Druckartikel: Wie besondere Engel nach Neustadt kamen

Wie besondere Engel nach Neustadt kamen


Autor: Rainer Lutz

Neustadt bei Coburg, Dienstag, 12. Mai 2015

Einen Querschnitt durch Stilrichtungen und Materialien der Puppenkunst bietet die Ausstellung "Auslotung 3", die das Museum der Deutschen Spielzeugindustrie zum internationalen Puppenfestival aufgelegt hat.
Debra Nagel erschafft Engel aus Stoff in einem ganz besonderen Verfahren. Fotos: Rainer Lutz


Künstler sind Kinder ihrer Zeit. Ihr Leben und Erleben spiegelt sich in ihren Arbeiten. Leben und Tod beschäftigten Debra Nagel in letzter Zeit besonders. Das führte die Puppenkünstlerin zum Motiv Engel, das sie in einer ganz speziellen Technik umsetzte. Einige ihrer Engel sind Teil der Ausstellung "Auslotung 3", die ab sofort und bis ende Juni im Museum der Deutschen Spielzeugindustrie zu sehen ist.

Debra Nagel verwendet Leinwandstoff, den sie formt, in einem speziellen Verfahren festigt und dann bemalt. "Das ist mein Stil. Ich habe das noch nie woanders gesehen", sagt Debra Nagel, die selbst die Ausstellung besucht. Seit rund 20 Jahren gehören ihre Arbeiten zu den Sonderausstellungen, die das Museum jeweils zum Puppenfestival in der Stadt auflegt.

"Wir wollen einen Querschnitt durch alle Stilrichtungen und Materialien zeigen, die zurzeit in der Szene vorkommen", sagt Museumsleiter Udo Leidner-Haber. Da gehörte die ungewöhnliche Art, wie Debra Nagel mit Stoff umgeht, unbedingt dazu.

Dabei ist die Künstlerin keineswegs auf dieses Material fixiert. Sie hat schon mit den verschiedensten Stoffen gearbeitet. "Das Thema Puppen interessiert mich sehr", sagt sie. "Eine Puppe ist oft ein Begleiter durch das Leben", weiß sie. Daher nennt sie es eine Herzensangelegenheit, Puppen auch zu reparieren.

Forum der Puppenkunst

Dass sie seit zwei Jahrzehnten zum Festival nach Neustadt kommt, unterstreicht Debra Nagels Aussage: "Das Museum ist eine absolute Plattform für die Puppenkunst." Sie kenne keine weitere Einrichtung dieser Art, die Puppenkunst über so viele Jahre konsequent begleitet und so allumfassend archiviert, lobte Debra Nagel.

Tatsächlich sieht Museumsleiter Udo Leidner-Haber genau darin eine wesentliche Aufgabe des Museums, das seit 1989 aufmerksamer Wegbegleiter der Puppenkunst weltweit ist, ohne dabei den Blick für die Wurzeln zu verlieren. Denn Neustadt ist über Jahrzehnte eine wichtige Wiege der Puppenproduktion gewesen.

Historische Vorbilder

In einem Nebenraum des Museums stehen historische Docken. Einfache Puppen aus Holz ohne Gliedmaßen. Der deutsche Puppenkünstler Bernd Rückert hat diese Vorbilder aufgegriffen und ganz neu interpretiert.
Von Christa Mann stammt ein kleiner pummeliger König. Weinend in seiner Vitrine sitzend, löst er sofort einen "Kümmerreflex" beim Betrachter aus. Der Grund für seine Traurigkeit ist rasch zu erkennen. Ihm ist doch tatsächlich ein Zacken aus der Krone gebrochen. Was für ein Schicksal für einen kleinen König!

Aus Holz geschnitzte Tierfiguren in Kombination mit Puppen aus Porzellan sind der Beitrag von Cosette Gull-Claude aus der Schweiz. Die ebenfalls aus der Eidgenossenschaft stammende Elisabeth Flueler-Tomamichel arbeitet mit Modelliermasse. Der "Geist", der finster in den Ausstellungsraum blickt, wurde aber mit der Schädeldecke eines Rehbocks ausgestattet, dessen Gehörn ein wenig missgebildet ist - dem Geist steht es aber gut zum grimmigen Gesicht.

"Auslotung 3" ist in jedem Fall einen Besuch wert. Das gilt keineswegs nur für die Fachbesucher des Festivals.