Will die Bahn Coburg überhaupt anfahren?
Autor: Simone Bastian
Coburg, Mittwoch, 06. Juni 2018
Die Bahn halte ihre Versprechen nicht, schimpfen OB Tessmer und IHK-Präsident Herdan und fragen: Ist der Halt in Coburg ein Dorn im Auge?
Beim nächsten Fahrplanwechsel verschlechtert sich das ICE-Angebot in Coburg. Dieser Überzeugung sind Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) und IHK-Präsident Friedrich Herdan, die sich in einem offenen Brief ihrer Empörung über die Bahn Luft gemacht haben. Adressaten des Briefs sind Richard Lutz (Vorstandsvorsitzender DB), Birgit Bohle (DB Fernverkehr) und Klaus-Dieter Josel (Konzernbevollmächtigter DB Freistaat Bayern).
Anlass war eine Mitteilung des Bundestagsabgeordneten Hans Michelbach, der ein Schreiben von Bahn-Fernverkehrsvorstand Birgt Bohle an die Medien gegeben hatte. Sie hatte bestätigt, dass über weitere ICE-Halte frühestens für Ende 2019 nachgedacht werde. Aber zum Fahrplanwechsel im Dezember 2018 soll es trotzdem eine Neuerung für Coburg geben: Der Zug am Nachmittag nach München werde wegfallen. Dafür werde um die Mittagszeit ein ICE von Berlin über Coburg nach Wien fahren. "Dies würde für München-Reisende (und zurück) jeweils ein Umsteigen in Nürnberg nach sich ziehen, was den Halt in Coburg unattraktiv macht. Das vorrangige Fahrziel der Fahrgäste von Coburg ist jedoch München und nicht Wien. Insofern handelt es sich hier um eine Verschlechterung, die Frau Bohle mit wohl gesetzten Worten als Verbesserung verkaufen will", schreiben Tessmer und Herdan.
"Der ICE-Halt in Coburg hat bisher die Erwartungen übertroffen. Die Annahmen und Prognosen des gemeinsamen Gutachtens der IHK und der Stadt werden damit voll bestätigt. Aus diesem Grund sind die angedeuteten Verschlechterungen nicht nachvollziehbar. Trotz der geringfügigen Verlängerung der Fahrzeit durch einen Halt in Coburg sind die Züge oft überfüllt, was die Argumentation von Frau Bohle ad absurdum führt." Denn Bohle hatte auch mitgeteilt, dass nur Züge in Coburg halten, die zusätzlich zum normalen Takt zwischen Berlin und München verkehren. Denn für die regulären Züge würde laut Bohle der Umweg über Coburg zu lang dauern, dadurch seien für viele Fahrgäste Anschlüsse gefährdet.
Tessmer und Herdan listen im Gegenzug einige Probleme und Schwachstellen auf, die die Bahn immer noch nicht beseitigt hat. Noch immer sei es nicht gelungen, den Aufzug zum ICE-Bahnsteig 2/3 in Betrieb zu nehmen. "Angeblich verzögert sich die technische Abnahme aufgrund einer hohen Marktauslastung der Abnahmeprüfer immer weiter, was nicht mehr akzeptabel erscheint und selbst in Fachkreisen nur Kopfschütteln auslöst."
Sie thematisieren auch den Ausfall einiger Regionalexpresszüge im Mai aufgrund technischer Störungen und den Zustand des Bahnhofs. "Sanitäre Anlagen sowie Schließfächer fehlen - vom Parkplatzdrama ganz abgesehen." Die Bahn habe bisher "mit ungenügenden Antworten in der Presse" reagiert, aber in Aussicht gestellt, dass es bei mehr Reisenden auch Verbesserungen beim Servicepersonal und Baumaßnahmen im Bahnhofsgebäude geben könne. "Die oben angeführten übertroffenen Erwartungen durch den ICE-Halt stehen diesen Aussagen allerdings gegenüber."
Es bedürfe auch keines neuen "Bahngipfels", denn Gespräche hab es bereits genug gegeben. "Die Sachlage ist klar und eindeutig: Es wurde seitens der Bahnspitze (Berthold Huber - Pressekonferenz am 23. Juni 2017 im Coburger Rathaus) betont, dass es an der Anzahl der Fahrgäste liegt, ob das Angebot ausgeweitet wird oder nicht." OB Tessmer hatte damals zur Abstimmung mit den Fahrkarten aufgerufen.
"Nun werden die Erwartungen sogar übertroffen und es kommt zu Verschlechterungen und Verzögerungen. Das ist Wortbruch. Geredet wurde genug, jetzt müssen zugesagte Taten folgen. Es müssen diejenigen, die Einfluss haben, jetzt liefern und nicht reden", schließt der Brief. "Es drängt sich nach all dem bisherigen Geschehensablauf der Verdacht auf, dass wir als Oberbürgermeister und IHK-Präsident einsehen müssen, dass was hinter vorgehaltener Hand immer wieder geäußert wurde - dass der Halt in Coburg ein Dorn im Auge ist - offensichtlich doch zutrifft."