Weißes Pulver alarmiert Justiz in Coburg
Autor: Simone Bastian
Coburg, Mittwoch, 11. Januar 2017
Noch weiß niemand, was der Umschlag enthielt, der am Mittwochvormittag im Justizgebäude geöffnet wurde. Für Donnerstag wird ein Zwischenergebnis erwartet.
Manchmal kommt in Landgerichtspräsident Anton Lohneis noch der langjährige Staatsanwalt durch: "Was da drin war, will ich spätestens morgen wissen - nein, heute!"
Heute war in diesem Fall Mittwoch, 11. Januar: Gegen 9.30 Uhr entdeckten die Angestellten in der Posteinlaufstelle des Justizgebäudes in der Ketschendorfer Straße eine "verdächtige Sendung", wie es in der Pressemitteilung der Polizeidirektion Oberfranken heißt. Der Brief war auf dem Postweg gekommen und wurde - wie alle anderen - maschinell geöffnet. Dabei rieselte weißes Pulver heraus, und als sie das bemerkten, verständigten die Mitarbeiter sofort die Polizei. Beamte der Coburger Polizeiinspektion sorgten für die Räumung der Poststelle. Zwei Feuerwehrmänner stellten, in orangefarbene Chemikalienschutzanzüge gehüllt, den Rest der unbekannten Substanz sicher. Der Notarzt und die Sanitäter von Bayerischem Roten Kreuz und ASB kümmerten sich um die neun Personen, die in der Posteinlaufstelle Dienst taten und möglicherweise mit dem Pulver in Kontakt gekommen waren. Sie wurden vorsorglich ärztlich untersucht.
Verletzte gab es offenbar nicht. Die Betroffenen mussten sich lediglich waschen - Handtücher aus Justizbeständen wurden beim Hausmeister angefordert. Schon nach kurzer Zeit war der Einsatz der Rettungskräfte im Wesentlichen vorbei. Die Feuerwehrleute schälten sich mit Hilfe ihrer Kameraden aus den Einweg-Schutzanzügen, die sofort in Beutel verpackt wurden, um entsorgt zu werden. Die normalen Feuerwehrschutzanzüge wurden vorbeugend mit Desinfektionsmittel abgesprüht. Polizisten der Coburger Kripo übernahmen die weiteren Ermittlungen.
Zwei Feuerwehrmänner brachten das sichergestellte und einen Beutel verpackte Pulver direkt in ein Speziallabor des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelicherheit in Oberschleißheim. Ein Zwischenergebnis der Laboruntersuchungen sei am Donnerstag zu erwarten, sagte eine Sprecherin des LGL
Ein Prozess unterbrochen
Dass die Öffentlichkeit den Vorfall mitbekam, hat auch damit zu tun, dass gestern am Landgericht ein Prozess mit hoher öffentlicher Aufmerksamkeit lief: Es ging um Brandstiftung in einer Coburger Arztpraxis. Katja Nauer, Reporterin fürs Coburger Tageblatt und infranken.de, bemerkte gegen 9.30 Uhr, dass Sanitäter ins Gebäude kommen, dachte sich aber zunächst nichts dabei: Dass medizinische Hilfe gebraucht wird, kommt hin und wieder vor.
Dann aber meldete sich Christian Müller, der Verteidiger des Angeklagten, zu Wort und monierte, dass die Öffentlichkeit der Verhandlung nicht mehr hergestellt sei: Einsatzfahrzeuge würden den Zugang zum Gericht blockieren; Zuhörer hätten keine Möglichkeit mehr, in das Gebäude zu gelangen. Das Gericht sah dies nach Rücksprache mit einem Mitarbeiter der Pforte zu diesem Zeitpunkt anders. "Zuschauer haben ungehinderten Zugang", ließ der Vorsitzende Richter am Landgericht, Christoph Gillot, die Anwälte wissen. Trotzdem wurde der Prozess wenig später unterbrochen. Andere Verhandlungen im Haus liefen aber ungehindert weiter, auch der Zutritt zum Haus war möglich.
Landgerichtspräsident Anton Lohneis unterbrach kurz eine laufende interne Besprechung und ließ sich über den Stand der Dinge unterrichten. "Vor dem allgemeinen Hintergrund ist man jetzt vorsichtiger als vorher schon", kommentierte er den vereinten Einsatz von Polizei und Rettungskräften.
Da waren die Hausmeister schon damit beschäftigt, die Türen zur Postmeisterei mit Folie abzukleben. Auch die Postfächer der ansässigen Anwaltskanzleien wurden abgeklebt, weil sie von innen erreichbar sind: Es sollte kein Stäubchen nach draußen gelangen. Wann und wie die Räume gesäubert werden, sollt erst entschieden werden, wenn klar ist, was sich in dem Brief befand.
Mitarbeit: Katja Nauer