Veste Coburg: Drachentöten leicht gemacht
Autor: Dr. Carolin Herrmann
Coburg, Mittwoch, 26. Juni 2019
Die große Sommerausstellung der Kunstsammlungen handelt von "Drachenblut & Heldenmut".
Achtung beim Eintritt in die große Sommerausstellung der Kunstsammlungen auf der Veste Coburg: "Dragons crossing"! Mit tief fliegenden Drachen im Angriffsmodus ist hinter jeder Stellwand zu rechnen - zumindest für diejenigen, die sich auf die Macht und Ausstrahlung der für diese spannende Schau zusammengeholten, kunsthistorisch bedeutsamen Grafiken, Gemälde und Skulpturen einlassen: "Drachenblut und Heldenmut" bietet eine fantasievolle Reise zurück in die Zeit, als die Drachen noch böse waren und von Heroen getötet werden mussten. Heute, in Kinofilm und Fernseh-Serie, in Literatur und Computerspiel, sind sie ja allgegenwärtig und deutlich sympathischer.
Die auf der Veste für die über 250 000 Blätter des Kupferstichkabinetts verantwortliche Kuratorin Stefanie Knöll hat mit ihrer Themenwahl für die zentrale Sommerausstellung dieses Jahres jedenfalls Gespür bewiesen: Sie nutzt die aktuelle Faszination an einem mythologischen Bildmotiv, beginnend mit Filmplakaten zu "Game of Thrones" und "Der Hobbit" und dem entsprechenden Playmobil-Kämpfer, um in die große Kunst der letzten 500 Jahre zu führen. Und kann dabei wieder einmal mit den Schätzen der Kunstsammlungen prunken, Dürer, Cranachs und so weiter. Ist hier ja eine Selbstverständlichkeit. Plus eindrucksvoller Leihgaben.
Drachen selbst erkunden
Dazu hat Museumspädagogin Cornelia Stegner wieder ein vielseitiges Begleit- und Kreativprogramm für Erwachsene und Kinder zusammengestellt, wozu auch ein schönes Begleitheft zum Ausfüllen von Stefanie Knöll gehört.
Die Ausstellung führt in wohlüberlegter Bild- und Motiv-Auswahl in die zentralen Geschichtstraditionen zum Drachentöter-Motiv. Es geht also nicht in erster Linie um das Wesen der Drachen, sondern um deren Bezwinger. Es geht um Heroisierung im Kampf gegen das Böse, von Apoll, Herkules und Jason zur Darstellung von Christus als dem Drachentöter - sogar das Jesuskind kämpft gegen ein dreiköpfiges Monster - bis hin zu den zentralen Heiligenlegenden um Michael und Georg und Margarete. In einer Lithografie von Hans Thoma (1839 - 1924) geht die mit ihrem Drachen an der Leine spazieren.
Bilder lesen lernen
In den Bildern davor aber ging es oftmals ganz schön heftig zu, ob nun äußere oder seelische Drachen gemeint sind. Auf großen Fahnen werden die ursprünglichen Geschichten erzählt, so dass man die Motive in den (manchmal sehr) kleinen und größeren Grafiken "lesen" kann. Bisweilen sind das faszinierende Wimmelbilder, auf die man sich einlassen muss.
Spätere Kapitel der Schau demonstrieren auch den politischen Einsatz des Drachentötermotivs, etwa im 1. Weltkrieg, in dem der Heilige Georg im Kampf gegen die vielköpfige Hydra der Feindesländer gerne als Postkarte verschickt wurde.
Humorvolles und manches Augenzwinkern gibt es regelmäßig bei der Darstellung der Drachenbewältigung in der Kunstgeschichte: Am Bildschirm ist Siegfried zu beobachten, wie er in Fritz Langs Stummfilm "Die Nibelungen" von 1923 den Lindwurm recht langwierig ersticht. Der Margarete von Lucas Cranach d. Ä. ist ja ihr Drache abhanden gekommen, wurde irgendwann weggeschnitten, warum auch immer. Da führt jetzt halt die an ihrem Handgelenk noch zu sehende Leine aus dem Gemälde heraus zu einer sehr niedlichen kleinen Drachenfigur unten auf dem Boden. - Reißen Sie sich bloß zusammen: "Nicht füttern", steht extra dabei.