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Verdienstorden für Ulrike Knauf


Autor: Christiane Lehmann

Coburg, Samstag, 29. Juli 2017

Ulrike Knauf bekam für ihr ehrenamtliches Engagement den bayerischen Verdienstorden in München verliehen.
Die Coburgerin Ulrike Knauf zeigt den bayerischen Verdienstorden, der ihr im Münchner Maximilianeum verliehen wurde. Foto: Christiane Lehmann


Marianne Koch staunte nicht schlecht: Das Bundesverdienstkreuz bekomme man wohl noch vor dem bayerischen Verdienstorden, meinte die bekannte Schauspielerin und Ärztin mit Blick auf Ulrike Knauf, die im Maximilianeum neben ihr saß und für ihr außerordentliches bürgerschaftliches Engagement geehrt wurde.
"Wir haben uns nett unterhalten", erzählt die Coburgerin, mittlerweile wieder daheim und noch voller bewegender Eindrücke. Dabei ist so eine Auszeichnung für Ulrike Knauf kein Ereignis um aus dem Häuschen zu geraten. Die 72-Jährige freut sich darüber und ist durchaus auch ein bisschen stolz darauf, doch sie verliert nicht den Blick für die Realität.
Ein Beispiel aus dem Jahr 2015, als sie zum Bürgerfest von Bundespräsident Gauck nach Berlin eingeladen war: "Das war toll", sagt sie, fügt jedoch gleich hinzu, dass die paar Tage mal locker 500 Euro gekostet hätten. Das könne sich so manch Ehrenamtlicher, der da zum Dank eingeladen wird, nicht leisten. Für Ulrike Knauf passt das nicht zusammen. Deshalb hat sie auch noch einmal an den Bundespräsidenten geschrieben. Eine Antwort bekam sie nicht.


Einsatz für die Schwachen

Sich für die Schwachen einsetzen, Hilfestellung geben und dabei kein Blatt vor den Mund nehmen, das ist die Sache von Ulrike Knauf. Ob in der Suchtberatung des Blauen Kreuzes in der Region, in der Seniorenarbeit der freikirchlichen Gemeinde Coburg oder als Hospizbegleiterin, Ehrlichkeit und Gerechtigkeit gehören für die überzeugte Christin zu ihren gelebten Werten. Dass gerade ein offenes Wort hin und wieder zu Problemen führen kann, weiß die kleine, streitbare Frau.
Als bei der Sportlerehrung der Stadt Coburg vor einigen Jahren nur Alkohol angeboten wurde, ging die einstige Tennisspielerin (Bayernliga!) in die Offensive: "Sie wissen doch genau, dass ich trockene Alkoholikerin bin, gibt es hier nicht anderes zu trinken?", fragte sie an der Theke nach.


Kein Tropfen mehr

Über 40 Jahre trinkt Ulrike Knauf keinen Tropfen Alkohol mehr. Sagt aber dazu: "Man ist niemals auf der sicheren Seite!"
Selbstdisziplin ist deshalb zur Selbstverständlichkeit geworden. Als passionierte Tennisspielerin und ehrgeizige Trainerin kennt sie den Kampf, weiß um Höhen und Tiefen, um Siege und Niederlagen. Mittlerweile machen ihre Knie nicht mehr mit und Ulrike Knauf muss auf ihr geliebtes Tennisspielen verzichten. Wie gerne hätte sie in der oberen Seniorenliga noch mitgemischt.Lediglich Willy ihr kleiner Hund hält sie bei ausgedehnten Spaziergängen fit.
Beim ehrenamtlichen Engagement im gesellschaftlichen Bereich schwächelt die agile Seniorin jedoch keineswegs. Da erwacht immer wieder der Kampfgeist. Ob es um den abgeschobenen Flüchtling aus Afghanistan geht oder den alleinstehenden älteren Herrn, der mit transplantierter Niere im Krankenhaus liegt, Ulrike Knauf kümmert sich, setzt sich ein, ist Sprachrohr und hilft, bürokratische Hürden zu überwinden. Wer sie kennt, weiß, dass sie nicht so schnell locker lässt.
Das war schon früher so. Sehr früh setzte sie sich für die Kinder alkoholkranker Eltern ein. "Mir war klar, dass Betreuung und Prävention wichtig sind. Zusammen mit der Hochschule Coburg haben wir in Coburg das erste Netzwerk in der Suchtberatungsstelle des Blauen Kreuzes aufgebaut." Mittlerweile gehöre das zum Standard.


Tabu-Thema Alkoholismus

Was den Alkoholismus betrifft, seien die Ursachen in den vergangenen Jahrzehnten nahezu die gleichen geblieben: "Die Menschen fühlen sich hilflos, kommen mit sich nicht klar und haben Angst vor Aufdeckung", sagt Ulrike Knauf. Noch immer sei Alkoholismus ein großes Tabu-Thema und längst nicht als Krankheit akzeptiert. Ihr Rat für Betroffene, die sich für eine Therapie entschließen, ist ein offener Umgang damit: "Nicht mehr lügen, sondern sagen, was Sache ist." So hat es Ulrike Knauf selbst praktiziert und sei gut damit gefahren. Sie wünscht sich, dass sich die Menschen gegenseitig besser wahrnehmen und kein Mobbing betreiben, wenn sie Schwächen bei anderen entdecken. "Leider ist das immer noch so und nimmt sogar zu".
Die hohe Rückfallquote begründet die erfahrene Suchtberaterin in den verkürzten Klinikaufenthalten bei der Entgiftung. "Früher sei ein halbes Jahr normal gewesen. Das wurde jedoch auf vier Monate gekürzt, manche glauben es in zwölf Wochen zu schaffen." Doch der Druck in der Gesellschaft sei oft zu hoch. Wer nicht in Therapie bleibt und regelmäßig zu Gesprächen geht, hat wesentlich geringere Chancen trocken zu bleiben. Denn: Nach der Entgiftung sei das Leben noch genauso kompliziert wie vorher. Deshalb sei es manchmal besser, den Arbeitsplatz zu wechseln und neu anzufangen, als sich der Konfrontation mit beleidigenden Arbeitskollegen oder Vorgesetzten auszusetzen.
Wie schwer das sein kann, hat sie am eigenen Leib erfahren. Doch unterkriegen lässt sie sich nicht. Ihren Ruhestand möchte sie "trocken" genießen und sich weiter für ihre Mitmenschen einsetzen und aktiv bleiben. Ihre offene und ehrliche Art gefällt nicht allen. Aber so ist Ulrike Knauf eben. Oder wie der bayerische Ministerpräsident sagt: "Frau Knauf ist in besonderem Maße würdig, für die hervorragenden Verdienste um den Freistaat Bayern und seine Bürger mit dem bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet zu werden."

Ulrike Knauf ganz persönlich

1978 Aufbau der Strukturen für die Bewältigung von Abhängigkeitserkrankungen im Raum Coburg

1982 Gründung der Beratungsstelle des Blauen Kreuzes Coburg

1986 Hauptamtlichen Leiterin der Beratungsstelle bis 2008

1990 Engagement ind er Suchtberatung Sonneberg und Thüringen

2008 Neukonzeption der Seniorenarbeit in der freikirchlichen Gemeinde Coburg

2009 Leiterin der Seniorenarbeit unter dem Namen "Weitergeben - Leben gestalten - Neues entdecken"

seit 2010 Hospizhelferin beim Hospizverein Coburg