Wird aus der Ernstfarm in Coburg ein Bio-Hof?
Autor: Oliver Schmidt
Coburg, Freitag, 21. Januar 2022
Whisky-Laden, Event-Location, beliebtes Ausflugsziel: Das Anwesen vor den Toren der Stadt befand sich zuletzt im Aufwind. Doch plötzlich gibt es Kündigungen - und Ideen für eine komplett neue Nutzung.
Die Ernstfarm hat in den vergangenen Jahrzehnten gute sowie auch weniger gute Zeiten erlebt. Als jedoch Matthias Kornherr im November 2020 dort seinen Whisky-Laden eröffnete, schien das der Aufbruch in eine endlich mal wieder richtig rosige Zukunft zu sein. Zumal wenige Monate später auch noch Matthias Maier aus Sonneberg das Anwesen vor den Toren Coburgs für sich entdeckte und es seit dem als Event-Location vor allem für Hochzeiten nutzt.
Doch der Aufwind ist dahin. Plötzlich gibt's Gegenwind: Die insgesamt zehn Parteien, die derzeit auf dem Handwerker- und Gewerbehof zuhause sind, haben entweder eine Kündigung erhalten oder einen Aufhebungsvertrag vorgelegt bekommen. Das schmerzt allen voran Kerstin Schmidt: "Mein Herz hängt an der Ernstfarm", sagt sie, die bereits seit 2003 ihre Töpferei dort hat. Matthias Kornherr ist nicht nur wegen seines Whisky-Ladens in Sorge, sondern auch deshalb, weil er für 2022 bereits ein Kulturprogramm auf die Beine gestellt hat - mit Kleinkunst und viel Live-Musik. Matthias Maier wiederum hat sogar schon für 2023 ehrgeizige Pläne: Ihm liegen fast 30 Anfragen für Hochzeiten vor!
Woher kommt Geld für die Sanierung?
Die Situation für die einzelnen Mieter auf der Ernstfarm ist aber nicht nur frustrierend, sondern auch kompliziert: Eigentümer ist das staatliche Forst- und Domänenamt in Coburg. Diesem ist es bislang immer am liebsten gewesen, die Ernstfarm als Ganzes an einen einzigen Mieter zu vergeben. Das war seit Anfang des Jahrtausends der Zimmermann Walter Krahl, der dann wiederum die einzelnen Räumlichkeiten (und auch Wohnungen) untervermieten konnte. Den letzten Vertrag, den Walter Krahl mit dem Forst- und Domänenamt abgeschlossen hat, lief bis Ende 2023. Doch 2019 ist Walter Krahl gestorben. Sein Sohn hatte den Mietvertrag zunächst übernommen. Aber der Sohn führt auch einen Holzbau- und Zimmereibetrieb, auf den er sich jetzt mehr konzentrieren möchte. Deshalb hat er entschieden, die Ernstfarm aufzugeben. Die Untermieter sollen deshalb raus - bereits zum 30. Juni 2022.
Mieter sind ratlos: Wie soll es weitergehen?
Während die Untermieter wie Kerstin Schmidt oder Matthias Kornherr nun ratlos sind, wie es weitergeht, scheint dem Forst- und Domänenamt das alles gar nicht mal so ungelegen zu kommen. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass die Ernstfarm an vielen Ecken dringend saniert werden muss. Auf der Suche nach möglichen Zuschüssen kommt da eine komplett neue Nutzung ins Spiel. Nach Tageblatt-Informationen soll es bereits konkrete Überlegungen geben, die Ernstfarm wieder komplett landwirtschaftlich zu nutzen, und zwar mit einem ökologischen Ansatz.
Albert Schrenker, der Leiter des Forst- und Domänenamts Coburg, dementiert das auf Anfrage nicht. Er stellt allerdings auch klar, dass es aktuell bereits "mehrere Interessenten" gebe, die noch dazu unterschiedliche Ideen hätten. So sei es auch nach wie vor denkbar, auf der Ernstfarm innovative Wohnformen zu verwirklichen. Andererseits sagt Schrenker: "Man muss auch die Lage berücksichtigen. Und rund um die Ernstfarm gibt es nun einmal bereits landwirtschaftliche Nutzung."
Also führt die Spur doch wieder zu einem Bio-Musterhof. Ein solches Projekt würde zwar zu den historischen Ursprüngen passen, weil die Ernstfarm ja einst als "Musterfarm" angelegt worden ist.
"Das wäre doch Irrsinn!"
Doch Kerstin Schmidt würde das gleich aus mehreren Gründen für "Irrsinn" halten. "Die heutige Ernstfarm ist dafür überhaupt nicht mehr geeignet", glaubt sie. Außerdem sei es weder ökologisch noch nachhaltig, viele Einbauten, die es in den vergangenen 20 Jahren gab, jetzt wieder rückgängig zu machen. "Es sei denn, man will einen Kuhstall mit Parkettboden und Strakstromanschluss."