Was Esel die Menschen lehren
Autor: Bettina Knauth
Krumbach, Donnerstag, 19. Sept. 2019
Mit zwei Vierbeinern durchquerten zwei Regensburger Studenten Bayern von Süd nach Nord. In Krumbach endete ihre Reise. Was die beiden dazu bewogen hat.
Das Begrüßungsschnauben von Dolli und ihrer Mutter Dudith wird Artur Petker am meisten vermissen. In den letzten sechs Wochen wurden der 23-jährige Student und seine Freundin Josefine Plachetka jeden Morgen von den beiden Eseln mit diesem erfreuten Laut des Erkennens empfangen. Knapp zwei Stunden später machten sich die vier gemeinsam Tag für Tag auf den Weg gen Norden. Am Mittwoch traten sie von ihrem letzten Quartier im Seßlacher Stadtteil Krumbach aus die Heimreise an.
Wie kam das Paar darauf, sich ausgerechnet mit den als störrisch geltenden Vierbeinern auf den Weg zu begeben? "Die Idee haben wir uns von meiner Mama Uschi ausgeliehen", berichtet Josefine, genannt "Fini". Ihrer Mutter gehören die beiden Esel, mit denen Ursula Plachetka auch schon wanderte. "Und als sie sagte, wenn sie noch jünger wäre, würde sie sich auf eine längere Tour begeben, haben wir uns gedacht, dass wir das doch machen können", so die 22-Jährige weiter.
Schnell entstand der Plan, in den Sommersemester-Ferien von Geltendorf am Ammersee aus entschleunigt in acht Wochen einmal quer durch Deutschland zu wandern. "Nächstes Jahr werden wir beide mit dem Studium in Regensburg fertig, dann bleibt wohl dafür keine Zeit mehr", fügt die junge Frau hinzu.
Um "raus aus ihrer studentischen Blase zu kommen" und Land wie Leute kennenzulernen, machten sich die beiden vor sechs Wochen auf den Weg. Ursprünglich hatten die beiden angehenden Grundschullehrer Husum als Ziel auserkoren. "Das war aber nicht machbar", erklärt Artur, "denn wir gehen ja nicht Luftlinie, sondern laufen lieber die schönen Strecken."
Der Weg ist das Ziel
Außerdem erwiesen sich die angepeilten gut 20 Kilometer täglich als zu optimistisch. So beschränkten sich die beiden Wanderer auf zehn Tageskilometer. "Es geht ja schließlich nicht darum, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, sondern um den Weg an sich", sagt seine Partnerin. Die Reduzierung der Strecke habe "viel Druck rausgenommen", fügt sie hinzu. Das anfängliche Navigieren mit Tablet, Offline-Karten und GPS gaben die beiden ebenfalls schnell auf. "So konnten wir uns auch mal verlaufen, was auch oft genug passiert ist", erzählt Artur schmunzelnd.
Vom grünen, saftigen und flachen Gelände am Ammersee bewegten sich die beiden "Naturmenschen", wie sie sich selber bezeichnen, Stück für Stück Richtung Franken, wo sie es nicht nur überraschend hügelig, sondern auch "sautrocken" finden. Aufgenommen wurden sie nur in Mittelfranken zunächst nicht freundlich. Doch für jeden Abend fanden sie eine Möglichkeit zum Schlafen, meist bei Landwirten, in deren Betrieb sie gleich auch noch reinschnuppern konnten. Überhaupt, so schildert es Fini, seien es die Unterkünfte und die Gespräche mit den Gastgebern, die am meisten in Erinnerung bleiben. "Der Weg verschwamm dagegen schnell zu einem Brei."
Bayern überraschte sie
Für Unterkunft und Essen zahlten die zwei fast nie etwas. Und immer fand sich ein Plätzchen für die beiden Esel. Überrascht hat die Reisegefährten, dass sich Landschaft, Leute und Dialekt regelmäßig binnen 20 Kilometern veränderten. Ihre Erkenntnis: "Unsere Heimat hat viele Gesichter". Manchmal schauten sie sich ihre Fotos an und fragten sich dann: "Ist das wirklich in Deutschland?"