Valeo macht Bad Rodach zum Spitzenstandort
Autor: Berthold Köhler
Bad Rodach, Samstag, 12. März 2016
Kein Verbrennungsmotor, keine Wärme für die Klimaanlage - diesem Problem von Elektrofahrzeugen widmet sich Valeo in Bad Rodach (Landkreis Coburg).
Es ist ein Stück Automobil-Zukunft, das am Freitag bei Valeo in Betrieb genommen wurde. Der neue Hochvolt-Klimaprüfstand ist dafür da, Klimasysteme für Elektrofahrzeuge zu testen. Was die Herausforderung dabei ist, erklärte Rainer Sonnenberger, bei Valeo für die Vorentwicklung von Klimasystemen zuständig: "Jede Kilowattstunde, die der Hochvoltbatterie für das elektrische Heizen entnommen wird, reduziert die Reichweite des Elektrofahrzeugs."
Früher - oder besser: jetzt - war/ist die Sache einfach: Da können die Klimasysteme die Abwärme des Verbrennungsvorgangs im Motor nutzen. Bei Elektromotoren gibt es aber keine Verbrennung, deshalb auch keine Wärme. Dass daraus ein spannendes Forschungsfeld entstanden ist, hat sich herumgesprochen. Der Freistaat Bayern hat Gelder aus einem europäischen Fonds für die Klimaprüfstand organisiert, auch die Hochschule Coburg war als Partner bei der Entwicklung der Anlage mit dabei. Mehr als nur dabei, denn Rainer Sonnenberger berichtete von drei Bachelor- und drei Masterarbeiten, die an/mit dem Klimaprüfstand entstanden sind.
Der Ortsbesuch gestern bei Valeo zeigte deutlich: In den Entwicklungsabteilungen der Automobilzulieferer (und in dieser Sparte gehört Valeo zu den führenden Unternehmen) ist der Wandel von Benzin- hin zum Elektroauto längst Realität geworden. Aber noch gibt es Schwächen im Alltagsbetrieb, wie Rainer Paduch (Entwicklungsleiter thermische Systeme für Nordeuropa) berichtete: "Unser Ziel ist es, die Reichweite der E-Fahrzeuge zu verlängern." Dabei spiele natürlich das Klimasystem eine wichtige Rolle - nicht nur, um den Fahrzeuginsassen die Fahrt zu bequem wie möglich zu machen. Auch die Hochvoltbatterien in den Elektroautos liefern bei einer gewissen "Wohlfühltemperatur" deutlich mehr Leistung.
Nicht zum Wohlfühlen
Jene "Wohlfühltemperatur" ist es aber nicht, die den Batterien und Klimasystemen auf dem Prüfstand geboten wird. "Zwischen minus 20 und plus 60 Grad Umgebungstemperatur", erklärte Sonnenberger, "können hier simuliert werden". Dazu kann die Luftfeuchtigkeit bin hin zur dicken Nebelsuppe gesteigert werden. Weil die Ergebnisse aus Bad Rodach für die gesamte Kfz-Branche interessant sind, hat sich der Münchner Fahrzeughersteller BMW maßgeblich am Aufbau des Klimaprüfstandes beteiligt.Wohin der Weg der Elektrofahrzeuge geht, konnte man bei den Ausführungen Sonnenbergers erahnen. Entscheidend für die Marktfähigkeit von "Strom-Autos" werde sein, dass die Batterien schnell geladen werden können. Unter Fachleuten gilt eine Viertelstunde (Sonnenberger: "Aussteigen, tanken, kurze Pause machen.") als der Zeitrahmen, in dem sich in den Batterien der Elektrofahrzeuge Entscheidendes tun müsse. Der Hochvolt-Klimaprüfstand ist darauf ausgelegt: Er hat derzeit eine elektrische Leistung von rund 100 Kilowatt, kann aber noch aufgestockt werden. Denn 100 Kilowatt sind das, was in der Kfz-Branche dauerhaft als Grundlage zum schnellen Laden von Antriebsbatterien herangezogen wird.
Mit 150 Entwicklern und weit über 500 Mitarbeitern in der Produktion gilt der Standort Bad Rodach bei Valeo als weltweites Entwicklungszentrum, was die thermischen Systeme (früher: Klimaanlagen) betrifft. Das betonte Rainer Paduch, der mit Valeo vor 20 Jahren ins Coburger Land kam. Mit seinem Knowhow habe der Standort Bad Rodach eine Spitzenposition inne, sagte der Entwicklungsleiter. Wohin sich die Automobilbranche entwickeln wird, stand für den Ingenieur außer Frage: "Die Elektrifizierung wird zunehmen." Man müsse sich als Zulieferer darauf einstellen, dass Elektro- und Hybridfahrzeug irgendwann einmal einen großen Teil des Marktes besetzen. Weil es dabei aber noch viel zu forschen und entwickeln gebe, sei Bad Rodach für Valeo sehr wichtig. Und, versicherte Paduch: "Wir sind ein Standort mit einem erhöhten Mitarbeiterbedarf."