"Wir schaffen das"
Autor: Christoph Böger
Coburg, Mittwoch, 07. Sept. 2016
Trotz der 19:31-Niederlage vor 3274 Zuschauern bleiben die HSC-Fans optimistisch. Erich Bilek (86) wandelt auf den Spuren der Bundeskanzlerin.
           
Wer auswärts beim Vorjahresvierten mit fünf Toren triumphiert, hat drei Tage später in eigener Halle auch eine reelle Chance gegen den Deutschen Meister! Zuversichtlich pilgerten gestern Abend etliche Handballfreunde in den schmucken Coburger Handballtempel. Von Anfang an drückten die Optimisten ganz fest die Daumen - und so soll es auch sein!
Die Erwartungshaltung war groß und die Hoffnung auf den zweiten Husarenritt binnen weniger Tage aufgrund der Sensation vom Sonntag nicht klein. Dass aus einem weiteren HSC-Sieg letztlich nichts wurde, weil sich die Rhein-Neckar-Löwen nicht wie die Melsunger Jungs von den "Schwarz-Gelben" ins Boxhorn jagen ließen, störte nach der Schluss-Sirene auch nur die Wenigsten.
Bei diesem ersten großen Erstliga-Event in der HUK-Arena wurde die Frage nach dem Sieger schnell beantwortet. Der Meister war zu stark. 
Trotzdem hatte Handball-Coburg an diesem historischen Tag genügend Grund zum Feiern. Schon im Vorfeld wurden Trainer Jan Gorr ("Er ist ein gewiefter Taktiker/O-Ton Uwe Gensheimer, Ex-Kapitän der deutschen Nationalmannschaft und der Rhein-Neckar-Löwen) und seine Spieler mit Lobeshymnen geradezu überhäuft. Die wertvollste Aussage kam dabei sicher von "Löwen"-Coach Nikolaj Jacobsen: "Coburg hat mit dem Sieg in Melsungen bereits gezeigt, dass er in der 1. Liga konkurrenzfähig ist".
  
  Erich Bilek wie Angela Merkel...
 
Davon sind auch die vielen Anhänger überzeugt, egal ob jung oder alt: Erich Bilek (86) zum Beispiel hält es wie unsere Bundeskanzlerin: "Wir schaffen das"! Der Ehrenvorsitzende des Handballbezirkes Oberfranken, der seit mehr als fünf Jahrzehnten (!) Mitarbeiter in der Sportredaktion des Coburger 
Tageblatts ist, ordnet den Überraschungssieg in Melsungen sehr nüchtern ein: "Das waren zwei Zusatzpunkte für unsere interne Rechnung. Die hatten wir nicht eingeplant - nicht mehr, aber auch nicht weniger".Oder Dietrich Mai (26). Auch er ist optimistisch: "Wir sind nach einer strapaziösen Saison in der 2. Liga verdient aufgestiegen und haben allein schon deshalb alle Chancen, die Klasse zu halten. Auf gewisse Experten-Meinungen, wonach wir Absteiger Nummer Eins sind, gebe ich überhaupt nichts. Allerdings ärgere ich mich, dass solche Aussagen in sozialen Medien auch aus dem eigenen Lager - sprich von HSC-Fans - gekommen sind".
Der Mitbegründer des inzwischen nicht mehr existierenden Fanclubs "Westkurve", kritisiert vor allem die vielen Pessimisten für deren Einstellung. Klar dürfe man die Chancen auf den Klassenerhalt auch objektiv einschätzen, so Mai, "aber Fans, die der eigenen Mannschaft nichts zutrauen und nur wegen dem Event in die Arena kommen, brauchen wir nicht!"
  
  David gegen Goliath
 
Wie steinig und hart der Weg in der stärksten Handball-Liga der Welt wird, hat die gestrige Partie eindrucksvoll gezeigt. Für Pekeler, Groetzki, Sirgurdsson, Guardiola, Baiena & Co. waren die HSC-Jungs spätestens nach der Pause nur noch ein besserer Sparringspartner. Das Spiel des HSC Coburg gegen die "Löwen" war wie David gegen Goliath, nur eben nicht mit dem besseren Ende für den Außenseiter.Während nämlich im Alten Testament der junge Schafhirte David in seinem aussichtslos erscheinenden Kampf gegen den mächtigen Krieger Goliath siegbringend seine Strategie kurzfristig änderte, in dem er sein schweres Kettenhemd ablegte, den großen Helm vom Kopf riss und sein Schwert beiseite legte, um mit ein paar Steinen und seiner bescheidenen Schleuder zu siegen, ging der Matchplan der Vestestädter gegen die "Löwen" gestern nicht auf.
Aber zum Glück kommen demnächst auch wieder schwächere Gegner nach Coburg und spätestens dann sollte es dem "gewieften Taktiker" Gorr wieder gelingen, Waffengleichheit herzustellen und Triumphe mit seinen "Kriegern" einzufahren.