Welsberger Windpark wächst
Autor: Berthold Köhler
Welsberg, Dienstag, 17. Januar 2017
Beißende Kälte, schneidender Wind - das alles bremst die Arbeiten für den Windpark "Bürgerwald" im Landkreis Coburg nur unerheblich.
Dieser schneidend kalte Nordost-Wind - der gefällt Martin Demmeler eigentlich. "Unseren Untersuchungen nach kommt der Wind zuverlässig zu 25 Prozent des Jahres aus dieser Richtung", erklärt der Projektleiter bei Green City Energy, dem Bauherrn des Windparks im Itzgrund. Aber derzeit sind die Planer nicht so glücklich mit dem Wind. Oder besser: Mit dem Wetter allgemein. "Der Winter hat unsere Baustelle voll in Beschlag genommen", sagt Demmeler, der dennoch davon ausgeht, dass die vier Windenergieanlagen Ende Februar ihren Betrieb aufnehmen werden.
Mit voller Leistung Strom produzieren werden sie dabei aber noch nicht. Sebastian Kohl, der bei Green City Energy für die "Bürgerwald"-Baustelle zuständig ist, erklärt: "Die erste Phase des Probebetriebs geht über 300 Stunden, danach kommen noch einmal zwei bis Monate erweiterte Testphase." Erst danach wird der Anlagen-Hersteller Nordex die vier Windräder an Green City Energy offiziell übergeben.
158 Meter hoher Kran
Angesichts der derzeitigen Witterung heißt es auf der Baustelle: Flexibel sein! Klar ist, dass diese Woche wieder einige Großtransporte auf der Anhöhe hinter Welsberg ankommen werden. Dann beginnt die spektakulärste Phase auf der Baustelle: Erst wird der 158 Meter hohe Spezialkran aufgestellt, dann werden große Bauteile wie die mit Technik vollgestopfte Generatorenkabine (Gesamtgewicht: an die 90 Tonnen) und die Flügel für die Rotoren auf Nabenhöhe gehoben und dort montiert. "Wind ist dabei die schwierigste Komponente", erklärt Sebastian Kohl, warum manchmal eben nichts auf der Baustelle voran gehen kann.Von der Belastung her ist für die Straße von Büdenhof hoch die schlimmste Zeit aber schon vorbei. "Rund 80 Prozent der Baumasse", schätzt Demmeler, sind schon oben im "Bürgerwald" - in Form von Beton für die Fundamente und die unteren Segmente der Masten. Die sind derzeit bei allen vier Windrädern auf einer Höhe von knapp 80 Metern angelangt, je zwei 30 Meter lange Stahl-Röhren werden noch obendrauf gesetzt. Stand heute, sind Green City Energy und die Gemeinde Itzgrund mit dem Verlauf der Groß-Transporte in den Itzgrund zufrieden. Dieter Scherbel, Gemeinde-Geschäftsleiter im Itzgrund, freut es sehr, dass es kaum Ärger gab - "und Green City Energy bei Hinweisen von uns sehr schnell reagiert hat". Aber natürlich, räumt Bürgermeister Werner Thomas (SPD) ergänzend ein, gebe es immer auch Gegner bei einem solchen Projekt."Dennoch stehen wir in der Gemeinde nachwievor voll hinter diesem Projekt", betont Thomas.
Die Windkraftanlage III wird, sagt Bauleiter Sebastian Kohl, "das Gehirn des Windparks". Dort laufen die Kabel der anderen drei Anlagen zusammen, ehe die elektrische Leistung mit einer faustdicken unterirdisch verlegten Leitung zum Umspannwerk nach Seßlach weitertransporiert wird. "Die Länge der Kabel ist bei diesem Windpark nicht unerheblich", erklärt Kohl: 2,3 Kilometer zwischen den einzelnen Anlagen, dazu 6 Kilometer bis zum Umspannwerk nach Seßlach. Dass dort auch der Strom der großen Seßlacher Solaranlage eingespeist wird, hat für Martin Demmeler schon fast was Symbolisches: "In Regionen wie dem Coburger Land ergänzen sich Windenergie und Photovoltaik geradezu perfekt." Im Winter bringen die Windräder Hochleistung, im Sommer brummt hingegen die Solarenergie.
Die stürmischen Tage der vergangenen Woche haben der deutschen Windkraft-Branche wieder ein bisschen die Stimmung vermiest. Dass ausgerechnet in dieser Phase der Höchstleistung für die Anlagen in Norddeutschland nicht der gesamte produzierte Strom mangels Bedarf ins Netz eingespeist werden durfte, sei "schon ärgerlich", sagt Demmeler. Der Projektleiter bei Green City Energy verweist aber darauf, dass es dem Windpark im Itzgrund "zu 99 Prozent" nicht passieren kann, dass er aus dem Netz genommen wird. Im süddeutschen Netz gebe es quasi keine Konstellation, in der keine Windenergie benötigt werde.
Nachgewiesen leise
Dass es zuletzt bei Bieberbach im Osten des Coburger Landes gewaltigen Ärger um den Windpark am Kraiberg gegeben hat, ist bei Martin Demmeler natürlich auch angekommen. Einen Kommentar zum anderen großen Windparkprojekt des Landkreises erspart sich der Projektleiter und verweist stattdessen auf das, was er zu den Welsberger Anlagen sagen kann: "Sie stammen nachgewiesener Maßen vom schallärmsten Hersteller." Die bei Welsberg aufgestellten Anlagen des Typs Nordex N 117 seien seit fünf Jahren auf dem deutschen Markt und inzwischen so etwas wie der Dauerbrenner. "Da weiß man als Bauherr, was auf einen zukommt", ist Demmeler ganz gelassen, was den künftigen Betrieb der Anlage angeht.Die Chance, einen Blick auf die Technik des "Bürgerwald"-Windparks zu werfen, wird die Bevölkerung bei der offiziellen Einweihung bekommen: Wann diese ist, vermag Martin Demmeler noch nicht zu prognostizieren. Aber sicher erst dann, wenn dieser kalte Nordost-Wind nicht mehr weht. "Wohl erst im Mai", vermutet der Projektleiter