Warum ein 55-Jähriger aus dem Landkreis Coburg seinen Bruder töten wollte
Autor: Jannik Reutlinger
Coburg, Freitag, 07. Sept. 2018
Ein jahrelanger Familienstreit im Coburger Landkreis endete mit einem Mordversuch. Ein 55-Jähriger wollte seinen 50-jährigen Bruder mit einem Schlachtermesser töten.
Versuch des heimtückischen Mordes: So lautete die Anklage gegen einen 55-jährigen Mann aus dem Landkreis Coburg. Der Mann soll im November 2017 seinen Bruder mit einem Schlachtermesser angegriffen haben. Am Donnerstag musste sich der Angeklagte vor dem Coburger Landgericht verantworten. Der Geschädigte trat in dem Prozess als Nebenkläger auf.
Zehn Zeugen und zwei Gutachter
Nach dem Verhandlungstag mit zehn Zeugen und zwei Gutachtern der forensischen Psychiatrie des Bezirkskrankenhauses Bayreuth ist vor allem eines klar: Das Verhältnis der Brüder ist nicht das Beste. Mehrere Male soll es schon in der Vergangenheit zu verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen gekommen sein. Der Familienstreit schwelte seit Jahren. Seinen Höhepunkt fand die Auseinandersetzung im November vergangenen Jahres.
Massiver Alkoholkonsum
Trotz des schlechten Verhältnisses wollte der Geschädigte seinem Bruder helfen und ihn ins Bezirksklinikum Obermain nach Kutzenberg fahren. Dort sollte sich der Angeklagte wegen seiner psychischen Erkrankung und seines Alkoholkonsums behandeln lassen. Nach dem Tod der Mutter ging es dem 55-Jährigen immer schlechter. "Es gab keinen Tag, an dem er nüchtern war", erklärte der Geschädigte.
Doch statt sich wie vereinbart nach Kutzenberg fahren zu lassen, plante der Angeklagte offenbar, seinen Bruder zu töten.
Mit einem Fleischermesser auf den Bruder gewartet
Mit einem 15 Zentimeter langen Fleischermesser wartete der 55-Jährige in seiner Wohnung auf den Bruder. Wie sich später bei der Polizei herausstellte, war er Angeklagte zum Tatzeitpunkt alkoholisiert. Zunächst hielt er das Messer noch versteckt, wartete dann auf den passenden Augenblick und versuchte es dem Geschädigten in den Bauch zu stechen. Die reflexartige Reaktion des Bruders verhinderte ein Blutbad. "Ich hatte Glück, dass das Messer an mir vorbeiging", betont der 50-Jährige.
Seit Januar in psychologischer Betreuung
Die Erinnerungen an die Tat zeichnen den Geschädigten noch heute. "Diese Szene kommt immer wieder", sagt der Mann mit brüchiger Stimme. Die Tat beschäftige ihn so sehr, dass der 50-Jährige die Öffnungszeiten seiner Gaststätte reduzieren musste. Seit Januar befindet er sich in psychologischer Behandlung.
Keine Entschuldigung vom Angeklagten
Der Angeklagte saß während der gesamten Verhandlung beinahe regungslos auf seinem Stuhl. Auf eine Entschuldigung gegenüber seinem Bruder wartete man vergeblich. Obwohl es die Gelegenheit gegeben hätte, wie der Vorsitzende Richter Christoph Gillot hervorhob. Der 55-Jährige ließ lediglich über seinen Verteidiger eine Erklärung verlesen, in der er die Anklageschrift vollumfänglich einräumt. Und das, obwohl er sich an die Tat nicht mehr erinnern könnte.