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Waffen: Rüsten auch die Coburger auf?


Autor: Dominic Buckreus

Coburg, Dienstag, 19. Januar 2016

Bundesweit soll es einen regelrechten Boom im Verkauf von Waffen aller Art geben. Wollen sich auch die Coburger vermehrt selbst schützen? Die Polizei warnt derweil vor möglichen Gefahren.


Die Bürger in Deutschland scheinen aufzurüsten, ließen Berichte in den letzten Tagen erahnen. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums sind im Nationalen Waffenregister aktuell 275 000 kleine Waffenscheine registriert, wie der Bayerische Rundfunk berichtet. Das seien rund zehn Prozent mehr als noch im Jahr 2014. Allein in Bayern gab es im letzten Jahr laut dem bayerischen Innenministerium etwa 3000 mehr.

Bundesweit seien Elektroschocker und Pfefferspray teilweise ausverkauft, aber auch auf Gas- und Schreckschusspistolen werde vermehrt zurückgegriffen. In Köln ist die Nachfrage sogar so groß, sodass die örtliche Polizei einige Hinweise zur Antragstellung auf einen kleinen Waffenschein auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht hat, um die Mitarbeiter zu entlasten.


Weniger Waffen im Umlauf

In Coburg ist derweil nichts zu spüren vom großen Waffenboom. Eher das Gegenteil ist der Fall: Die Zahl der Anträge auf einen kleinen Waffenschein sind laut Ordnungsamt im Jahr 2015 von 27 auf 23 leicht gesunken und auch die Ausstellung von 30 neuen Waffenbesitzkarten sei normal. Ebenso gebe es für die Wochen nach den Vorfällen in Köln laut Pressesprecher Michael Selzer keine merkliche Erhöhung. Insgesamt sei die Menge an Waffen jeglicher Art, die in der Vestestadt im Umlauf sind, in den letzten fünf Jahren deutlich auf derzeit etwa 3500 gesunken. Bei den Trägern handle es sich dabei allerdings hauptsächlich um Jagd- und Sportschützen. Mitverantwortlich für den Rückgang sei vor allem die neue Erbregelung, betont Selzer.

Auch Andreas Mai, der in der Coburger Herrngasse sein Waffengeschäft betreibt, kann sich dem nur anschließen. Er habe in letzter Zeit keine wesentliche Steigerung der Verkäufe von Schreckschusswaffen oder Pfefferspray feststellen können. "Im Winter steigt wegen Silvester die Nachfrage an Schreckschusswaffen sowieso an. Das ist aber insgesamt vernachlässigbar", erklärt er. Viele Menschen würden diese als Alternative zu den herkömmlichen Feuerwerkskörpern bevorzugen. Dass es zukünftig auch bei ihm zu einer höheren Nachfrage kommen könnte, will er jedoch nicht ausschließen.

Nur im Landkreis Coburg hat es eine leichte Steigerung bei den Anträgen auf einen kleinen Waffenschein gegeben. 2015 wurden elf Scheine mehr ausgestellt als im Jahr zuvor, sodass momentan insgesamt 455 Scheine registriert sind. Große Waffenscheine bestehen laut dem Landratsamt Coburg aktuell nicht.


Waffenfunde sind sehr selten

Entwarnung kommt ebenfalls von der örtlichen Polizei. Wie Markus Reißenberger mitteilte habe man keine Auffälligkeiten bezüglich Waffen feststellen können: "Wenn es bei einer Straftat in Coburg zu einen Waffenfund kommt, ist das für uns immer noch etwas Außergewöhnliches." Sollte es zu einer Notsituation kommen, so berge die Benutzung von Pfefferspray und Schreckschusspistolen eventuell sogar die Gefahr zur Eskalation, warnt er, denn ernsthafte Angreifer ließen sich dadurch nicht immer abwehren und könnten nur noch aggressiver werden. "Die sichere Variante wäre, das Mobiltelefon griffbereit zu haben und die 110 zu wählen."

Um in der Öffentlichkeit eine Waffe zu führen benötigt man generell einen Waffenschein. Dies gilt auch für Gas- oder Schreckschusswaffen. Für das schon ab 14 Jahren zugängliche Pfefferspray gilt, dass es ein offizielles Prüfzeichen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) benötigt und generell nur gegen Hunde eingesetzt werden darf - ein Angriff auf Menschen ist nur im Fall von Notwehr erlaubt, ansonsten droht eine Anzeige.


Schärfere Waffengesetze

In den letzten Jahren wurden die Waffengesetze mehrmals verschärft. Als Reaktion auf den Amoklauf in Erfurt, bei dem am 26. April 2002 17 Schüler und ein Lehrer getötet wurden, führte der Gesetzgeber die Waffenscheinpflicht für Gas- und Schreckschusspistolen ein. Seit 2008 dürfen Waffenimitate nicht mehr in der Öffentlichkeit geführt werden aus Sorge vor Verwechslungen. Nach einem weiteren Amoklauf in Winnenden mit 17 Opfern können seit 2009 die Behörden auch ohne Verdacht die sorgfältige Aufbewahrung von Schusswaffen zu Hause überprüfen. Außerdem wurden EU-weit nationale Waffenregister eingeführt.