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Vorsitzender Richter mit Verlängerung


Autor: Simone Bastian

Coburg, Montag, 28. Sept. 2015

Gerhard Amend ist seit 40 Jahren im Staatsdienst und den größten Teil dieser Zeit Chef der Ersten Großen Strafkammer am Landgericht Coburg. Einige der Prozesse, die er führte, erregten bundesweit Aufsehen.
Gerhard Amend (links) mit dem Präsidenten des Landgerichts Coburg, Anton Lohneis. Foto: Simone Bastian


Er hätte schon in Pension gehen können. Aber Gerhard Amend, Vorsitzender Richter der Ersten Großen Strafkammer am Landgericht Coburg, macht bis Ende November weiter: "Weil man mich überredet hat", sagte er am Montag mit Blick auf Landgerichtspräsidenten Anton Lohneis. "Weil Du das Dienstjubiläum mitnehmen wolltest", flachste der zurück.

Ganz ernst ging es am Montag nicht zu bei dem wohl einmaligen Termin, dass ein Vorsitzender Richter am Landgericht sein 40. Dienstjubiläum feiert. Wobei Gerhard Amend offiziell erst am 1. Oktober 1979 seine berufliche Laufbahn im Dienst des Freistaats Bayern begann. Weil aber Bundeswehr- und Referendariatszeit dazu gerechnet werden, steht er exakt seit dem 28.

September 1975 im Staatsdienst, gestern also auf den Tag genau 40 Jahre.

Dazu gratulierten nicht nur Landgerichtspräsident Lohneis und Amends Kollegen in der Großen Strafkammer, sondern (schriftlich) auch der Präsident des Oberlandesgerichts Bamberg, Clemens Lückemann, und Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU). Lückemann äußerte gleichzeitig sein Bedauern, dass Amend nur wenige Wochen nach dem Dienstjubiläum in Ruhestand gehen wird: Ende November werde er endgültig Schluss machen, sagte der 65-Jährige. Davor dürfte er aber noch einige "interessante Verfahren" (Lohneis) zu bewältigen haben, darunter ein Schwurgerichtsverfahren, wo es um den Tod eines Menschen gehen wird. Näher wollten sich weder Amend noch Lohneis äußern. Amend habe seit 1998, als er Vorsitzender Richter der Ersten Großen Strafkammer und des Schwurgerichts wurde, "mit Erfolg" einige große Verfahren geleitet, sagte Lohneis.
Das längste mit 59 Verhandlungstagen war ein Verfahren wegen Betrugs, eins der aufsehenerregendsten der "Fleischklopfer-Mord", der Jahrzehnte vor der Verhandlung stattgefunden hatte. Am Ende lautete das Urteil "Mord".

Im Mai 2015 verhandelte die Kammer unter Amends Vorsitz wegen der Betrügereien am Coburger Schlachthof. "Ohne hervorragende Beisitzer wäre eine vernünftige Arbeit nicht möglich", betonte Amend mit Blick auf seine Kollegen und Mitarbeiter: Geschäftsleiter Günter Görtler, die Richterinnen Ulrike Barausch und Tatjana Winderholer, Ingo Knecht-Günther und Daniel Kolk.

Seit 17 Jahren schon spricht Amend Recht als Vorsitzender Richter der Großen Strafkammer. Zuvor durchlief der gebürtige Wasmuthäuser verschiedene Stationen, nachdem er das Jurastudium an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen abgeschlossen hatte.

Seine Laufbahn begann er als Regierungsrat im bayerischen Umweltministerium, wechselte aber nach knapp drei Jahren am 1. Juli 1982 in die bayerische Justiz und wurde zum Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Bamberg ernannt. Später wurde er Richter am Amtsgericht Lichtenfels. "Da muss jeder hin, der weiterkommen will", kommentierte Lohneis. Amend kam weiter, zumindest räumlich: Ab 1. November 1988 wurde er an die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe abgeordnet; 1993 leistete er Aufbauhilfe am Landgericht Chemnitz (Sachsen). Doch es zog ihn aus privaten Gründen zurück nach Coburg. Dort saß er seit 1990 für die CSU im Stadtrat. 2007 gründete er mit weiteren Mitgliedern der CSU-Fraktion CSB, deren Fraktion er heute angehört. Außerdem war er als Fußballschiedsrichter aktiv.

Zurück in Coburg, war Amend als Staatsanwalt Gruppenleiter in Coburg eingesetzt, bevor er 1996 zum Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg befördert wurde. 1998 wurde er zum Vorsitzenden der Ersten Großen Strafkammer am Landgericht Coburg berufen. "Er ist der richtige Mann für diese Aufgabe gewesen, und er wollte auch nichts anderes werden", sagte Lohneis. Er war als Leitender Oberstaatsanwalt oft Amends Gegenüber.

"Man muss all das nehmen, was man angeklagt bekommt", kommentierte Amend die Bandbreite der Straftaten, mit der er sich auseinanderzusetzen hat. Am Montag zum Beispiel ging es um versuchte Brandstiftung. Es gehe im Verfahren nicht um Bestrafung, sondern darum, einen Sachverhalt zu würdigen, betonte Amend. "Es gibt auch Freispruch." Was zugenommen habe, seien die Delikte im Zusammenhang mit der Droge Crystal Speed. Immer mehr Menschen würden vor Gericht landen, "weil sie mit ihrem Leben nicht mehr zurechtkommen".