Wärme ist ein Abfall-Produkt in Coburg
Autor: Simone Bastian
Coburg, Sonntag, 10. März 2019
Heizen mit Müll gilt als klimaneutral. Deshalb entdecken Investoren und Unternehmen die Fernwärme neu. Das ist jedoch nur ein Grund, der dazu beiträgt, dass das Coburger Fernwärmenetz nun erweitert wird.
650 Meter Fernwärme-Leitung haben die SÜC 2018 entlang der Glender Straße verlegt. Ziel war das Betriebsgelände von Oschmann Komfortbetten: Das Unternehmen ist sozusagen der Fernwärme-Pionier im Neuseser Gewerbegebiet. Obwohl das Müllheizkraftwerk (MHKW), wo die Fernwärme erzeugt wird, quasi um die Ecke liegt, gehört der Stadtteil Neuses bislang nicht zum Versorgungsgebiet. Das Netz entstand einst da, wo die Wärme ursprünglich erzeugt wurde, und eigentlich war sie ein Abfallprodukt.
Das alte Fernwärmenetz umfasst, grob gesagt, die Altstadt zwischen Bahnstrecke beziehungsweise Itz und Hofgarten, im Süden bis zum Klinikum. Die Fernwärme ist "ein Überbleibsel der früheren Stadtgasproduktion", so erläutert das Stefan Schneidawind, als Prokurist bei den SÜC für die Fernwärme und die Kraftwerke zuständig.
Die Städtischen Werke/Überlandwerke, wie sie damals hießen, erzeugten Gas aus Kohle. Dabei fiel Koks an, und der wurde genutzt, um mittels einer Heißluftturbine Strom zu erzeugen. Die Abwärme wurde ab 1957 als Fernwärme verkauft. Die ersten Stränge führten in die Uferstraße, wo sich damals der städtische Verkehrsbetrieb befand (heute Brose), der Nordstrang führte zum Alexandrinenbad, das es inzwischen auch nicht mehr gibt. Von diesen zwei Leitungen aus entwickelte sich das Netz weiter. "Es ist jetzt 62 und hat nicht vor, in Rente zu gehen", sagt Schneidawind.
Verdichtet und erweitert
Inzwischen kommt die warme Luft aus Neuses. Die Leitung zwischen dem MHKW und dem Gelände der SÜC zwischen Bamberger- und Uferstraße wurde vor einigen Jahren neu verlegt und befindet sich jetzt unter der Lossaustraße. Vom SÜC-Gelände aus wird die Fernwärme ins Versorgungsnetz eingespeist. Die SÜC betreiben überdies ein Gas-Blockheizkraftwerk, das Bedarfsspitzen abfangen kann, sollte die vom MHKW gelieferte Wärme an sehr kalten Tagen nicht reichen.
In den vergangenen Jahren schon wurde das vorhandene Fernwärmenetz verdichtet und erweitert, berichten Heiko Baumann, für den Ausbau zuständig, und Schneidawind. Das Klinikum hängt genauso daran wie die Wohnanlage am Hofgarten (früher DSZ). Das ehemalige Milchhofgelände, wo ein Wohngebiet entsteht, wurde mit einem Anschluss versehen. Insgesamt sei das Netz allein 2018 um 2,1 Kilometer gewachsen, das sei ein Plus von zehn Prozent, sagt Schneidawind.
Doch nicht nur das Bestandsnetz wächst. Am Max-Böhme-Ring und in Cortendorf betreiben die SÜC zwei lokale Netze, die ihre Wärme nicht aus dem MHKW beziehen, sondern aus kleinen Blockheizkraftwerken. In Cortendorf zum Beispiel brauchen die Pumpen des SÜC-eigenen Wasserwerks viel Strom. Da lohnte sich 2018 der Bau eines eigenen Kraftwerks, das die benachbarten Theaterwerkstätten mit Wärme versorgen kann. In der Umgebung fanden sich weitere Kunden.
Investoren, die Wohngebäude errichten, seien durchaus an Fernwärme interessiert, sagt Johannes Schmidt, der bei den SÜC für das Thema Contracting zuständig ist. Denn Wohngebäude müssen der Energieeinsparungsverordnung entsprechen; wenn die Sanierung dem Klima dient, gibt es günstige Kredite oder Fördermittel.