Wir bewegen uns grundsätzlich weg von diesem Auftraggeber-Auftragnehmer-Prinzip, sondern entwickeln das ganze Haus dahin, dass wir den Kundennutzen in den Mittelpunkt stellen. Dann bauen wir Serviceteams. Wir fangen bei der Kundenschnittstelle an, gehen dann in die Konzipierung: "Was ist der Mehrwert?" Anschließend folgt die technische Umsetzung. Wir als "Digitale Services" arbeiten niemals allein. In den Teams sitzen immer auch Leute aus den Fachabteilungen, aus dem Aktuariat, aus dem Marketing oder der HUK24. Wir begleiten andere Abteilungen dabei, die Vision zu kreieren, das zu entwickeln, und realisieren das dann auch.
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st auch daran gedacht, das für interne Angebote zu nutzen, also die Beschäftigten als Kunden zu betrachten, denen man das Arbeitsleben erleichtern möchte?
Es geht um clevere Lösungen, und die wollen wir intern schaffen wie extern. Wir sehen uns interne Prozesse und Herausforderungen daraufhin an, wie wir sie optimieren können. Da geht es um den Arbeitsalltag, zum Beispiel in der Schadenbearbeitung. Wie vereinfachen wir das so, dass die Maschine vielleicht die einfacheren Tätigkeiten übernimmt und der Mitarbeiter sich auf die telefonische Betreuung des Kunden konzentrieren kann, so dass wir den Servicelevel erhöhen. Aber unsere Kapazitäten sind aktuell noch limitiert. Wir sind seit einem halben Jahr in der Konzeption und seit Anfang des Monats aktiv. Wir haben derzeit etwa 60 Kollegen an Bord und wir wollen bis zum Jahresende auf etwa 90 wachsen. Aber grundsätzlich sind das Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen können.
Sie werden aber gar nicht alle Kunden auf dem digitalen Weg erreichen können. Viele, vor allem ältere, werden das vielleicht gar nicht wollen?
Wir wollen uns auf gar keinen Fall von den Kunden entfernen. Die haben aber unterschiedliche Bedürfnisse. Wenn ich jetzt einen 25-jährigen Versicherten habe, der einen Glasbruchschaden hat, der hat gar nicht unbedingt Lust, mit uns zu telefonieren. Der möchte das über seine App abwickeln. Als Nächsten habe ich vielleicht jemanden, der einen schweren Pkw-Schaden hat. Der möchte betreut und begleitet werden. Das heißt, unser Ziel ist nicht, den direkten und persönlichen Kontakt zu ersetzen. Wir möchten ihn ergänzen.
Sie bieten bereits Apps fürs Smartphone an, zum Beispiel in der Autoversicherung oder der privaten Krankenversicherung.
Wir möchten uns in drei Ökosysteme entwickeln, neben den klassischen Versicherungsprodukten. Das eine System ist Mobilität, das andere Gesundheit, das dritte Zuhause. Die App "Meine Gesundheit" zum Beispiel soll Anlaufpunkt für Gesundheitsfragen sein. Der Versicherte kann darüber seine Abrechnung einreichen und mit uns interagieren. Wenn er aber sagt, "Ich habe Vertrauen zur HUK-Coburg", dann kann er darüber auch in eine virtuelle Sprechstunde mit seinem Arzt gehen, was ja Bundesgesundheitsminister Spahn momentan sehr weit vorantreibt. Der Kunde könnte auch das Partnernetzwerk der HUK nutzen, zum Beispiel beim Kauf einer neuen Brille. Oder er hat Rückenprobleme und kann die Rückenschule nutzen. Wir wollen diese Ökosysteme erweitern, damit wir für den Kunden auch neben der Versicherung relevant sind.
Allerdings müssen Sie auch den Datenschutz beachten. In einer Gesundheitsapp hinterlasse ich doch sofort Daten, wenn ich zum Beispiel Rückenschule mache.
Da gibt es unterschiedliche Bereiche in einer App. Das eine ist ein interner, eingeloggter Bereich für die Versicherten. Die Daten, die er dort eingibt, erhalten wir jetzt auch schon für seinen Versicherungsschutz. Außerhalb des geschützten Bereichs kann der Kunde vielleicht nach Symptomen recherchieren oder Rückenschule machen. Da lesen wir nicht mit, das ist außerhalb des Versicherungsbereichs. Diese Services werden in der Regel von Dritten gekauft und bereitgestellt.
Es gab viele Fälle, wo Frauen zum Thema Schwangerschaft im Internet suchten, und prompt erhielten sie Werbung für Babykleidung.
Das ist der Klassiker, das kennen wir von Facebook, Google und Co. Das schließen unsere Rahmenbedingungen aus. Wir stehen für Vertrauen und vor allem für Integrität. Die Integrität ist ein wertvolles Gut in Verbindung mit dem Vertrauen, das unsere Versicherten haben. Und das werden wir auch schützen. Beim Thema IT-Sicherheit und Datenschutz ist keine Toleranz für Interpretation und für Fehler. Das garantieren wir.
Sie sagten vorhin: Das Unternehmern muss diesen Weg noch nicht gehen. Die Digitalisierung ist von oben gewollt. Was ist Ihr Eindruck: Gehen auch die Mitarbeiter den Weg gern mit, oder stehen sie dem Ganzen eher vorsichtig abwartend gegenüber?
Sowohl als auch. Wir bringen hier schon eine Veränderung in das Unternehmen, mit der es erst einmal umgehen muss. Aber insgesamt empfinde ich die Reaktion als positiv, und ich glaube, wir können an der einen oder anderen Stelle schlummernde Potenziale wecken. Insbesondere auf der operativen Ebene freuen sich die Mitarbeiter, dass wir diese Themen jetzt fokussiert angehen. Denn die Mitarbeiter bewegen sich ja im privaten Kontext auch in einer digitalen und intuitiven Welt, so dass sie sich freuen, dass wir diesen Weg gehen und das Potenzial erkennen. Deswegen glaube ich, dass er erfolgreich sein wird.
Die Apps für Gesundheit und das Auto gibt es bereits seit einer Weile?
Erst mal ist der Fokus darauf gerichtet, diese Abteilung zu etablieren. Die genannten Apps gibt es bereits. Mit den anderen Services sind wir jetzt in der Konzipierung und in der Ausrichtung und werden sie nach und nach entwickeln. Wir haben noch Riesenpotenziale bei der Automatisierung und der Künstlichen Intelligenz. Die Frage ist, wie wir die Schnittstellen hinkriegen. Denn das digitale Arbeitsgerät muss die Mitarbeiter unterstützen.