leinwand oder jede andere bemalbare Unterlage zaubern.


Der Sprayer als Pinsler

Billy The Artist ist ein Routinier des öffentlichen Auftritts (in diesem Fall organisiert vom Coburger Designforum Oberfranken, der Galerie Späth und Goebel Porzellan). Er weiß, wie sich der Vorgang des Malens in ein Painting Event verwandeln lässt.


Wenn Billy The Artist dann, nach Begrüßung und artigem Kompliment an Coburg ("Coburg is one of the most beautiful cities I Know") endlich zum ersten Pinselstrich ansetzt, sind Dutzende von Smartphones und viele, viele Fotokameras auf ihn gerichtet. Im Klick-Staccato lässt Billy The Artist die muntere Welt seiner Figuren die weiß getünchte Wand emporwachsen.


Er wippt ein wenig in den Knien mit im Rhythmus der Melodien, die vom anderen Ende der Halle herüber wehen. Matze Rossi liefert mit seiner Gitarre und seiner markanten Stimme den Soundtrack für dieses Live-Painting-Event. Dieser Begriff, der auf den bunten Einladungskarten prangt, ist trefflich gewählt. Man plaudert, nippt am Prosecco, schaut sich die als "Art of Lifestyle" präsentierten Porzellan-Objekte in Vitrinen an und beobachtet das Wachsen des Wandgemäldes. Für diesen Abend hat sich Billy The Artist Hilfe aus Coburg gewählt und sich die malende Unterstützung von Alex dem Sprayer gesichert, der sich für ein paar Stunden in Alex den Pinsler verwandelt.


"Ich bin aufgeregt", verrät der Sprayer kurz vor Beginn. Ernst gemeintes Eingeständnis oder ironisches Understatement? Jedenfalls gibt er den getreuen Malergehilfen, der keine eigenen Akzente setzt, sondern fleißig die immer höher rankenden, schwarz umrandeten Flächen mit Farbe füllt. Erst kommt Gelb, dann Rot, später, Blau und Grün - immer bunter, immer munterer blüht die gemalte Welt von Billy The Artist auf. Auf einer fahrbaren Hebebühne füllt er die Stirnseite der Alten Pakethalle Quadratmeter für Quadratmeter. Unübersehbar - Coburg erlebt wahrlich große Kunst an diesem Abend.




Die Karriere eines ungewöhnlichen Künstlers



Billy the Artist ist seit 2016 als Designer für die Firma Goebel tätig. 1964 in Cleveland geboren, zog der Künstler bereits in jungen Jahren nach New York, wo er zunächst als Schauspieler tätig war und sogar am Broadway auftrat. Sein Talent zur bildenden Kunst wurde ganz zufällig von einer Nachbarin entdeckt, die selbst Künstlerin war.

Als sie die von ihm bunt bemalten Wände in seiner Wohnung sah, brachte sie ihm spontan Leinwände für seine Kreationen vorbei. Miller begann, seine Bilder auf den Straßen Soho's zu verkaufen, und bald hingen seine Werke in ganz New York. Der große Durchbruch kam mit Bühnenbildern, die er für die Broadway Show "Rent" entwarf. Die Show wurde ein Erfolg und damit Billy The Artist international bekannt.

Seine Painting-Performances, etwa auf der Art Basel Miami, waren wahre Publikumsmagneten. Während der Biennale in Venedig 2015 bannte der Künstler mit seinem Live-Act für Swatch 30 000 Menschen auf den Markusplatz.