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Urban Priol in Coburg: Dem Irrsinn der Welt die Stirn bieten


Autor: Jochen Berger

Coburg, Donnerstag, 18. Februar 2016

"Schon wieder aktueller" versprechen die Plakate beim Coburger-Gastspiel von Urban Priol.
Verzweifeln am alltäglichen Wahnsinn: Urban Priol begeistert seine Fans im ausverkauften Coburger Kongresshaus. Foto: Jochen Berger


In einer Welt, die restlos aus den Fugen geraten scheint, haben die Welterklärer aller Couleur Hochkonjunktur. Doch wem darf der ratlose Bürger noch trauen? Den skrupellosen Vereinfachern am Rande des gerade noch legalen politischen Spektrums? Den Vertretern der Kirchen, die längst selbst um ihre Glaubwürdigkeit beim breiten Volk kämpfen müssen?


Kein Wunder also, dass die Kabarettisten-Gilde in den unterschiedlichsten Preis- und Güteklassen derzeit auf besonders gut gefüllte Häuser vertrauen dürfen. Dass Urban Priols Coburg-Gastspiel mit dem Etikett "ausverkauft" versehen ist, hat freilich schon Tradition - lange vor Flüchtlingskrise und Merkels Kanzlerinnen-Dämmerung.


Stumme Schrei des Aufbegehrens

Knapp drei Wochen nach dem kühlen Welt-Sezierer Max Uthoff nun also ein Wiedersehen mit dem furiosen Welt-Verzweifler Urban Priol. Schon seine haarsträubende Frisur ist Programm genug - ein stummer Schrei des Aufbegehrens angesichts des gesammelten Irrsinns dieser Welt.


Die Welt, die Priol vor dem inneren Auge seiner Zuhörer beschwört, ist eine Welt, in der die vermeintlich ehernen Werte von gestern plötzlich nicht mehr gelten. "Auto weg, Fußball weg, Deutsche Bank weg - was ist mit den deutschen Werten los", fragt Priol stellvertretend für sein Publikum. Und stellvertretend für sein treues Publikum regt sich Priol dann auf, echauffiert sich bis kurz vor der Schnappatmung, erregt sich über die völlige Unfähigkeit der herrschenden Polit-Kaste, bis sein Therapeut einschreiten muss.


Treue Fans in der Region

Warum aber pilgern die Priol-Fans der Region Jahr für Jahr ins Kongresshaus und bescheren dem Veranstalter mit schöner Regelmäßigkeit das Etikett "ausverkauft"? Vielleicht ganz einfach deshalb, weil ihnen der Kabarettist aus Aschaffenburg das irgendwie beruhigende Gefühl von Kontinuität vermittelt - Kontinuität in einer Welt im Wandel, in der eine atemlos produzierte Schlagzeile die nächste jagt.

Zum Anfang hat Priol denn auch eine beschwichtigende Botschaft parat: "Europa gibt es noch - zumindest bis morgen." Diese vermeintliche Beruhigungspille wirkt freilich nicht allzu lange. Denn im Chaos der sogenannten Flüchtlingskrise geraten sogar lieb gewonnene Feindbilder ins Wanken.


Shakespeare zum Schluss

Allen voran: Priols Lieblingsfeinbild: Angela Merkel. "Wer mir wirklich leid tut, ist die Kanzlerin", seufzt er in gespieltem Mitleid und erntet prompt ein ebenso gespieltes "ooooch" des ganzen Saals, um danach nur umso ausdauernder die Planungs- und Ahnungslosigkeit der amtierenden Regierung zu brandmarken.


Das Schlusswort aber vertraut er dann dem Dramatiker Shakespeare und seinem Königsdrama "Macbeth" an: "Das ist die Seuche dieser Zeit: Verrückte führen Blinde." Tobender Beifall zu später Stunde.