Druckartikel: Was wird aus dem alten Betonklotz in Coburg?

Was wird aus dem alten Betonklotz in Coburg?


Autor: Oliver Schmidt

Coburg, Donnerstag, 26. November 2020

Genau das, was die Gegner des Projekts in der Leopoldstraße von Anfang an befürchtet hatten, ist eingetreten: Die "einfachen" Neubauten wurden schnell errichtet - der knifflige Umbau des DSZ hingegen liegt auf Eis.
Das ehemalige DSZ in Coburg steht mittlerweile als entkernte Bauruine da. Der Investor überarbeitet derzeit seine Pläne.Foto: Oliver Schmidt


Von der Oberen Leopoldstraße aus ist der Schandfleck besonders gut zu sehen. Wobei die Bezeichnung "gut" in diesem Zusammenhang höchst unpassend ist. Denn das, was am Rande des Hofgartens passiert (beziehungsweise nicht passiert) ist, ist schlecht. Entsprechend groß ist der Frust sowohl bei Anwohnern als auch bei Spaziergängern im Hofgarten - von dort ist der Betonklotz des ehemaligen DSZ nämlich ebenfalls "gut" zu sehen.

"Es ist genau das eingetreten, was wir befürchtet haben", sagt die Stadträtin Martina Benzel-Weyh (Coburger Liste), die im Juni 2016 zu den Teilnehmern einer Protestveranstaltung gehörte: Während die beiden Neubauten sehr schnell errichtet und auch zügig verkauft wurden, liegt der geplante - und äußerst knifflige - Umbau des ehemaligen DSZ auf Eis. Den entscheidenden Fehler, so Martina Benzel-Weyh, habe die Stadt mit dem Verkauf des sogenannten "Gefängnisgrundstücks" an den Investor gemacht (siehe dazu auch den Text unten: "Das Hin und Her um einen markanten Betonklotz").

Ersatzzahlung in Höhe von 50000 Euro

Dass am Donnerstag mit einer der größten Pflanzaktionen in der Geschichte des Hofgartens begonnen wurde, hat zwar mit dem DSZ-Projekt zu tun. Allerdings stellt Bernhard Ledermann vom Grünflächenamt stellt klar: "Die Pflanzungen wären auch dann erfolgt, wenn der Umbau des DSZ bereits wie geplant über die Bühne gegangen wäre." So wolle man ganz grundsätzlich "nachteilige Auswirkungen für den Hofgarten ausblenden" - egal, ob es sich in direkter Nachbarschaft des Landschaftsparks um eine Bauruine oder um eine fertiggestellte, mehrgeschossige Bebauung handelt.

Das Geld für die insgesamt 71 Bäume, die zwischen dem großen Kinderspielplatz und dem herzoglichen Mausoleum gepflanzt werden, stammt vom Investor des DSZ-Projekts. Denn um das Baufeld bestmöglich ausnutzen zu können, hatte dieser keinen Platz mehr für die Ersatzpflanzungen und Eingrünungsmaßnahmen, die ihm im Zuge der Baugenehmigung vorgeschrieben worden waren. Stattdessen tätigte er eine Ersatzzahlung in Höhe von 50000 Euro.

Premiere für die Bastardzypresse

Das Schutzschild, das nunmehr entsteht, soll aber nicht nur einfach grün sein. "Angesichts des Klimawandels haben wir uns für vielfältige und artenreiche Gehölze entschieden", erklärt Ledermann. Die Wahl fiel auf 30 verschiedene Arten, darunter 18 Laub- und zwölf Nadelbaumarten. Für einige Gattungen ist es eine echte Premiere im Hofgarten: eine Flügelnuss, eine Libanonzeder oder auch eine Bastardzypresse gibt es bislang dort noch nicht.

Ledermann schätzt, dass sein Team eineinhalb Wochen für die Pflanzungen benötigt. Allen voran vom Zweiten Bürgermeister Hans-Herbert Hartan (CSU) gab es dafür beim Ortstermin am Donnerstag ein dickes Lob: "Unser Grünflächenamt macht eine tolle Parkpflege!" Den Hofgarten bezeichnet Hartan als "identitätsstiftend für Coburg". Er habe nicht nur eine wichtige ökologische Funktion, sondern auch eine gesellschaftliche. "Hier geht man gerne hin!"

Nichts Neues vom Investor

Auf Tageblatt-Nachfrage beim Investor, der mittlerweile nach Forchheim umgezogenen Firma Projekt Bauart, war am Donnerstag zu erfahren, dass man aktuell nichts zu dem Vorhaben sagen könne. Es gelte die Aussage vom Oktober, wonach die Pläne überarbeitet und dann der Stadt vorgestellt werden.

CHRONOLOGIE

Das Hin und Her um einen markanten Betonklotz

Vorgeschichte Das Diakonisch-Soziale Zentrum (DSZ) befand sich seit Anfang der 1970er Jahre in einem mächtigen Gebäudekomplex zwischen der Leopoldstraße und dem Hofgarten. Als die Räumlichkeiten zu eng wurden, erfolgte ein Umzug der diversen DSZ-Einrichtungen (Schule, Internat, Kindergarten) in Neubauten auf der Bertelsdorfer Höhe. Juni 2015 Der Diakonie fällt ein Stein vom Herzen - um nicht zu sagen: ein ganzer Betonklotz! Für den DSZ-Komplex konnte ein Käufer gefunden werden. Es handelt sich dabei um die Firma Projekt Bauart, die in den DSZ-Gebäuden 70 bis 80 Wohnungen errichten möchte. Ein Abriss wird ausgeschlossen. So erklärt Bauart-Geschäftsführer Thomas Siebenhaar bei einem Pressegespräch: "Das DSZ hat eine unwahrscheinlich gute Bausubstanz aus den 70er-Jahren, die in den Hang hineingebaut wurde. Man könnte es heute nicht besser bauen. Es wäre ein Frevel, das abzureißen." Dezember 2015 Es wird bekannt, dass die Firma Projekt Bauart noch ein weiteres Grundstück in der Leopoldstraße gekauft hat - und zwar die Fläche direkt neben dem DSZ, auf der sich früher das Gefängnis befand. Bisheriger Eigentümer war die Stadt Coburg. Dass sämtliche Diskussionen und Beschlüsse zu diesem Deal hinter verschlossenen Türen stattfanden, stößt auf Kritik. Juni 2016 Fast einhundert Anwohner demonstrieren gegen das Bauvorhaben. Die aktualisierten Pläne des Investors sind ihnen nämlich nicht geheuer. So ist mittlerweile vorgesehen, als erstes einen Neubau auf dem (unbebauten) "Gefängnisgrundstück" zu errichten - erst anschließend soll der DSZ-Komplex umgestaltet werden. Die Anwohner befürchten, dass der Investor das Interesse am sehr aufwendigen DSZ-Umbau verlieren könnte, wenn er st einmal "das schnelle Geld" mit den Neubauten verdient ist.

Ende 2016 Baubeginn! Es wird bekannt, dass der erste Neubau-Komplex von der Firma Brose gekauft wird. Im Mai 2018, so der ehrgeizige Plan, sollen die 17 Mitarbeiter-Wohnungen fertig sein. Mai 2018 Zeitplan eingehalten! Die "Brose-Wohnungen", die den ersten Bauabschnitt des Gesamtprojekts DSZ darstellen, sind fertig. Kurz darauf kann auch bereits Richtfest gefeiert werden für ein zweites neues Gebäude, das bis Dezember 2018 fertig sein soll. Dezember 2018 Auch der zweite Neubau ist termingerecht fertig. Jetzt gilt der Blick dem kniffligen Umbau des DSZ-Komplexes.

Juli 2019 Projekt Bauart teilt mit, dass es mit dem Generalunternehmer, der das DSZ umbauen sollte, Differenzen gab. Daraufhin folgte die Trennung. Nun muss ein neuer Generalunternehmer gesucht werden. Vor Mitte 2020, so die Prognose, werde der aber wohl nicht loslegen können. Oktober 2020 Bauart-Geschäftsführer Siebenhaar kündigt an, dass man den DSZ-Komplex nun wohl doch abreißen wolle, um anschließend auf der Fläche Neubauten zu errichten. Das neue Konzept soll Anfang November der Stadt vorgestellt werden. Der vereinbarte Termin wird dann aber kurzfristig wieder abgesagt.s