Ohne zukunftsfähigen Verkehrslandeplatz werden weitere Arbeitsplätze von Coburg nach Bamberg verlagert. Brose-Chef Jürgen Otto verteidigt diese Aussage.
Brose hat in diesen Tagen sehr beeindruckende Geschäftszahlen vorgelegt (siehe dazu die Box unten). Im Gespräch mit dem Tageblatt verrät Jürgen Otto, der Vorsitzende der Brose-Geschäftsführung, nicht nur das Erfolgsgeheimnis, sondern blickt auch in die Zukunft. Denn die Automobilindustrie bleibt weiter in Bewegung, und Brose will dann auch weiter eine entscheidende Rolle als Zulieferer spielen.
infranken.de:Herr Otto, mit Brose geht es weiter steil nach oben. Im vergangenen Jahr wurde mit einem Umsatz von 6,1 Milliarden Euro schon wieder ein neuer Rekord aufgestellt. Können Sie uns das Erfolgsgeheimnis verraten?Jürgen Otto: Wir haben ein attraktives Produktprogramm. Schon vor Jahrzehnten haben unsere Eigentümer die richtigen Weichen gestellt. Wir konzentrieren uns auf Mechatronik und sorgen für mehr Komfort und Sicherheit im Auto.
Durch die frühzeitige Internationalisierung unserer Aktivitäten sind wir heute global erfolgreich. Wichtig sind uns dabei die Menschen bei Brose. Was uns eint, ist der höchste Anspruch an Qualität und Effizienz. Damit können wir in einer wettbewerbsintensiven Branche wie der Automobilindustrie bestehen. Unsere Kunden schätzen dieses Streben nach Qualität und Zuverlässigkeit und unser schnelles Reaktionsvermögen. Das ist nur durch eine weltweite Organisation und standardisierte Prozesse möglich. Die zentrale Steuerung erfolgt im Schwerpunkt von unseren fränkischen Standorten Coburg, Bamberg und Würzburg aus. Das hilft uns, besonders effizient zu arbeiten.
Noch einmal zu den Menschen bei Brose. Wie gelingt es Ihnen, die Mitarbeiter zu motivieren?Wir haben einen hohen Anspruch an uns selbst. Der Wille, jeden Tag ein Stück besser zu werden, ist Grundlage für den Erfolg.
Dieser wiederum motiviert das gesamte Team. Wir wissen, dass wir bei Brose viel von unseren Mitarbeitern verlangen. Dafür bieten wir ihnen aber auch überdurchschnittliche Möglichkeiten, um Beruf und Familie zu vereinbaren, zum Beispiel Gesundheits- und Fitnessangebote, eine sehr gute Verpflegung oder Kinderbetreuung.
Die Gesellschafterversammlung hat beschlossen, alle Mitarbeiter in Form von Sonderzahlungen erneut am unternehmerischen Erfolg teilhaben zu lassen.Ja, wir geben gerne etwas zurück. Den Gesellschaftern ist es wichtig, sich bei allen Mitarbeitern weltweit für die sehr gute Arbeitsleistung zu bedanken. Das gilt auch für unsere Zeitarbeitnehmer. In diesem Jahr beteiligen wir unsere Beschäftigten sogar noch stärker am Erfolg als bisher.
Brose hat im vergangenen Jahr alleine 470 Millionen Euro für Forschung und Technik ausgegeben.
Ist das der Garant, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein? Oder, anders gefragt: Welche neuen Produkte können Ihren Forschern denn überhaupt noch einfallen?Wir müssen weiterhin auf die richtigen Themen setzen. Für uns sind das im Wesentlichen drei Trends.
Erstens: Die Elektromobilität. Viele Hersteller haben inzwischen das Ziel, bis 2025 ein Viertel ihrer Fahrzeugmodelle mit Elektroantrieb oder als Hybrid anzubieten. Wir wollen mit verschiedenen Produkten einen Beitrag leisten, etwa mit elektrifizierten Nebenaggregaten wie Klimakompressoren.
Ein zweites Thema ist das autonome Fahren. Ab 2020 wird das zumindest auf Teilstrecken verstärkt zum Einsatz kommen. Dem Fahrer eröffnet das neue Möglichkeiten: Das Auto kann dann während der Fahrt vor allem zum Arbeiten genutzt werden oder ab und zu auch zum Entspannen.
Und drittens beschäftigen wir uns mit dem komfortablen Fahrzeugzugang.
Mit unserer Kompetenz bei Türsystemen und Heckklappen haben wir einen elektrischen Seitentürantrieb entwickelt. Das ist ein Thema, das stärker kommen wird.
Gibt es räumliche Schwerpunkte, wo sie wachsen wollen?Wir wachsen global. Überall dort, wo sich die Bevölkerung entwickelt, gibt es einen Drang zu Mobilität. Das wird in China der Fall sein, aber auch in Nordamerika. Das sind die Märkte, wo wir sicher noch Potenzial für weiteres Wachstum haben.
Bis am Berliner Ring das neue Betriebsgebäude eröffnet werden konnte, hat sich die Stadt Bamberg sehr ins Zeug gelegt, um Brose diese Ansiedlung zu erleichtern. Sieht so ein Engagement aus, wie Sie es sich zum Beispiel auch von der Stadt Coburg schon immer wünschen?Man muss schon lobend erwähnen, wie sich die Verantwortlichen der Stadt Bamberg von Anfang an engagiert haben.
Bamberg hat sich im Wettbewerb mit den Standorten Coburg und Würzburg vorne positioniert und letztlich behauptet.
Aber das Verhältnis zur Coburger Stadtspitze hat sich verbessert?Ja, es gibt spürbare Veränderungen. Seit Norbert Tessmer Oberbürgermeister ist, erleben wir eine konstruktive Zusammenarbeit. Die Stadt ist bemüht, die Entwicklung der gesamten Industrie zu fördern - das schätzen wir sehr positiv ein.
Trotzdem haben Sie bei der besagten Eröffnungsfeier in Bamberg gesagt, dass weitere Arbeitsplätze von Coburg nach Bamberg verlagert werden, wenn sich bestimmte Dinge in Sachen Infrastruktur in Coburg nicht ändern.Das war ein Signal für unsere Mitarbeiter und besonders für die Coburger Bevölkerung. Wir wollen uns nicht vorwerfen lassen, nicht frühzeitig informiert zu haben.
Ein voll funktionsfähiger Verkehrslandeplatz und eine gute Infrastruktur sind für unser Unternehmen lebensnotwendig. Deshalb werden wir von dieser Forderung nicht abrücken.
Ohne diese Infrastruktur verlieren vor allem unsere vielreisenden Mitarbeiter jede Menge Zeit auf der Straße. Also werden wir diese Beschäftigten dort ansiedeln, wo wir die nötige Infrastruktur vorfinden. Eine solche Umsiedlung ist zwar aufwändig, wäre langfristig aber der richtige Schritt.
Aber noch haben Sie Hoffnung, dass es mit dem bei Neida geplanten Bau eines neuen Verkehrslandeplatzes klappt?Die klare Mehrheit unserer Bevölkerung und die politische Führung in Stadt und im Landkreis haben die Notwendigkeit eines zukunftsfähigen Verkehrslandeplatzes für unsere Region erkannt und stehen hinter dem Projekt.
Der Flugplatz, der sich beim neuen
Brose-Betriebsgebäude in Bamberg befindet, ist aber auch nicht uneingeschränkt nutzbar.Die Stadt Bamberg hat im Zusammenhang mit unserer Ansiedlung den Flugplatz Breitenau sehr gut ausgebaut. Die Bahn ist nun doppelt so lang und breiter als auf der Brandensteinsebene, die Betriebsgebäude sind neu und für Helikopter erwarten wir in Kürze die Instrumentenflugerlaubnis. Sollte dies in Coburg für die Flächenflugzeuge entfallen, bleibt uns nur noch Nürnberg, um wetterunabhängig zu fliegen und dieser Platz ist von Bamberg aus besser erreichbar als von Coburg. Von unseren Dienstreisen im Jahr werden etwa zehn Prozent mit unseren Firmenflugzeugen durchgeführt.
Sie haben sich auch kritisch zum künftigen ICE-Halt am Coburger Bahnhof geäußert. Ab Dezember 2017 wird es drei Halte am Tag geben, jeweils in beide Richtungen.
Das ist aber doch eine Verbesserung zum jetzigen Zustand ganz ohne ICE.Die Region Coburg hat die Chance, in Dörfles-Esbach einen ICE-Halt zu bekommen, durch Uneinigkeit verspielt. Bamberg wird im Stundentakt angeschlossen
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Brose wird etliche Wohnungen kaufen, die in Coburg in der Leopoldstraße entstehen. Dürfen wir das - bei aller Kritik an der Infrastruktur - als ein Bekenntnis zum Standort Coburg verstehen?Wir brauchen Wohnraum für Mitarbeiter in ihrer Einarbeitungsphase. Wo diese Mitarbeiter auf Dauer eingesetzt werden, ist noch offen.
Wenn Sie - rein geschäftlich - einen Wunsch frei hätten: Welcher wäre das?Für Coburg wünsche ich mir, dass die Infrastruktur verbessert wird und die Bevölkerung erkennt, dass nur so die Wirtschaft, Arbeitsplätze und der Lebensstandard erhalten werden können.
Ein wichtiger Aspekt ist für uns auch die Bildung. Wenn der Standort für die nächsten Generationen attraktiv bleiben soll, müssen wir Projekte wie das "Band der Wissenschaft" am Schlachthof und am Güterbahnhof vorantreiben. Wir engagieren uns an der Hochschule Coburg und am Technologietransferzentrum Automotive. Was wir brauchen, ist eine stärkere Orientierung an den Bedarfen der Unternehmen in der Region, so wie es am Institut für Sensor- und Aktortechnik bereits der Fall ist. Der Fokus sollte auf einer Symbiose von Wissenschaft und heimischer Wirtschaft liegen.
Bilanz Mit 6,1 Milliarden Euro hat Brose im vergangenen Jahr einen neuen Umsatz-Rekord erzielt (plus 17 Prozent). Die Produktion in Coburg erreichte einen Umsatz von 630 Millionen Euro (plus 10 Prozent). Zudem wurden etwa 140 neue Arbeitsplätze in der Region geschaffen, die Mitarbeiterzahl am Standort Coburg liegt damit jetzt bei rund 3700, davon
760 in Forschung und Entwicklung, sowie weitere 1700 bei Lieferanten. An seine Mitarbeiter in Coburg zahlte Brose Nettolöhne und - gehälter von mehr als 116 Millionen Euro aus. Für rund 180 Millionen Euro kaufte der Automobilzulieferer bei heimischen Lieferanten ein. Weltweit investierte Brose im letzten Jahr 360 Millionen Euro in Gebäude und Technik, davon flossen 41 Millionen Euro nach Coburg.
"...nicht frühzeitig informiert zu haben"
Genauso arbeitet Brose an allen Standorten: "informieren", in Wirklichkeit aber drohen. Und die willigen Politiker knicken ein - der Steuerzahler löffelt die Suppe schon aus. Ich glaube nicht, dass die Millionen, die Bamberg ausgegeben hat, um Brose hierher zu locken, jemals als Gewerbesteuereinnahmen an die Stadt zurückfließen.
Fazit: Erpressung der Kommunen mit dem Totschlagargument Arbeitsplätze.
"Die klare Mehrheit unserer Bevölkerung...haben die Notwendigkeit eines zukunftsfähigen Verkehrslandeplatzes für unsere Region erkannt und stehen hinter dem Projekt."
Da kann man sich nur noch totlachen! Herr Otto, lesen Sie doch mal in der NP nach, wie sich Mitglieder der Regierung Oberfranken in dieser Woche zu Ihrem Projekt und zu den Möglichkeiten auf der Brandensteinsebene geäußert haben. Es wird Zeit, aufzuwachen...!