Wie designt sich der Mensch?
Autor: Simone Bastian
Coburg, Donnerstag, 06. Dezember 2018
In welchem Umfang soll der Mensch mit seinem Wissen und (Gen-)Technik sein Mensch-Sein verändern? Das wird ab Mittwoch an der Hochschule diskutiert.
Genmanipulierte Babys geboren: Diese Meldung schreckte vor zwei Wochen die Weltöffentlichkeit auf. Sie verleiht einer internationalen Konferenz an der Hochschule Coburg in dieser Woche ungeplante Aktualität. Wissenschaftler und Ethiker sprechen über ethische Fragen der Biotechnologie, vor allem über Neuro- und Gentechnik. "Das sind mächtige Technologien, mit denen sehr viel gemacht wird, und das weltweit", sagt Thomas Kriza, der die Tagung organisiert hat.
Internationale Experten auf einem Gebiet, in dem die Hochschule bestenfalls am Rande lehrt und forscht, und dann noch grundsätzliche philosophische Fragen auf Englisch diskutieren: Das ist - zumal für eine Hochschule für angewandte Wissenschaften - ungewöhnlich. Doch die Hochschule Coburg geht den "Coburger Weg", der den Studierenden mehr als Fachwissen vermitteln will. Sie sollen sich auch ihrer Verantwortung als Studierende und später im Beruf bewusst sein, sagt Thomas Kriza. Der Dozent für Philosophie leitet neben seinen Lehrveranstaltungen das "Philosophische Café", das immer im "Dialog" stattfindet, dem Stadtbüro der Diakonie in der Nägleinsgasse.
Professor James Giordano wird die Konferenz in der Hochschule eröffnen. Der Neurowissenschaftler, Ethiker und Politikberater lehrt an der Georgetown University in Washington DC und kommt regelmäßig nach Coburg. Er befasst sich unter anderem mit der Frage, wie mit Hilfe der Gentechnik Substanzen geschaffen werden können, die direkt im Gehirn wirken und das Bewusstsein, die Aufmerksamkeit, die motorische Kontrolle oder den emotionalen Zustand beeinflussen können. Solche Substanzen könnten auch als biologische Waffen eingesetzt werden, warnte Giordano schon vor einem Jahr in einem Aufsatz.
Neurotechnologie beschränkt sich aber nicht nur auf gentechnisch veränderte und gezielt wirkende Substanzen, sagt Thomas Kriza. Schon jetzt sei es möglich, mit am Kopf platzierten Magneten die Konzentrationsfähigkeit zu steigern, per Spezialhelm die Leistung des Gehirns zu überwachen oder durch Elektroden im Gehirn ein Tourette-Syndrom einzudämmen. Aber oft würden mit solchen Eingriffen Veränderungen der Persönlichkeit einhergehen. So sei es schon geschehen, dass sich die politische Einstellung fundamental geändert habe. "In nicht allzu ferner Zukunft wird man zum Neurologen gehen wie zum Schönheits-Chirurgen", prophezeit Kriza. Der Manager, der Hemmungen hat, vor Publikum zu sprechen, könnte so genauso Hilfe suchen wie ein Patient, der sein unerklärliches Händezittern eingedämmt haben will. Droht uns also der Homo-Technologcicus, der nach dem Ermessen des Menschen designte Mensch? Was, wenn der Schüchterne nicht nur seine Schüchternheit verliert, sondern gleich zum gewaltbereiten Grobian wird? Eben darum müsse man über die Risiken solcher Technik sprechen, sagt Kriza. Dabei geht es nicht nur um die individuellen Folgen, sondern auch um die für die Gesellschaft. "Beim Schönheitschirurgen kommt immer die gleiche Nase raus, aber nicht unbedingt schönere Menschen."
"Eigentlich geht es um das gute Leben und wie wir diese Techniken dafür nutzen können", sagt Kriza. Dafür brauche es aber einen weltweiten ethischen Standard, unabhängig von der kulturellen Prägung. Auch das werde bei der Konferenz Thema sein; den Vortrag dazu hält Professor John Shook von der University at Buffalo, New York.
Wem die beiden Konferenztage an der Hochschule zu lang erscheinen, kann am Freitag zum "Philosophischen Café" kommen, das im Gebäude von "Making Culture" hinter der Hauptpost tagt (Lohgraben 4). Hier tritt unter anderem James Giordano auf. Diskutiert wird in Englisch, wobei Gioardano auch Deutsch verstehe, wie Kriza versichert. Die Fremdsprache sei kein allzugroßes Hindernis, meint er. "Unsere Studierenden jammern immer, dass sie kein Englisch können. Dabei trauen sie es sich nur nicht zu."
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