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Warum "der Franz" das "Tie" in Coburg schließt


Autor: Helke Renner

Coburg, Freitag, 08. Juni 2018

Wirt und Koch Franz Rocklitzer bedauert, dass immer weniger Menschen Wert auf Qualität legen - und bastelt aber bereits an einem neuen Konzept.
Die letzten Tage in der Küche des Restaurants "Tie" in der Leopoldstraße: Franz Rocklitzer und Partnerin Bettina Dörfling hoffen aber auf einen Neuanfang an einem anderen Standort mit einem anderen Konzept.Helke Renner


Auf der Karte finden sich Speisen wie Seitanfilet in Buchweizenkruste oder Boeuf bourguignon vom Weiderind, eine veritable Auswahl an Getränken - darunter Emmerbier und erlesene Weine - sowie fantasievolle Desserts. Die Zutaten sind frisch und in Bio-Qualität. Das alles steht für das "Tie" in der Leopoldstraße. Das heißt, es stand, denn am Sonntag kocht Franz Rocklitzer das letzte Mal in der Küche seines Naturkostrestaurants, das es in dieser Form dann nicht mehr geben wird. "Mit dem derzeitigen Konzept ist es nicht mehr möglich, rentabel zu arbeiten", sagt er zur Begründung und will dabei keine Sentimentalität aufkommen lassen. "Die Zeiten haben sich geändert."


Es begann im Bürgerhaus

Als Franz Rocklitzer Ende 1984 sein Café "Tie" im Bürgerhaus in der Mohrenstraße 3 eröffnet, ahnt er wohl nicht, was einst daraus wird. Mehr und mehr entwickelt sich aus der Kaffee-, oder besser gesagt Teestube ein Restaurant mit vegetarischem Speisenangebot. Als das Bürgerhaus verkauft wird, kommt zum ersten Mal das Aus für das "Tie". 1991 dann der Neustart in der Hutstraße 29a in den ehemaligen Räumen einer Pizzeria.
Franz Rocklitzer kocht immer häufiger selbst mit Bio-Lebensmitteln, wozu inzwischen auch Fleisch gehört. Nach acht Jahren jedoch endet der Pachtvertrag für das Restaurant und die Suche nach anderen Räumen beginnt wieder. Im September 1999 öffnet das neue "Tie" am mittlerweile dritten Standort in der Leopoldstraße 14.


Frische Lebensmittel

Die Stammgäste sind zum größten Teil mitgezogen. Was sie schätzen: Frisch eingekauftes Obst, Gemüse und Fleisch wird frisch zubereitet und kommt größtenteils aus der Region. Doch der Anspruch, den Franz Rocklitzer an sich und seine Speisekarte stellt, hat seinen Preis im Wortsinn, aber auch was die Zubereitungszeit bertrifft. "Mal schnell was essen, das geht bei mir nicht!"

Wer sich bewusst für einen Abend im "Tie" entscheidet, weiß das in der Regel und schätzt die Qualität. Doch die Zahl derer, die bereit sind zu warten und etwas mehr Geld für ein Menü auszugeben als andernorts, wird überschaubarer. Im Zeitalter der Digitalisierung und schneller Wandel ist manchem die Entschleunigung ein Graus.

Franz Rocklitzer sieht das pragmatisch. Er sucht jetzt nach einem neuen Standort für sein Restaurant. Kleiner soll es sein, zentral gelegen, mit Parkplätzen und der Möglichkeit für Außengastronomie. Am liebsten wären ihm Räume, die bereits gastronomisch genutzt wurden. Das würde den Aufwand der Erneuerung reduzieren. Außerdem möchte er zukünftig schon mittags öffnen. "Früher konnte man damit kein Geschäft machen." Aber: Die Zeiten ändern sich. "Das Speisenangebot soll ähnlich wie jetzt sein. Ich muss jedoch mehr vorfertigen", sagt Franz Rocklitzer. Andere Zeiten verlangten eben auch andere Konzepte, ergänzt er.


Wie das "Tie" durch eine Panne zu seinem Namen kam

Anekdote Warum heißt das "Tie" eigentlich "Tie"? Vor Jahren erzählte Franz Rocklitzer dazu in einem Tageblatt-Gespräch folgende Anekdote: Es gibt eine Kalligrafie, die ,Tee' bedeutet. Die Kalligrafie besteht aus einem ,t' mit kleinem Dach, auf dem sich Teeblätter befinden und unten dran Wurzeln. "Diese Kalligrafie sollte eigentlich für mein Restaurant stehen", erinnerte sich Franz Rocklitzer - "doch der Mann im Coburger Ordnungsamt sagte mir damals, 1984, als ich eine Konzession wollte, dass Symbolnamen extra kosten. Aber ich hatte doch damals kaum Geld!" Also entschied sich Franz Rocklitzer für einen Kompromiss: Weil es sich ja anfangs mehr um ein Café handelte, in dem es aber vor allem Tee gab, sagte er zu dem Mann im Ordnungsamt: "Dann nenne ich es eben englisch ,Tea'!" Der Mann fragte daraufhin, ob man das so schreibe wie man es spricht. Franz Rocklitzer erzählte weiter: "Weil ich nervös und in Eile war - es war der Tag vor der Eröffnung! - sagte ich: Ja. Später schaute ich mir die Unterlagen an und erschrak: Da stand ,Tie'! Naja, egal - der Name hat sich trotzdem etabliert. Obwohl sich viele fragen, was der englische Begriff für Krawatte mit einem Restaurant zu tun hat..."