War es doch Mord? Staatsanwaltschaft legt Revision ein
Autor: Ulrike Nauer
Coburg, Donnerstag, 19. Februar 2015
War der gewaltsame Tod von Wolfgang R. am 12. Dezember 2013 im Coburger Stadtteil Beiersdorf doch Mord? Die Staatsanwaltschaft Coburg jedenfalls ist dieser Meinung und legt deshalb Revision ein, wie Leitender Oberstaatsanwalt Anton Lohneis am Donnerstag dem Tageblatt auf Nachfrage bestätigte.
"Wir sind mit der rechtlichen Würdigung der Tat nicht zufrieden", begründete Lohneis die Entscheidung. Die Erste Große Strafkammer hatte vor einer Woche ihr Urteil gefällt: Maria S., die Lebensgefährtin des 66-jährigen Opfers, und deren Noch-Ehemann Helmut S. erhielten Freiheitsstrafen von jeweils sieben Jahren. Die beiden Haupttäter, Paul K. und Peter G., die Wolfgang R. in seinem Haus in Beiersdorf zu Tode getreten und geschlagen hatten, müssen für jeweils dreizehneinhalb Jahre ins Gefängnis.
Die Anklage gegen die beiden Haupttäter und Maria S. hatte ursprünglich auf Mord beziehungsweise Anstiftung zum Mord gelautet. Nach zahlreichen Verhandlungstagen mit über 100 Zeugen war die Strafkammer unter Vorsitz von Richter Gerhard Amend allerdings zu dem Ergebnis gekommen, dass sich die Mordmerkmale Habgier und Heimtücke nicht bestätigt hätten. In ihrem Urteil ging sie deshalb "nur" noch von Totschlag beziehungsweise Körperverletzung aus.
Streitbare Entscheidung
Genau mit diesem Punkt hat die Staatsanwaltschaft ein Problem. Richter Amend hatte die Entscheidung der Kammer sinngemäß damit begründet, dass Wolfgang R. nach dem ersten Schlag der beiden Täter noch gelebt hatte und deshalb vor dem tödlichen Schlag nicht mehr arglos gewesen sei - von Heimtücke könne man deshalb nicht ausgehen. Dass man über diese Auslegung streiten könne, räumte Amend in seinem Urteilsspruch zwar ein, aber: "Wir sehen das eben so."
Bei der Coburger Staatsanwaltschaft sieht man das jedoch anders, denn laut Lohneis könnte man die Tat durchaus auch als "Verdeckungsmord" interpretieren. Geht man nämlich davon aus, dass Wolfgang R. die beiden Angreifer beim ersten Schlag erkannt hatte, hätten Peter G. und Paul K. ein plausibles Motiv, den 66-Jährigen zu töten und damit ihre Tat zu vertuschen.
Die einwöchige Frist, in der die Prozessbeteiligten nach dem mündlichen Urteil Revision einlegen können, endet heute. Die Staatanwaltschaft nutzt diese Möglichkeit und sichert sich damit die Option, gegen das Urteil vorgehen zu können. Ob sie das letztlich tatsächlich tun wird, muss sie aber erst dann entscheiden, wenn der Urteilsspruch in schriftlicher Form vorliegt.