Wer kann, darf, soll in Coburg bauen?
Autor: Simone Bastian
Coburg, Mittwoch, 09. März 2016
Der"Wohnungspakt Bayern" wird auch in Coburg zu zusätzlichem Wohnraum führen. Die Wege dahin sind unterschiedlich.
Im Oktober gab das bayerische Kabinett den Weg frei für den "Wohnungspakt Bayern". 2,6 Milliarden Euro wurden damals bereitgestellt, um 28 000 zusätzliche Mietwohnungen in Bayern zu schaffen. Der Bedarf ist da, nicht nur wegen des Flüchtlingszustroms, wie Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) an Mittwoch bei einem Pressegespräch betonte. Und: Dass in Coburg Wohnungen nachgefragt werden, sei durchaus positiv zu sehen.
Staat baut für Flüchtlinge
Dem Freistaat gehört das Grundstück, er baut mit eigenem Geld - und er braucht nicht mal eine Genehmigung von der Stadt: An der Hutstraße/Abzweig Haßfurter Straße (im Volksmund "Hutholz") will der Freistaat Bayern 24 Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge errichten. 3300 solcher Wohnungen sollen in ganz Bayern entstehen, 70 Millionen Euro stellt der Freistaat dafür bereit.
Aus Sicht der Stadt sei es wichtig, dass in diesen 24 Wohnungen Familien unterkommen, die bereits in Coburg leben, sagte Dritter Bürgermeister Thomas Nowak (SPD), zuständig fürs Sozialreferat. Denn diese Flüchtlinge würden bereits Kita- und Schulplätze belegen, die Stadt müsse ohnehin für ihre Unterkunftskosten aufkommen. 756 Flüchtlinge sind derzeit in Coburg untergebracht, 151 sind anerkannt und dürfen in eigene Wohnungen ziehen. Viele von ihnen leben noch in Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber und blockieren damit Plätze. Denn jeden Monat muss die Stadt zehn weitere Asylbewerber unterbringen.
Wohnbau entwickelt Programm
Die stadteigene Wohnbau soll 200 bis 300 zusätzliche Wohnungen errichten. "Nicht nur Flüchtlinge brauchen bezahlbaren Wohnraum", betonte Tessmer.
In seiner Februar-Sitzung erteilte der Stadtrat der Wohnbau den Auftrag, ein entsprechendes Bauprogramm zu entwickeln, so, dass es für die Stadt trotz aller Sparzwänge noch machbar bleibt. "Der ,Wohnungspakt‘ ist eine Riesenchance für Coburg, weil er ein Zuschussprogramm ist", sagte Christian Meyer, Geschäftsführer der Wohnbau. Dass Zuschussprogramm umfasst 600 Millionen Euro für 6000 zusätzliche Wohnungen.Bislang hätten im Sozialwohnungsbau lediglich zinsgünstige Darlehen zur Verfügung gestanden. Nun gewähre der Freistaat 30 Prozent der Kosten als Zuschuss. "Dann kann man auch mit hiesigen Mietzinsen Wohnraum realisieren", frohlockte Meyer. Schon sein Vorgänger Willibald Fehn hatte wiederholt beklagt, dass die Wohnbau fürs Bauen genauso viel ausgeben müsse wie Bauträger in Ballungsgebieten. Dort kann aber leicht das Doppelte an Miete verlangt werden wie in Coburg.
Für sieben oder acht städtische Grundstücke habe die Wohnbau schon Bauanträge gestellt, sagte Meyer. Die ersten Wohnungen sollen in gut einem Jahr bezugsfertig sein - ein "sportlicher Zeitraum", wie der Wohnbau-Geschäftsführer sagte. Aber 200 bis 300 Wohnungen "schaffen wir definitiv nicht in einem Jahr", betonte Meyer. Da würden allein schon die "Mechanismen im Förderantrag" zu Verzögerungen führen.
Zuschüsse für Privatprojekte
Seit 2008 fördert die Stadt Coburg den Bau oder Kauf von Familienheimen und Wohnungen. Dieses Programmläuft zum 30. April aus.
Bis dahin dürfen noch Anträge gestellt werden; eine Bedingung für den Zuschuss ist, dass die notarielle Beurkundung des Grundstücks- oder Wohnungskaufs bis 10. Mai erfolgt. Wie Andrea Angermüller von der Stadtkämmerei erläuterte, wurden für dieses Programm bislang 607 Anträge gestellt, 429 wurden bewilligt und dafür rund 3,8 Millionen Euro ausbezahlt. Derzeit müssten noch 75 Anträge bearbeitet werden. Das Programm "Familienheime" finanziert die Stadt alleine. Weil sie sparen muss, legt sie nun ein neues Programm auf, in das zu 60 Prozent Mittel des Freistaats fließen. Damit werden Umbauten, Sanierungen und Umnutzungen von Gebäuden in den innerstädtischen Sanierungsgebietenvon Coburg gefördert. Das solle Hauseigentümer motivieren, leerstehenden Wohnraum zu für Mieter bereitzustellen, sagte Christian Meyer. Denn freie und nutzbare Räume gebe es durchaus, nur hätten die Eigentümer bislang oft den Aufwand eines Umbaus oder einer Sanierung gescheut.
Das Besondere an diesem Projekt: Die Bauherren werden auch von einem Architekten beraten, und sie erfahren sofort, mit wie viel Geld sie in etwa rechnen können. Das sei eins der zentralen Probleme bei bisherigen Sanierungsgebieten gewesen, sagte Meyer. "Die Programme bisher waren sehr komplex und langwierig." Nun soll es 20 Prozent der Umbaukosten als Zuschuss geben.
Die Federführung für dieses Förderprogramm liegt bei der Wohnbau. Noch stehen die genauen Förderrichtlinien nicht fest. Einzelheiten des Förderprogramms will Meyer beim Städtebautag am 21. Mai vorstellen. Die Stadt wird das Programm vor allem von Verwaltungsseite her unterstützen: Karl Baier, Leiter des Stadtbauamts, sprach von "Erleichterungen bei den Baugenehmigungsgebühren" und bei denkmalpflegerischen Erlaubnissen. "Nur beim Brandschutz gibt's keine Kompromisse".