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Wer will zum Totengräber des Coburger Theaters werden?


Autor: Jochen Berger

Coburg, Mittwoch, 27. Sept. 2017

Der Coburger Stadtrat ist immer wieder für Überraschungen gut - auch für unliebsame.
Landestheater CoburgFoto: Jochen Berger


Gerne werden Beschlüsse, die nach langer und reiflicher Diskussion mit großer Mehrheit gefasst worden waren, plötzlich wieder ganz grundsätzlich infrage gestellt. Jüngstes Beispiel: der Eilantrag einer interessant zusammengewürfelten Koalition (siehe Seite 9), auf den im Dezember beschlossenen Bau einer Interimsspielstätte für die Zeit der Generalsanierung des Landestheaters zu verzichten.


"Alternative Spielstätten?"

Auslöser sind angebliche Kostenüberschreitungen beim Versuch, einen Vertrag mit einem Generalunternehmer für den Bau der Interimsspielstätte schließen. So weit, so nachvollziehbar. Abenteuerlich aber wird der Antrag mit dem Vorschlag, das Landestheater möge versuchen, "alternative Spielstätten und Lokalitäten" zu nutzen.


Dass genau das nicht funktionieren kann, war aber bei der Stadtratssitzung im Dezember letzten Jahres diskutiert und deutlich gemacht worden.


Publikum nicht vergraulen

Dass unattraktive Ausweichspielstätten das Publikum zwangsläufig vergraulen und damit ebenso zwangsläufig zu Einnahmeverlusten führen würden, ignorieren die Antragssteller einfach. CSU/JC, die Wählergemeinschaft Pro Coburg, die Fraktion "Sozial und bürgernah für Coburg" (SBC) und FDP-Stadtrat Hans-Heinrich Eidt glauben oder behaupten, mit ihrem Eilantrag im Sinne der Stadt und ihrer Finanzen zu handeln.


Sollte dieser Antrag freilich angenommen und auf den Bau einer funktionalen Ausweichspielstätte tatsächlich verzichtet werden, wäre der Schaden für die Stadt unabsehbar.


Ein Theater, das während einer jahrelangen Generalsanierung ohne eigenes Haus dasteht, wird zum Patienten auf der Intensivstation mit unausweichlichem Siechtum.


Beim Thema Theater und Subventionierung wird gerne von sogenannten Eliten gesprochen, die angeblich davon profitieren würden. Angesichts von deutlich mehr als 800 000 Besuchern in der siebenjährigen Intendanz Bodo Busses wird diese Behauptung zur seltsamen Unterstellung.


Theater als Bildungsinstitut

Sie unterschlägt zudem, dass das Landestheater nicht nur ein Unterhaltungs-, sondern vorrangig ein Bildungsinstitut ist, das beispielsweise auch an Schulen wertvollste und umfangreiche Arbeit leistet - Arbeit, die in der Öffentlichkeit freilich kaum wahrgenommen wird.


Und noch immer steht eine Studie aus, die endlich einmal detailliert beschreibt, auf welchen Wegen Geld nach Coburg fließt oder in Coburg bleibt, weil es ein attraktives kulturelles Angebot gibt.


"Wenn dieser Antrag durchgeht, ist das der Tod des Coburger Stadtrats", hatte Gerhard Amend als Vorsitzender des Theaterkreises schon am Dienstag eindringlich gewarnt.


Jeder Stadtrat, der am Donnerstag für diesen Eilantrag stimmt, sollte sich also gut überlegen, ober er tatsächlich zum Totengräber des Coburger Theaters werden will. Wer aber auf diese Weise das Theater beerdigen sollte, gefährdet den Standort Coburg auch in wirtschaftlicher Hinsicht massiv.