Druckartikel: Wie steht es um die Pressefreiheit in Deutschland?

Wie steht es um die Pressefreiheit in Deutschland?


Autor: Daniela Pondelicek

Neustadt bei Coburg, Dienstag, 18. Juli 2017

Auch in Deutschland werden Medienschaffende immer öfter angegriffen, bedroht oder eingeschüchtert. Drei Medienvertreter diskutierten in Neustadt.
Diskussionsfreudig: Rainer Lutz, Stefan Hinterleitner, Thomas Apfel und Wolfgang Braunschmidt (von rechts) diskutierten über Pressefreiheit - und wie diese auf lokaler Ebene gelebt wird. Foto: Daniela Pondelicek


Auf den ersten Blick scheint es um die Pressefreiheit bei uns sehr gut bestellt zu sein: Auf der Rangliste der "Reporter ohne Grenzen", in der 180 Länder hinsichtlich ihrer Pressefreiheit bewertet werden, belegt Deutschland zum zweiten Mal in Folge den 16. Platz, während sich in knapp zwei Dritteln aller Länder die Situation verschlechtert hat. Doch der Schein trügt. Nicht nur in der Türkei, in Ungarn oder in Polen werden Journalisten in ihrer Arbeit massiv eingeschränkt, auch in Deutschland werden Medienschaffende immer öfter angegriffen, bedroht oder eingeschüchtert.

Wie sehr gefährdet das die Demokratie? Und sind diese Tendenzen auch in den Lokalmedien spürbar? Diesen Fragen widmete sich die Podiumsdiskussion zum Thema Meinungs- und Pressefreiheit in der Kultur.Werk.Stadt in Neustadt am Montagabend. Moderiert von Stefan Hinterleitner, Regionalmanager der Stadt Coburg, diskutierten Thomas Apfel (Radio Eins), Wolfgang Braunschmidt (Neue Presse) und Rainer Lutz (Coburger Tageblatt) über aktuelle Herausforderungen für den Journalismus in Deutschland, gaben Einblicke in redaktionelle Entscheidungsprozesse und erzählten aus ihrem Berufsalltag.

Die rechtliche Grundlage, an die jede Berichterstattung in Deutschland gebunden ist, ist Artikel fünf des Grundgesetzes. Er legt fest, dass jeder das Recht hat, sich zu informieren, und die Presse nicht durch den Staat zensiert wird. Dieser Artikel zählt zu den Grundrechten und darf nicht abgeändert oder aus dem Grundgesetz entfernt werden.


Einschränkungen möglich

Dennoch könnte die Pressefreiheit auch in Deutschland noch eingeschränkt werden: Im zweiten Absatz wird festgelegt, dass die Berichterstattung an die allgemeinen Gesetze gebunden ist. Für Rainer Lutz stellt genau dieser Zusatz eine potenzielle Gefahr dar: "Möglich wäre es, die allgemeinen Gesetze so zu ändern, dass die journalistische Arbeit deutlich erschwert wird." Auch ohne eine Gesetzesänderung blickt Wolfgang Braunschmidt mit Sorge auf aktuelle Entwicklungen in der Bundesrepublik. Ein Beispiel dafür sei der Umgang mit Journalisten beim G-20-Gipfel in Hamburg. "Journalisten, die eigentlich die Erlaubnis hatten, über den G-20-Gipfel zu berichten, standen plötzlich auf einer schwarzen Liste und ihnen wurde der Zugang verwehrt. Das darf in einer Demokratie nicht passieren."

Die allgemeinen Gesetze und der Pressekodex, denen sich jeder Journalist verpflichtet fühlt, sind recht eindeutig formuliert. Dennoch gibt es in der Praxis häufig heikle Fälle, in denen eine Entscheidung abgewogen werden muss. Großes Diskussionspotenzial bietet die Frage, ob bei der Berichterstattung über eine Straftat die Nationalität des Täters genannt werden sollte. Rainer Lutz betont, dass die Herkunft laut Pressekodex nur dann genannt werden sollte, wenn sie dazu beiträgt, den Hintergrund einer Tat besser zu verstehen - für ihn eine sinnvolle Regelung. "Manche Zeitungen sind allerdings dazu übergegangen, die Nationalität immer zu nennen, weil sie mit dem Vorwurf konfrontiert wurden, sie würden sie absichtlich verheimlichen wollen", erklärt er. "Hier ist es wichtig, den Einzelfall zu analysieren, abzuwägen und dann zu entscheiden", sagt Wolfgang Braunschmidt.

Zuletzt wollte Stefan Hinterleitner noch wissen, ob sich durch das Internet und soziale Netzwerke der Aktualitätsdruck zum Leidwesen der journalistischen Qualität erhöht habe. "Auch wenn beim Radio live berichtet werden kann, wenn es eine Eilmeldung gibt: Wir berichten erst dann, wenn diese Meldungen offiziell bestätigt sind", erklärt Thomas Apfel. Außerdem sei journalistische Qualität gerade durch die sozialen Medien besonders wichtig geworden: "Wir als Journalisten müssen die Behauptungen in sozialen Netzwerken überprüfen und haben die Aufgabe, Nachrichten zu filtern." Im Anschluss zur Podiumsdiskussion gab es zudem die Möglichkeit, im persönlichen Gespräch mit den Redakteuren Fragen zu stellen.