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Urlaub mit gewissen Extras


Autor: Ulrike Nauer

Coburg, Freitag, 19. Februar 2016

Auch Coburger bieten private Übernachtungsquartiere über die Online-Plattform an - und sind begeistert.
Bei Christine Rechl wohnen Gäste idyllisch im Grünen: Das Sommerhaus kaufte ihre Familie zusammen mit dem Wohnhaus.  Foto: Christine Rechl


Nein, mit einer Luftmatratze müssen sich die Gäste von Christine Rechl nicht begnügen. Sie finden im idyllischen Sommerhäuschen im Probstgrund gemütliche Betten und fast allen Komfort vor, den man sich im Urlaub wünscht. Die Luftmatratze ist allerdings der Namensgeber für die Online-Plattform Airbnb (englisch: airbed and breakfast - Luftmatratze und Frühstück), über die Unterkünfte in fast jeder Ecke der Welt vermittelt werden. Seit November 2014 vermietet auch Christine Rechl - das Häuschen sowie eine Wohnung in der Rosengasse.

Vor zehn Jahren zog sie mit ihrer Familie aus München nach Coburg in eine Mietwohnung. "Wir suchten immer mal wieder eine Ferienwohnung für Freunde oder Bekannte, die uns hier besuchen wollten", erzählt sie. Zu diesem Zweck kauften sie das Apartment in der Rosengasse. Für sich selbst kaufte die Familie später ein Haus im Probstgrund - das Sommerhaus mit Vesteblick war quasi Zugabe. Es wurde von Grund auf saniert und dient nun, wie schon beim Vorbesitzer, als Ferienwohnung.


Exil-Coburger mit Heimweh

In der Rosengasse bringt Christine Rechl oft Gäste unter, die länger in Coburg bleiben wollen. Etwa, weil sie hier einen neuen Job antreten und in Ruhe eine Wohnung suchen wollen. Das Sommerhaus mit seinen 75 Quadratmetern sei dagegen für Dauervermietung nicht so gut geeignet - unter anderem weil es dort keine Waschmaschine und keinen Telefonanschluss gibt.

Ihre Gäste teilt sie in drei Hauptkategorien ein: Ex-Coburger, die auf Besuch zurückkommen und ihr Heimweh stillen; Gäste, die hier Freunde oder Bekannte besuchen; und dann gibt es noch die, die einfach "mit dem Finger über die Landkarte fahren" und mal schauen, wo sie landen.

Dabei sind durchaus auch weitgereiste Gäste: Ende Dezember beherbergte sie zum Beispiel eine Woche lang Gäste aus Australien. "Vater und Tochter, die quer durch Europa reisten." Für Coburg hätten sie sich entschieden, weil der Vater ein Schlösser-Freak sei, erzählt Christine Rechl und lacht. "Da war er bei meinem Mann genau an den Richtigen geraten."

Manchmal kann man von seinen Gästen sogar noch etwas über seine eigene Stadt lernen: Eine Hamburgerin war mit ihrem Sohn und dessen Freund nach Coburg gereist. Das Ziel der Reise war der Scooter-Contest mit mehreren Weltmeistern auf dem Gelände der Coburg Locals. Christine Rechl hatte bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht gewusst, dass es in Coburg ein solches Event gibt.


Zentrale Lage ein Pluspunkt

Aber es geht auch noch richtig kurios: So hatten sich bei ihr Mitglieder einer Internet-Spielgruppe eingemietet - fünf, sechs Studenten, die sich bis dahin nur virtuell kannten und sich noch nie persönlich gegenüber gestanden hatten. "Die hatten einen zentralen Punkt gesucht, wo sie sich treffen konnten." Das war dann eben Coburg.
Die Idee hinter Airbnb findet Christine Rechl richtig gut. Auch für sich selbst hat sie schon über die Plattform eine Ferienunterkunft gebucht. Allerdings kämen die wenigsten ihrer Gäste über Airbnb. "Die meisten sagen, sie haben uns übers Internet gefunden - meistens über Google." Die Art der Recherche finde sie aber nett, "weil andere Leute kommen als über die normale Suche".

Was Christine Rechl an Airbnb dagegen nicht so gut gefällt: "Sie nehmen eine Wahnsinns-Vermittlungsgebühr" und Gäste, die ihre Buchung stornierten, bekämen diese nicht zurück. Außerdem erhalte Airbnb das Geld von den Gästen gleich nach der Buchung, die Gastgeber aber erst dann, wenn die Gäste da sind - eine Art zinsloses Darlehen für Airbnb.

Trotzdem wird diese Art der Unterkunft immer beliebter. Erst kürzlich war Christine Rechl auf einer Messe in Frankfurt am Main. Viele ihrer Kollegen hätten sich in privaten Unterkünften einquartiert - weil Hotels in Frankfurt nicht eben günstig seien. In den Großstädten bedeute das für die Hotels sicherlich eine gewisse Konkurrenz, schätzt Christine Rechl. Hier in Coburg sei das aber vermutlich nicht so gravierend.


Fast wie Familie

Eine andere Coburger Airbnb-Gastgeberin, die anonym bleiben möchte, hat auf Reisen zum ersten Mal von der Online-Plattform gehört. Sie probierte es dann selbst aus und ist absolut begeistert: "Es ist toll! Man wird in die Familie eingebunden, wird vielleicht sogar abgeholt, manche Vermieter zeigen ihren Gästen sogar ihre Stadt. Das hat man nicht, wenn man im Hotel absteigt."

Reisegruppen sind ohnehin nichts für die Coburger Pensionärin, sie reist lieber auf eigene Faust. "Individuell ist einfach schöner." So buchte sie auch im vergangenen Jahr, als sie mit dem Rucksack in Australien und Neuseeland unterwegs war, ihre Unterkünfte über Airbnb.

In ihrem großen Haus in Coburg lebt sie heute allein. "Ich habe aber gern Gesellschaft" - außerdem eine 60-Quadratmeter-Wohnung im ersten Stock, die quasi leer stand. Begeistert von ihren eigenen Airbnb-Erfahrungen, beschloss die Coburgerin: "Das mach' ich auch." Jetzt bietet sie zwei Schlafzimmer mit drei Betten an - ein gemeinsames Glas Wein am Abend, eine Stadtführung gern inklusive. Sie lacht. "Ja, ich verwöhne meine Gäste gern. Das ist doch ein schöner Zeitvertreib und Zeit habe ich." Bereut hat sie ihre Entscheidung jedenfalls noch keine Minute: "Ich habe schon so viele tolle Menschen kennengelernt." Einen hübschen Nebeneffekt habe die Gastgeberrolle auch noch: "Man kommt selbst mal wieder auf die Veste." Und der Verdienst sei auch nett, allerdings für sie längst nicht das wichtigste an der Sache.


Lob auf Chinesisch

Die Bewertungen auf der Airbnb-Seite sprechen jedenfalls für sich: "die perfekte Gastgeberin" - "ich wurde mit Frühstück verwöhnt" - "super Service" ist dort zu lesen. Ein ehemaliger Gast lobt seine Vermieterin sogar auf Chinesisch.

Diese Kommentare und Bewertungen findet die Coburgerin sehr wichtig - zum einen für die Gäste, die etwas über ihren potenziellen Gastgeber erfahren, zum andern auch für die Gastgeber, die so besser einschätzen können, wen sie sich da ins Haus holen. Schließlich sei das ganze auch Vertrauenssache.
Ihr nächstes Reiseziel hat sich die reiselustige Coburgerin auch schon ausgeguckt: Kuba. Und die Unterkunft? Natürlich über Airbnb.


Amthor: "Keine Bedrohung für den Coburger Tourismus"

Nehmen Plattformen wie Airbnb dem Hotelgewerbe die Gäste weg? Gerade in Großstädten erfreuen sich die privaten Vermietungen wachsender Beliebtheit, was den Hoteliers dort sicher nicht behagt. In Coburg Stadt und Land gibt es derzeit etwa 30 Angebote, im erweiterten Umkreis knapp 140.

Für Michael Amthor, Leiter des Tourismus Coburg (TC), kein Grund zur Sorge. "Das ist eine moderne Art des Tourismus, der man sich nicht verwehren kann", sagt er auf Tageblatt-Nachfrage. Er sehe den TC daher auch nicht als "die andere Seite" und Plattformen wie Airbnb nicht als Bedrohung für die Coburger Hotellandschaft.
Ferienwohnungen habe es schließlich auch früher schon gegeben. Durch Plattformen wie Airbnb sei nur ein weiterer Vermarktungskanal hinzugekommen. Ein weiterer Punkt: Die individuellen Vorlieben der Reisenden: "Menschen nutzen viele Möglichkeiten", sagt Amthor. Manche übernachten am liebsten auf dem Campingplatz, andere bevorzugen den Rund-um-Service im Hotel, und wieder andere buchen gezielt private Unterkünfte.

"Airbnb ist eine schöne Möglichkeit, an Orte zu kommen, die man nicht besucht, wenn man im Hotel wohnt", so Amthor. Er selbst hat übrigens auch schon über Airbnb gebucht - in Berlin. "Eine spannende Erfahrung." Wenn er beruflich unterwegs sei, übernachte er natürlich im Hotel, aber in seiner Freizeit würde er Airbnb jederzeit wieder nutzen.

Eines aber findet der TC-Chef tatsächlich ärgerlich: Die Übernachtungen in den Coburger Ferienwohnungen und Privatzimmern fließen nicht in die Statistiken des Landesamtes ein. Die Gäste übernachten hier, besuchen die Stadt und gehen einkaufen. Doch erfasst wird das nicht. Eine Verpflichtung für die Vermieter, ihre Übernachtungen zu melden, gebe es nicht, jeder müsste sich selbst darum kümmern, erläutert Amthor. "Das ist nicht zu leisten." So sind bislang nur Betriebe mit neun oder mehr Gästebetten in der Statistik erfasst - derzeit sind das in der Stadt Coburg 18 Betriebe mit rund 1000 Gästebetten.

Airbnb ist nach Amthors Meinung eher "eine Erscheinung großer Städte". Aber das örtliche Hotelgewerbe sei dennoch sehr achtsam. Die andere Frage sei, ob sich der Trend überhaupt aufhalten lasse. Amthor: "Das hat eine eigene Dynamik."