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Vom Glücksgefühl ein Handwerker zu sein


Autor: Christiane Lehmann

Coburg, Mittwoch, 11. Oktober 2017

Der 20-jährige Julian Speer ist in der fünften Generation Steinbildhauer. Seinen Abschluss machte er mit 1,0. Bayernweit ist er Drittbester.
Mit seinem Gesellenstück kam Julian Speer bayernweit auf den dritten Platz. In Coburg schloss er mit der Traumnote 1,0 ab.Christiane Lehmann


Schon als kleiner Bub bearbeitete er den Sandstein in der Werkstatt seines Vaters mit Hammer und Meißel . Sein Opa zeigte ihm, wie man Schrift herausschlägt. "Es war immer klar, dass ich das machen will, wenn ich groß bin", sagt Julian Speer, der jetzt auf Landesebene für sein Gesellenstück "Maßwerk mit Sockel" den dritten Preis bekam. Im Juli schloss er seine Gesellenprüfung zum Steinbildhauer mit 1,0 ab und erhielt den bayerischen Staatspreis für außergewöhnliche Leistungen.
In der mittlerweile fünften Generation übt er einen der ältesten Berufe überhaupt aus. Sein Vater, der Steinmetz Siegfried Speer, ist mehr als stolz, dass nach Jonas nun auch sein Zweitgeborener in seine Fußstapfen tritt. Julian hat im elterlichen Betrieb am Unteren Glockenberg in Coburg gelernt. "Lehrlinge ausbilden ist wichtig", betont Siegfried Speer, der seit Jahren auch im Meisterprüfungsausschuss sitzt. Er findet es sehr schade, dass die Ausbildung zum Handwerksberuf oftmals als zweite Wahl betrachtet werde. "Früher hieß es noch: Handwerk hat goldenen Boden und die Menschen waren stolz, wenn sie eine Lehre begonnen haben. Heute ist das nicht mehr so!", kritisiert Speer. Er versteht es auch nicht. Denn die Chancen und Möglichkeiten, im Handwerk gutes Geld zu verdienen und dabei einer beglückenden und befriedigenden Arbeit nachzugehen, seien so groß wie eh und je.
Aber Jugendliche hätten wohl einfach weniger Kontakt mit handwerklicher Arbeit. "Nageln, schrauben, graben, schnitzen - früher haben das die Väter mit den Kindern gemacht", gibt Speer zu bedenken. Mit realitätsfremden Vorstellungen kommen dann Schüler zum Bewerbungsgespräch. Fragen, wie "Wird man da schmutzig?", machen ihn fast traurig.
Ein "sauberer Beruf" sei der des Steinbildhauers und Steinmetzes eher nicht. Aber darum geht es ja auch gar nicht. Kreativität, handwerkliches Geschick und ein gutes Auge sind Voraussetzungen, um in dem Beruf erfolgreich zu sein. "Wir sind auf der Suche nach neuen Lehrlingen. Wer sich dafür interessiert, kann sich gerne melden", ermuntert Siegfried Speer Neugierige.
"Ich gehe jeden Tag mit so viel Spaß auf die Arbeit", sagt Julian. Kein Tag sei wie der andere. "Ich komme rum, treffe viele Menschen, berate Kunden, erschaffe schöne Dinge, gebe der Natur eine Form." So beschreibt der 20-Jährige seinen Alltag. Das Reizvollste für ihn liegt im Restaurieren von alten Figuren.
So hat er in den vergangenen Wochen das barocke Denkmal an der Ratsschule in Coburg mit viel Liebe zum Detail wieder auf Vordermann gebracht. Sein Lieblingsstein ist der rote Main-Sandstein - "einfach, weil er so gute Eigenschaften zum Bildhauen hat".
In der Werkstatt steht neben seinem Gesellenstück "Maßwerk mit Sockel" sein aktuelles Werk. Aus südafrikanischem Sandstein hat der junge Mann mit Hammer Meißel ein Liebespaar herausgeschlagen, oder nennen wir es lieber: herausgeschält.
Julian weiß, was er will: Noch ein Jahr Erfahrungen im Betrieb sammeln, dann zwei Jahre die Meister- und Technikerschule besuchen, schließlich noch den Restaurator anhängen. Zusammen mit seinem Bruder Jonas steigt er dann im elterlichen Betrieb wieder ein. Julian abschließend: "Schließlich war ja schon mein Ur-Ur-Opa ein Steinmetz!"