Was noch fehlt, damit der ICE fahren kann
Autor: Berthold Köhler
LKR Coburg, Donnerstag, 24. August 2017
Gut ein viertel Jahr vor Beginn des fahrplanmäßigen Verkehrs gibt die Bahn "grünes Licht" für den Abschnitt im Coburger Land.
108 Tage noch. Mit dem Fahrplanwechsel in der Nacht auf den Sonntag, 11. Dezember, beginnt der regelmäßige Zugbetrieb auf der ICE-Neubaustrecke zwischen Ebensfeld und Erfurt. Im Endspurt bis zum fahrplanmäßigen Verkehr steht die Sicherheit im Vordergrund. "Derzeit finden fast jedes Wochenende Rettungsübungen auf der Strecke statt", sagt Frank Kniestedt, bei der Bahn der Pressesprecher für Großprojekte ist. Zwei dieser Übungen stehen auch für die Feuerwehren aus dem Coburger Land auf dem Programm.
Bis zum ersten wichtigen Termin sind es nur noch vier Wochen: Dann gibt es eine Rettungsübung im Tunnel "Eierberge" an der Landkreisgrenze zwischen Coburg und Lichtenfels. "Da werden alle Organisationen alarmiert, die bei einem Brand oder einem Unfall in einem Tunnel gebraucht werden", sagt Manfred Lorenz der Coburger Kreisbrandrat. Dementsprechend wird am Tag vor der Bundestagswahl ein Großaufgebot an den Fuß der Eierberge ausrücken. "800 Personen, mindestens", rechnet Lorenz.
An erster Stelle der Alarmierungskette stehen die Tunnelbasiseinheiten. Diese bestehen aus Mitgliedern verschiedener Feuerwehren, neun davon gibt es im Landkreis. Die Ausrüstung, teils finanziert von der Deutschen Bahn, ist bei den Feuerwehren im Coburger Land inzwischen angekommen. "Jetzt geht es darum, die Technik in den Griff zu bekommen", erklärt der Kreisbrand. Üben, üben, üben - fast jeden Samstag treffen sich irgendwo entlang der Neubaustrecke im Coburger Land die Einsatzkräfte, um die Ausrüstung und die Einsatzpläne zu trainieren.
Mit Spannung erwartet der Coburger Kreisbrandrat die Übung am Samstag, 21. Oktober. Diese findet auf der Brücke am Froschgrundsee statt - eine besondere Herausforderung, alleine schon wegen der Höhe. Das Eisenbahnbundesamt sieht da offensichtlich nicht so, denn nach dem derzeitigen Stand der Dinge werden Brücken nicht anders behandelt als die freie Strecke. Das heißt: Es gibt, im Gegensatz zu den Tunnelbauwerken, keine festgelegten Rettungspläne. Deshalb erhofft sich Manfred Lorenz von der Oktober-Übung "wichtige Erkenntnisse", was bei Unglücksfällen oder Pannen auf Brücken zu beachten ist. Zumindest auf großen Brücken wie der über den Froschgrundsee (65 Meter hoch, 798 Meter lang) werden man am Ende wohl um Rettungspläne nicht herumkommen, vermutet der Kreisbrandrat.
Auf der Strecke derweil, sagt Bahn-Sprecher Kniestedt, sind die baulichen Aktivitäten im Bereich der "Schönheitsarbeiten" angekommen. Anfang der Woche wurde in Unterleiterbach (Landkreis Lichtenfels) das elektronische Stellwerk in Betrieb genommen, damit sind die Neubau- und die Bestandsstrecke von der Sicherungstechnik her miteinander verknüpft.
Es fahren schon Züge
Wer in diesem Tagen ein bisschen Zeit hat, der kann von einem Platz mit guter Sicht auf die Neubaustrecke aus die täglichen Testfahrten beobachten. Und vielleicht sogar "exotische Fahrzeuge" (sagt Frank Kniestedt) beobachten: Die Züge, die seltsam ausschauen, sind vermutlich im Rahmen von Schallmessfahrten unterwegs. Mit anderen ICE-Fahrzeugen der unterschiedlichen Generationen werden die Steuer- und Sicherungstechnik getestet sowie die Zugführer geschult. Die Arbeiter, die fast ein Jahrzehnt im Coburger Land auf der Strecke im Einsatz und teilweise auch in Hotels, Gaststätten und Pensionen untergebracht waren, sind inzwischen fast alle zu anderen Baustellen weitergezogen.Mit dem Beginn des regulären Verkehrs auf der Neubaustrecke ist es mit Übungsmöglichkeiten für die Feuerwehren im Coburger Land dann vorbei. "So wie es jetzt ist, wird es nie mehr sein", sagt Kreisbrandrat Manfred Lorenz - und er wird dabei kein bisschen melancholisch. Sicher, "alle paar Jahre" werde es die Möglichkeit geben, die Rettungspläne durchzuspielen und örtlichen Gegebenheiten kennenzulernen. Aber der Zeitrahmen dafür ist eng bemessen, wie Lorenz bei einer Übung entlang der ICE-Strecke zwischen Nürnberg und München von Feuerwehrkollegen erzählt bekam. Ein paar Stunden, idealerweise während der Zeitumstellung im Dezember (wenn die Züge der Bahn eine Stunde stillstehen), mehr sei nicht drin. Unverständlich sei das letztlich aber nicht, sagt Lorenz: "Die Bahn ist interessiert daran, dass die Eingriffe in den Verkehr möglichst gering ausfallen."
Rund um die ICE-Neubaustrecke
Bahnhof Coburg: Im Plan liegen nach Angaben von Frank Kniestedt (Pressesprecher für Großprojekte bei der Bahn) die Arbeiten, um den Bahnhof fit für das ICE-Zeitalter zu machen. Der neue ICE-Bahnsteig 2 hat zwei 405 Meter lange Bahnsteigkanten; die Bahnsteige 1 und 3 für den Nahverkehr werden 210 Meter lang. Breitengüßbach: Wer sich über die Arbeit entlang der ICE-Neubaustrecke informieren will, kann dies nur noch heute und morgen von 12 bis 19 Uhr im Info-Container der Deutschen Bahn in Breitengüßbach tun. Danach das Gebäude in der Bahnhofstraße endgültig geschlossen - der nächste Info-Point wäre dann Forchheim.