Wechsel an der Spitze der Coburger SÜC
Autor: Simone Bastian
Coburg, Donnerstag, 26. Februar 2015
23 Jahre lang prägte Götz-Ulrich Luttenberger das Geschäftsgebaren der SÜC, formte den städtischen Eigenbetrieb zum Unternehmen um und machte sich auch in der Branche einen guten Namen - teils auch mit eigenwilligen Ideen.
Lob für den scheidenden, gute Wünsche für den neuen Geschäftsführer: Der stadteigene SÜC-Konzern steht ab Sonntag offiziell unter neuer Leitung. Wilhelm Austen, bis zum Jahresende 2014 Kämmerer der Stadt Coburg, steht dann an der Spitze. Am Donnerstag nahmen Politiker und Vertreter der Versorgerbranche Abschied von Götz-Ulrich Luttenberger, der die SÜC 23 Jahre lang geleitet hatte.
Als Luttenberger 1992 anfing, hieß der Betrieb noch "Städtische Werke/Überlandwerke Coburg". Doch schon seine Berufung war ein Novum, erinnerte sich Coburgs Alt-Oberbürgermeister Norbert Kastner (SPD). Zum einen bedeutete sie das Ende der bis dahin üblichen Doppelspitze bei den Städtischen Werken, weil die sich verkracht hatte.
Zum anderen holte der Stadtrat erstmals einen Werkleiter von außen mit Hilfe einer Personalberatung.
Das sorgte schon von politischer Seite für einigen Gegenwind, und "die Presse hatte gleich ein Feindbild", erinnerte sich Kastners Nachfolger, Oberbürgermeister Norbert Tessmer. Überhaupt: Luttenberger fing an, "und in der Ernst-Faber-Straße standen wir streikenden Busfahrer vor dem Tor", erinnerte sich Michael Blümlein, der Betriebsratsvorsitzende. Er rühmte wie andere Redner Luttenbergers Geradlinigkeit und seine Fähigkeit, "Klartext" zu reden. "Ein Gentlemen-Agreement kann man nur mit einem Gentleman machen", lobt Blümlein Luttenbergers Verlässlichkeit. Und: "Er hat das Unternehmen im Wettbewerb gehalten. Dafür gilt es den Dank der Belegschaft auszusprechen."
Der Wettbewerb kam einige Jahre nach Luttenbergers Berufung mit der Liberalisierung des Energiemarkts. 1998 wurden die SÜC in eine GmbH umgewandelt, 1999 die Tochtergesellschaften Bus & Aquaria GmbH sowie Energie & H 2 O GmbH ausgegründet. Die SÜC sind ein Konzern, die per steuerlichem Querverbund die Verluste im Nahverkehrs- und Schwimmbadbereich mit den Gewinnen aus dem Wasser- und Energieverkauf ausgleichen. Und Gewinne machen. Aber von so einer Selbstverständlichkeit war am Donnerstag gar keine Rede.
Zusammen mit dem langjährigen Aufsichtsratschef Norbert Kastner habe Luttenberger die SÜC vor dem Zugriff der großen Energiekonzerne bewahrt, sagte Tessmer. "Außer einer Tasse Kaffee gab's für die in Coburg nichts zu holen." Kastner selbst erinnerte daran, dass das nur dank der Konzernstruktur und den Haustarifverträgen möglich war. "Wir haben den Mitarbeitern an dieser Stelle einiges zugemutet." Luttenberger könne hart in der Sache verhandeln und sachlich bleiben - und er sei immer um einen Interessenausgleich zwischen Stadt und dem Unternehmen bemüht gewesen. Und Gegenwind mache dem passionierten Radfahrer "überhaupt nichts aus" - nur Hitze.
2005 übernahm Luttenberger auch die Geschäftsführung für das Kommunalunternehmen CEB, den Coburger Entsorgungs- und Baubetrieb. Auch hier wird im Austen nachfolgen.
Aber auch in der Branche machte sich Luttenberger einen Namen mit seinen deutlichen Worten. Thomas Schäfer, Geschäftsführer der Würzburger Versorgungs- und VerkehrsGmbH, berichtete, dass Luttenberger die "10-H-Regel", nach der Windkraftanlagen um das Zehnfache ihrer Höhe von Wohngebäuden entfernt sein sollten, als "10-Horst-Regel" bezeichnet habe - im Beisein von deren Erfinder, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer. Aber Luttenberger habe sich als Verbandsvorsitzender auch tatkräftig dafür eingesetzt, dass die kommunale Trinkwasserversorung von der EU-Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen wurde. Sonst hätten Städte und Gemeinden ihre Trinkwasserversorgung womöglich regelmäßig ausschreiben müssen, anstatt sie selbst zu übernehmen oder ihren eigenen Stadtwerken zu übertragen.
Luttenberger gehörte zu denen,die die Gründung des Verbands der bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW) vorantrieben. Dessen Geschäftsführer Detlef Fischer, trat kostümiert auf - als "kleiner Monsterstrommast", gezeugt im bayerischen Kabinett. "Jetzt bin ich im Kindergartenalter, und die in der Staatskanzlei wollen nichts mehr mit mir zu tun haben", spielte Fischer auf den Streit um neue Stromtrassen nach Bayern an. Luttenberger sei ein "großer Kämpfer für die Rechtssicherheit in der Versorgungswirtschaft". Just am Donnerstag wurden vom bayerischen Innenministerium die neuen Musterkonzessionsverträge genehmigt, die Luttenberger mit entwickelt hatte. Luttenberger war jahrelang Vorsitzender des Rechtsausschusses im VBEW.
"Wenn es Ihnen Spaß macht, bringen Sie sich weiter ein in die Energiewende", sagte Fischer und überreichte Luttenberger unter anderem ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Stromtrassen - ja, gerne". Denn als Ruheständler müsse Luttenberger keine Rücksichten mehr nehmen und dürfe sagen, dass Versorgungssicherheit ohne neue Stromtrassen von Nord- nach Süddeutschland nicht möglich sei.
Luttenberger blieb das Schlusswort. An die Politiker appellierte er, CEB und SÜC zu pflegen und zu behüten. "Sie haben da etwas Wertvolles." Gesellschafter beider Unternehmen ist die Stadt, vertreten durch den Oberbürgermeister beziehungsweise einem Stellvertreter. Beim CEB ist dies Zweite Bürgermeisterin Birgit Weber (CSU). Die Vertreter von SÜC und CEB bat Luttenberger: "Machen Sie mir keine Schande." Bessere Gesellschafter als die Stadt Coburg würden beide Unternehmen nicht finden. Mit "King of the Road" setzte das Bläserquartett der SÜC-Werkskapelle dann den Schlusspunkt.