Wie geht es mit dem Coburger Schlachthof weiter?
Autor: Simone Bastian
Coburg, Dienstag, 19. Juni 2018
Behalten oder verkaufen? Der Stadtrat will am Donnerstag in einer Woche beschließen, wie es mit dem Areal weitergehen soll.
"Band der Wissenschaft, Technik, Design und Kultur": Das Gebiet von Frankenbrücke bis zum neuen Firmengelände von Ros südlich des ehemaligen Güterbahnhofs hat schon mal einen vielversprechenden Namen. Viel zu sehen ist von diesem Band freilich noch nicht - bis auf die Pakethalle, die für Veranstaltungen aller Art dient (Kultur) und nun die alte Schlachthof-Direktorenvilla, die von der Hochschule und Zukunft.Coburg.Digital genutzt wird (Technik, Wissenschaft).
Doch die Villa ist erst der Anfang: Die Hochschule möchte das ehemalige Kühlhaus direkt an der Itz (Gebäude 9) ebenfalls nutzen. Deshalb soll es so schnell wie möglich hergerichtet werden - und das ist der Punkt, an dem der Streit beginnt.
Investor suchen?
Denn die Stadtverwaltung schlägt vor, das Schlachthofgelände von einem Investor entwickeln zu lassen. Nicht nur das ehemalige Kühlhaus, sondern das gesamte Areal zwischen Frankenbrücke und Zollgebäude soll ausgeschrieben werden. Wer den Zuschlag erhalten will, muss mit einem planerisch-städtebaulichen Konzept punkten, sagt Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD). Er stützt sich dabei ausdrücklich auf die Vorarbeit durch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft (Wifög). Die hatte geprüft, wie das Areal wohl am effizientesten zu entwickeln wäre und kam zu dem Schluss: Weder die Stadt allein noch die Stadt zusammen mit einem Investor kämen so richtig schnell voran. Wenn, müsste das Gebiet jemandem überlassen sein, der nahtlos plant, ausschreibt und baut.
Oder erst ein Gesamtkonzept?
Finanzsenat und Bau- und Umweltsenat haben der Idee mehrheitlich zugestimmt. Grummeln darüber kommt ausgerechnet aus Tessmers eigener Fraktion. Die SPD hatte nämlich vorgeschlagen, alle Ideen und Entwürfe für Schlachthof und Güterbahnhof zu bündeln und in einem Workshop Entscheidungen zu erarbeiten. Wie soll der Rahmenplan für den Bereich Schlachthof/Güterbahnhof weiterentwickelt werden? Welche Grundstücke bleiben bei der Stadt? Soll es einen Wettbewerb zur Freiflächengestaltung geben? Wie sollen die einzelnen Teilbereiche entwickelt werden?
Zeitdruck
Das klingt nicht so, als ob es schnell ginge. Aber zumindest beim Schlachthof-Gebäude 9 drängt die Zeit: Die Hochschule wird bis Ende 2022 vom Bund mit 6,5 Millionen Euro gefördert; bis Ende 2019 sollte das Gebäude 9 dann zur Verfügung stehen, heißt es in der Vorlage für die Senatssitzung von voriger Woche. Doch wenn die Stadt selbst Planung und Bau übernehmen würde, sei "ausgeschlossen", dass das Gebäude 9 noch 2019 bezugsfertig würde.Etwas, was Petra Schneider als Fraktionsvorsitzende der SPD und selbst Architektin, so nicht glauben möchte. "Da muss man eben ein Büro beauftragen", wenn das Hochbauamt ein solches Projekt nicht stemmen könne. Außerdem habe man schon vier Monate vergehen lassen, in denen lediglich die Direktorenvilla am Schlachthof nutzbar gemacht wurde.
Konzeptausschreibung
Aber nun geht es darum, das gesamte Schlachthofgelände einem Investor zur Verfügung zu stellen. Für die Stadt sei dies die wirtschaftlichste und risikoärmste Variante, heißt es in dem Beschlussvorschlag. Damit die Stadt nicht alle Gestaltungsmöglichkeiten aus der Hand gibt, solle eine Konzeptausschreibung erfolgen: Der Investor muss vorher sagen, was er wie für welche Nutzer bauen will. Allerdings stehen bislang offiziell nur zwei Nutzer für das Schlachthofareal im Raum: die Hochschule und die Initiative Zukunft.Coburg.Digital, die an die Wifög angedockt ist. Alle anderen Nutzer müsste der Investor erst mal finden - es sei denn, er sucht ohnehin für sich (oder ein anderes Unternehmen) einen attraktiven Standort in einem Umfeld, wie es das "Band der Wissenschaft" eines Tages sein soll. Offen ist auch die Frage, was passiert, wenn keins der vorlegten Konzepte dem Stadtrat gefällt. Wenn ausgeschrieben wird, ist ja noch lange nicht entschieden, dass auch verkauft wird - das muss der Stadtrat noch mal extra entscheiden.
Ganz ausgeklammert ist bei dieser Diskussion das übrige Güterbahnhofgelände. Auch da wurden inzwischen Fakten geschaffen, die so noch nicht im Rahmenplan stehen. Im Süden des Güterbahnhofs, bei der neuen Ernst-Faber-Brücke, waren bislang Flächen für Gewerbebetriebe vorgesehen. Dort soll nach aktuellem Sachstand im Jahr 2020 ein Rundtheater ("Globe") seinen Betrieb als Interimsspielstätte des Landestheaters aufnehmen.