Druckartikel: Wie es einst in Großheirath zuging

Wie es einst in Großheirath zuging


Autor: Michael Stelzner

Großheirath, Freitag, 01. März 2019

Gerhard Göckel hat im Selbstverlag ein Buch über seine Heimatgemeinde Großheirath veröffentlicht. Es hat auch komische Seiten.
Gerhard Göckel blättert gerne in seinem Buch und kann viel über die einzelnen Fotos und Geschichten erzählen. Foto: Michael Stelzner


"Die Zeit ist schnelllebig geworden und man vergisst die ,gute alte Zeit‘", sagt Gerhard Göckel aus Großheirath. Sein Ziel sei es , diese Erinnerungen für die Nachwelt zuerhalten. Deshalb hat Gerhard Göckel, jetzt ein Buch mit dem Titel "So war es einmal in Großheirath", geschrieben. Er hat sich damit selbst einen großen Wunsch erfüllt. Drei Monate lang hat er daran gearbeitet. "Ein bisschen Druck hatte ich schon, denn ich wollte das Buch Franz Ehrsam, einem Großheirather und früher Vorstandsvorsitzender der Milchwerke Oberfranken, an seinem 80. Geburtstag im Februar überreichen. "

Göckel schildert in 32 Kapiteln verschiedene Ereignisse und Gegebenheiten ab dem Jahr 1950 und zum Teil auch früher. Viele Informationen hat der Autor von seinem Vater, Herbert Göckel, denn die Familie Göckel wohnt seit fünf Generationen in Großheirath. So geht es in dem Buch um die bäuerliche und wirtschaftliche Entwicklung von Großheirath, wo sich heute viele große Betriebe aus Handwerk und Handel angesiedelt haben. Im Jahre 1950 gab es noch 30 Bauern im Ort, der damals 450 Einwohner hatte. Heute sind es im gesamten Gemeindegebiet nur noch zwei Landwirte und die Gemeinde Großheirath hat mit Ortsteilen rund 2600 Bürger.

Bekannte Persönlichkeiten

Weitere Kapitel beschäftigen sich mit den Heimatvertriebenen, den Ortsvereinen, der Eisenbahn und der Kirche, die einmal überflutet wurde, und mit dem Dorfbach. Aber auch den Mühlen ist ein Kapitel gewidmet. Das 124 Seiten starke Buch beschäftigt sich außerdem mit dem Straßenbau und mit der Schule. Natürlich kommen bekannte Großheirather in dem Werk nicht zu kurz. Außerdem sind in diesem Buch auch rund 250 meist sehr alte Bilder, die meisten aus dem umfangreichen Archiv von Gerhard Göckel selbst, aber auch einige von den Ortsbürgern. Seit seiner frühesten Jugend hat sich Gerhard Göckel mit der Geschichte seines Heimatortes beschäftigt und Bilder und Schriftstücke gesammelt. Besonders interessant in diesem Buch sind die Anekdoten am Ende, die das harte Leben von früher mit einem Aspekt von Komik erzählen und so manches Schmunzeln auslösen. Das Staatsarchiv und das Gemeindearchiv hätten bereits ein Buch erhalten, betonte Göckel, der sein Werk im Selbstverlag zum Preis von 17 Euro vertreibt.

Hier einige Geschichten aus dem Buch

So war es einmal - Regelungen der Kirche - aus heutiger Sicht nicht mehr denkbar:

Die Anmeldungen der Geburten erfolgen gewöhnlich noch am selben Tage

durch den Kindesvater oder die Hebamme im Pfarramt. Ebenso die Anmeldungen

zur Taufe gewöhnlich 3 oder 4 Wochen nach der Geburt, wenn Mutter und

Kind sich Wohlbefinden. Bei der Anmeldung wird der Name des Kindes zumeist

schon angegeben sowie der Name des Paten. Es ist selten, dass 2 oder mehrere

Paten gewählt werden. Die Taufe wird nach dem Vormittags-Gottesdienst vorgenommen,

wenn und wo gerade der Pfarrer am Orte amtiert. Außerdem vor

dem Nachmittags-Gottesdienst, wie z. B.in Rossach, nach Übereinkunft zwischen

dem Pfarrer und dem (der) Anmeldenden.

Sie findet in der Kirche statt, nur im Krankheitsfalle der Mutter oder Kindes im

Hause. Sie vollzieht sich in der Weise, daß zur bestimmten Zeit das Läuten mit

der kleinen Glocke einsetzt, währenddessen sich die Taufgesellschaft zur Kirche

begibt, vorselbst der Pfarrer und der mit dem Taufkännchen voll warmen Wassers

zugerichteter Tauftisch die Kommenden erwarten.

Hat eine Mutter der Taufe wegen Schwachheit oder Krankheit nicht beiwohnen

können, so wird bei ihrem demnächst zu haltenden und vorher im Pfarramt anzumeldenden

"ersten Kirchgange" unter Gebet der erfolgten Taufe gedacht. Bei

solchem Kirchgang pflegt die Hebamme die Mutter zu begleiten. Das Geläute

der Taufglocke begleitet das getaufte Kind und Eltern und Paten auf ihren Rückweg

zur Wohnung.

Die Taufe unehelich geborener Kinder vollzieht sich in derselben Weise, doch

kommt die "Aussegnung" der Mutter in Wegfall, weshalb auch die Mutter gewöhnlich

nicht mit zur Taufe kommt, aber am nächstfolgenden Sonntag ihren

"stillen Kirchgang hält, d. h.: es wird desselben nicht Erwähnung getan.

Auszug aus den Handlungen. Das waren Regelungen, wie Gottesdiensthandlungen abzulaufen haben.

(abgeschrieben aus dem Kirchenbuch Großheirath)

Böhms Gänseküken:

Etwa im Jahre 1895 ereignete sich in Großheirath folgende Geschichte:

Die Zeitners (genannt die Böhms, wohnhaft Ringstraße Nr. 27) waren Kleinlandwirte

und lebten von den kärglichen Erträgen ihres kleinen Hofes. Nachdem

man die Zeit dazu hatte, zog man manches Kleinvieh auf. Dies war nicht so

leicht wie heute, da es keine Brutkästen oder Wärmelampen gab. Es wurden

viele Tiere im Wohnzimmer oder der Küche aufgezogen.

So gelang es auch der Landwirtsfrau Katharina Zeitner, wieder eine kleine

Herde Gänsla aufzuziehen. Direkt hinter dem Wohnhaus floss die Itz vorbei.

Dies war ideal für die Aufzucht und Haltung von Gänsen.

Dies war für die nicht gerade wohlhabenden Bauersleute wirtschaftlich eine Katastrophe.

Die Mutter tobte und schimpfte Fritz, sie verhaute ihn und in ihrer

Rage warf sie Fritz auch noch in die hinter dem Haus vorbeifließende Itz. Fritz

hielt sich aber am Ast eines umgebrochenen Weidenbaumes fest.

Die Mutter, immer noch in Rage, nahm in ihrer Wut eine Backkrücke und schlug

auf den sich im Wasser in größter Not befindlichen Fritz noch ein. Er konnte

sich noch selbst an Land retten.

Fritz behielt aber offenbar einen bleibenden Schaden davon. Er schüttelte zeitlebens

nervös mit dem Kopf.

Diese Geschichte wäre nach heutigen Maßstäben eine schwere Straftat, die mit

einer hohen Strafe geahndet werden würde.

Fritz Zeitner geb. am 09.02.1889, gestorben am 17.03.1969

Erzählt von Herbert Göckel aus den Dorfweisheiten, 1921 -2015

Niedergeschrieben: Gerhard Göckel

(veröffentlicht im Einvernehmen mit der Familie.)