Wie der Baumhasel nach Coburg kommt
Autor: Rainer Lutz
Coburg, Freitag, 16. Mai 2014
Der Klimawandel lässt Förster im Coburger Land mit Baumarten experimentieren, die mit höheren Temperaturen fertig werden.
Albert Schrenker wirft einen prüfenden Blick in eine Kunststoffröhre. Sie schützt einen kleinen Baum. Er sieht aus wie eine gewöhnliche Haselnussstaude. Hasel stimmt, doch was hier wächst, gibt es sonst im Coburger Land nicht. Auf der Versuchsfläche, die zum Forstrevier Oberwohlsbach gehört, experimentiert der Forstbetrieb Coburg der Bayerischen Staatsforsten mit Baumhasel, erklärt Betriebsleiter Schrenker.
Auf der Versuchsfläche ragen eine ganze Menge solcher Plastikröhren auf, die als Einzelschutz für die Bäumchen angebracht wurden, damit sie nicht vom Wild verbissen werden. Nicht in jeder Röhre steckt der ungewöhnliche Baumhasel. Es gibt Winterlinden, Eichen, Weißtanne und sogar eine Fläche mit Birkensaat. "Es war die Idee von Heinrich Wimmer, hier mal eine Versuchsfläche anzulegen", erklärt Albert Schrenker. Wimmer ist der Waldbauspezialist der Bayerischen Staatsforsten.
Forschen für die Zukunft
"Wir wissen ja nicht wirklich wie es wird", ist dem Förster klar. Daher wollen die Forscher jetzt schon Erfahrungen sammeln, um in der Zukunft durch bessere Kenntnis der waldbaulichen Möglichkeiten gerüstet zu sein. Schon jetzt sei klar, dass die Fichte sich mit den Jahren in der Region kaum noch sinnvoll bewirtschaften lässt.
Schrenker: "Bei der Fichte müssen wir reagieren." Die Kiefer werde wohl später Probleme bekommen. Aber irgendwann wird es auch ihr in unseren Breiten nicht mehr behagen, wenn Temperatur und Niederschlag sich wie befürchtet verändern. "In Mitteleuropa haben wir rund 50 Baumarten. In unseren Wäldern hier in Deutschland finden wir nur einen Bruchteil davon", erklärt Schrenker. Christian Kölling von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft ist Experte für Boden und Klimabedingungen. Seine Abteilung sucht weltweit nach Standorten, deren klimatische Bedingungen, denen ähneln, die wir in der Zukunft möglicherweise zu erwarten haben. Pflanzen, die dort wachsen, sollten dann auch bei uns gedeihen können. Da alle Modelle dafür aber nur ungenau bleiben müssen, setzt der Forst auf praktische Versuche. "Wenn wir jetzt pflanzen, dann haben wir in 50 Jahren vielleicht wichtige Erkenntnisse", hofft Albert Schrenker.
Die Baumhasel ist da interessant, weil sie keine völlig fremde Art ist, sondern mit dem Haselstrauch eine nahe Verwandtschaft besteht. In der Ausprägung als Baum, der bis zu 30 Meter hoch werden und bei einem Alter von 200 bis 300 Jahren auf Brusthöhe bis zu 70 Zentimeter und mehr Durchmesser haben kann, wird die Hasel wirtschaftlich interessant. Das dunkle harte Holz war als "Türkische Haselnuss" früher schon sehr beliebt zum Möbelbau und bei Holzbildhauern. Nach dem letzten Türkenkrieg gingen Ende des 18. Jahrhunderts die Lieferungen zurück und die Baumart trat wirtschaftlich in den Hintergrund. Weil sie aber vergleichsweise anspruchslos ist und auch trockene Sommer überstehen kann, wird sie nun wieder interessant für die deutsche Waldwirtschaft.