Druckartikel: Wie der Hass wachsen konnte

Wie der Hass wachsen konnte


Autor: Ulrike Nauer

Coburg, Freitag, 16. März 2018

Dieter Ziegler spricht kommenden Freitag im Andromedasaal über "Die Großbanken und die deutschen Juden".
Dieses Wahlplakat aus dem Jahr 1929 zeigt, wie die NSDAP auch in Coburg versuchte, Ressentiments der Bevölkerung gegen Börse, Presse, Bank und Juden für sich zu nutzen.Repro: Staatsarchiv Coburg


Über ihre Rollen während der Nazi-Herrschaft hatten private Großbanken wie die Deutsche Bank und die Dresdner Bank lange Zeit den Mantel des Schweigens gebreitet. "Sie hatten sich der Forschung verschlossen", sagt Eva Karl, die derzeit im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte (IFZ) und finanziert von der Stadt die Geschichte Coburgs zwischen 1918 und 1945 erforscht.
Erst als der öffentliche Druck immer größer wurde, öffneten schließlich die Banken ihre Archive den Wissenschaftlern. Einer von ihnen ist Professor Dieter Ziegler vom Lehrstuhl für Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte der Ruhr-Universität Bochum. In seinem Buch "Die Dresdner Bank und die deutschen Juden" hat Ziegler unter anderem untersucht, wie sich die Bank gegenüber ihren eigenen Angestellten jüdischer Herkunft verhalten hatte, welche Rolle sie bei der "Arisierung" gewerblichen Vermögens und bei der Enteignung jüdischen Privatvermögens spielte.


Forschung läuft bis 2020

Über seine Erkenntnisse wird Ziegler am Freitag, 23. März, im Rahmen der Reihe "Epoche unter dem Hakenkreuz" in Coburg sprechen (siehe Infokasten).
Dieter Ziegler ist - neben seiner Lehrtätigkeit - auch Mitglied der hochkarätig besetzten Historikerkommission, die bis 2020 das Projekt "Coburger Stadtgeschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts" mit Schwerpunkt auf der NS-Zeit begleiten soll.
Die siebenköpfige Kommission tage mindestens ein Mal pro Jahr, erläuterte Schulamtsleiter Klaus Anderlik bei einem Pressegespräch. Die Kommission habe sich zum Ziel gesetzt, parallel zu ihrer Arbeit auch eine Vortragsreihe in Coburg zu initiieren, so Anderlik. Nach dem Direktor des Instituts für Zeitgeschichte (IFZ), Professor Andreas Wirsching, und Michael Stephan, dem Leiter des Stadtarchivs München, konnte Ziegler nun als dritter Referent gewonnen werden.


Zinsgeschäfte waren verpönt

Das Thema des Vortrags habe auch heute noch "eine außerordentliche Brisanz", betonte Professor Gert Melville, der Vorsitzende der Historikerkommission. Spannend sei schon die Frage, wie sich der Hass auf jüdische Mitbürger gerade in Verbindung mit Geld über die Jahrhunderte überhaupt derart entwickeln konnte. Dazu müsse man wissen, so Melville, dass es seinerzeit nur Juden erlaubt war, Zinsen für geliehenes Geld zu nehmen, "Christen war das verboten". Was aber war so verpönt an Zinsen? "Wer Zinsen nimmt, handelt mit einer Ware, die nur Gott gehört", erläuterte Melville. Hatte man jemandem am Tag A einen bestimmten Betrag geliehen und bekam dafür am Tag B den Betrag plus Zinsen zurück, dann hatte man mit der Zeit gehandelt - "und die Zeit gehört Gott!"