Weitramsdorf beschließt 55 Cent mehr pro Kubikmeter Abwasser
Autor: Bettina Knauth
Weitramsdorf, Dienstag, 19. Dezember 2017
Für Abwasser müssen die Weitramsdorfer Bürger 2018 mehr zahlen. Gekehrt und gesäubert werden muss zukünftig "nach Bedarf".
3,20 Euro statt 2,65 Euro pro Kubikmeter: In Weitramsdorf steigen ab 1. Januar 2018 die Abwassergebühren. Das beschloss der Gemeinderat am Montagabend einstimmig in seiner letzten Sitzung des Jahres. "Die deutliche Erhöhung der zu deckenden Kosten ergibt sich aus der Tatsache, dass die Gemeinde derzeit ein qualifiziertes Kanalkataster erstellen muss", begründete Bürgermeister Wolfgang Bauersachs (BfB) diesen Schritt. Im gesamten Gemeindegebiet müssten alle Kanäle gespült und mit einer Kamera untersucht werden.
Auf fast 700.000 Euro bezifferte Bauersachs den ungedeckten Kostenaufwand, der nach Gutschreiben der Überschüsse aus 2016 und 2017 übrigbleibt. Allein für das Kataster sei mit 350.000 Euro zu rechnen. Nach Abzug des unveränderten Aufkommens an Grundgebühr (56.000 Euro) ergibt sich angesichts des jährlichen Abwasseranfalls von rund 200.000 Kubikmetern die neue Einleitungsgebühr. Der Kalkulation liegt ein Zinssatz von nur noch 2,5 Prozent (anstelle von 4 Prozent) zugrunde, den der Gemeinderat mit Blick auf das anhaltend niedrige Zinsniveau ebenso ohne Gegenstimme absegnete. Eine gute Nachricht fügte der Bürgermeister noch an: Nach Abschluss der umfangreichen Untersuchung "ist es wahrscheinlich, dass die Abwassergebühr im Jahr 2019 wieder sinken wird".
In einer Sitzung der einstimmig beschlossenen Satzungen und Vereinbarungen lockerten die Gemeinderäte ferner leicht die Reinigungs- und Sicherungsverordnung, vereinbarten die Zentrale Beschaffungsstelle der Stadt Coburg mit zu nutzen und dem Verein "Kommunale Archivpflege im Landkreis Coburg" beizutreten.
Anders als in der erst im April 2016 erlassenen "Verordnung über die Reinhaltung und Reinigung der öffentlichen Straßen und die Sicherung der Gehbahnen im Winter" schreibt die neue Satzung keine einmal monatliche Mindestreinigung mehr vor. Jetzt soll lediglich "nach Bedarf" gekehrt, Kehricht, Schlamm und sonstiger Unrat entfernt sowie Gras, Moos und Unkraut beseitigt und Abflussrinnen wie Kanaleinläufe gesäubert werden. "Was Bedarf ist, müssen im Zweifelsfall die Verwaltungsgerichte entscheiden", sagte Geschäftsleiter Heiko Geuß. Deren Urteile waren es auch, die zu der erneut veränderten Mustersatzung geführt und somit den jetzigen Neuerlass angeraten hatten. "Dem Bürger wird nicht noch mehr aufoktroyiert, er hat nun ein leichteres Spiel", kommentierte Bauersachs. Das höchstmögliche Bußgeld wurde allerdings von 500 Euro auf 1000 Euro verdoppelt. Gelten soll der neue Erlass für 20 Jahre.
Mit dem Abschluss der Zweckvereinbarung zur gemeinsamen Nutzung der Coburger Beschaffungsstelle trägt die Gemeinde dem immer komplexeren Vergaberecht Rechnung. Sie soll zunächst für fünf Jahre gelten und neben einem rechtskonformen und wirtschaftlichen Verfahren auch einen einheitlichen Standard gewährleisten. Von letzterem verspricht sich die Gemeinde u.a. eine vereinfachte Bearbeitung der Angebote. Bei 0,36 Euro pro Einwohner wird der Grundbetrag für Weitramsdorf rund 1800 Euro betragen; die Kosten für Ausschreibungen (je 250 Euro) und Vergaben (je 2500 Euro) werden jährlich nach tatsächlichem Aufwand abgerechnet. "Gerade bei öffentlich geförderten Maßnahmen ist eine rechtssichere Ausschreibung unerlässlich, um Zuschüsse aufgrund von Vergabefehlern nicht zurückzahlen zu müssen", betonte Geuß.
"Die Archivpflege ist ein komplexes Thema und ohne fachkundige Anleitung nicht im laufenden Verwaltungsbetrieb zu erledigen", empfahl der Geschäftsleiter dann den Beitritt zum gleichnamigen Verein. Schließlich gehe es "nicht nur um das bloße Aufheben und Aufbewahren von Unterlagen", vielmehr müsse auch entschieden werden, welche Unterlagen archivwürdig seien und welche vernichtet werden könnten. Zwar existiere in Weitramsdorf ein Archiv mit Akten aller Gemeindeteile bis zur Gebietsreform, doch "wäre nunmehr die Registratur ab 1978 zu durchforsten", so Geuß weiter. Diese Arbeit soll der Archivpfleger leisten. Wie groß der Anteil Weitramsdorfs an den auf 323.000 Euro geschätzten Kosten (für fünf Jahre) sein und wie viel seiner Arbeitszeit auf die Gemeinde entfallen wird, richtet sich danach, wie viele Landkreis-Kommunen mitmachen werden.
Wie der Bürgermeister erfreut mitteilte, wurden die Backhäuser von Altenhof, Schlettach und Weidach beim Förderprogramm "Backen und Brauen im Rodachtal" berücksichtigt. Der entsprechende Förderbescheid wurde der Initiative Rodachtal inzwischen übergeben. Für das einfache Dorferneuerungs-Programm des ALE könnten nun die Kosten beziffert und Anträge gestellt werden. "Wir können ein bisschen stolz sein, weil die Backhausfreunde in Schlettach hier den Anstoß gegeben haben", so Bauersachs.
Wo die Leute Sheriff spielen
Seit am Gauerstädter Berg das Schild "Land- und forstwirtschaftlicher Verkehr frei" aufgestellt wurde, kommt es zu massiven Beschwerden und Anzeigen durch Anwohner, wie Ulrich Kräußlich (FW-BV) schilderte. Er plädierte dafür, das Schild wieder zu entfernen. Es habe seinen Zweck erfüllt, weil weniger Personen die Strecke nützten, pflichtete ihm Andreas Carl (DGN) bei. "Ich kann nur jedem raten, der dort berechtigt durchfährt, darauf entsprechend hinzuweisen", empfahl Bauersachs. Dass die Anwohner dort "Sheriff spielten", habe aufzuhören.
Lüftungsanlage in hygienisch einwandfreiem Zustand
An der Hermann-Grosch-Grundschule besteht laut einem Experten nicht die Gefahr einer Keimbelastung, entgegen anderslautenden Medienberichten. Wie Bürgermeister Wolfgang Bauersachs am Montagabend mitteilte, hat ein Sachverständiger die Qualität der Lüftungsanlage in der Hermann-Grosch-Grundschule untersucht. "Der hygienische Zustand ist nicht zu beanstanden", lautet Bauersachs zufolge das Fazit des nun vorliegenden Berichts. Anlass waren die in einem Fernsehbeitrag des Wirtschaftsmagazins "Mehrwert" des Bayerischen Rundfunks beanstandeten angeblichen hygienischen Mängel. Darin hieß es, in dem Lüftungssystem könnten sich gesundheitliche Keime bilden. Nachdem der Experte die gesamte raumlufttechnische Anlage von der Ansaug- bis zur Ausblasstelle inspiziert und Proben genommen hatte, habe er hingegen "keine Bedenken hinsichtlich des Raumklimas und der Qualität der Luft" geäußert. Bauersachs kritisierte, dass der Bericht offensichtlich nicht fundierte Anschuldigungen enthalten und so unnötig für Verunsicherungen gesorgt habe.
Sender soll Stellung beziehen
Das in der Sendung gezeigte Foto, das als Beweis für die angebliche Keimbelastung diente, könne zudem nicht an der Ansaugöffnung aufgenommen worden sein. "Der Fotograf muss etwas anderes abgelichtet haben, weil er an diese Stelle normal nicht hinkommt", sagte der Bürgermeister. Nun werde er eine Stellungnahme des Senders einfordern.Marco Anderlik (CSU) plädierte dafür, eine Kopie des Berichts an den BR-Intendanten zu schicken, um die Qualität der Berichterstattung zu kritisieren. Auch die Projektanten sollten zu dem Thema öffentlich Stellung nehmen, forderte Ulrich Kräußlich (FW-BV). "Wir wollen nicht, dass diese Angelegenheit verpufft", bestätigte Bauersachs, "der beschädigte Ruf muss wiederhergestellt werden." Die Anlage werde jährlich gewartet, beantwortete der Rathauschef eine Nachfrage von Günter Tschech (ÜPWG). Bauersachs hob abschließend nochmals hervor: "Der Sachverständige bestätigte, dass die Anlage sich in einem sehr guten Zustand befindet."